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22.01.2021 Mieter und Käufer von Wohnungen müssen mehr zahlen

In den letzten fünf Jahren zwischen 2015 und 2019 sind die Angebotsmieten immer teurer geworden, der Anstieg im zweiten Halbjahr 2020 ist aber deutlich gedämpft. Roman Heidrich, Lead Director Residential Valuation JLL, Berlin: „Der Mietpreiszuwachs in den Big 8 – Städten bewegt sich damit zwar oberhalb des gesamtdeutschen Durchschnitts (+2,8 %), lag aber deutlich unter den mittleren Preisanstiegen in den eher ländlich geprägten Landkreisen (+4,7 %). Eine Ursache für diese Entwicklung ist der Preisanstieg im Umland der Big 8-Städte aufgrund einer gestiegenen Nachfrage, die sich von Stadt, über Innenstadtnähe in Richtung Umland verschoben hat“. Ist das Umland mit einer PKW-Fahrtzeit von 45-60 Minuten zu erreichen, sind die Kosten für eine Wohnung durchschnittlich um 5,5 Prozent gestiegen, bei Erreichbarkeit zwischen 30-45 Minuten und unter 30 Minuten lag der Mietpreisanstieg bei 4,6 bzw. 3,3 Prozent.

Sebastian Grimm, Lead Director Residential Valuation JLL, Frankfurt, ergänzt: „Angesichts mangelnden Angebots und gestiegenen Wohnkosten sind in den untersuchten Großstädten seit einiger Zeit geringere Zuzugszahlen zu beobachten, momentan verstärkt durch die Beschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie. Für Haushalte mit erhöhter Wohnflächennachfrage wie Familien sind sogar mehr Fort- als Zuzüge zu verzeichnen. Eine Entwicklung, von der vor allem das Umland der Großstädte profitiert. Vermehrte Inanspruchnahme von Home-Office verringert die Pendelkosten zwischen Wohnort und Arbeit in der Stadt. Das Einzugsgebiet eines regionalen Arbeits- und Wohnungsmarktes erweitert sich.“ Der Wohnungsexperte weiter: „Im Hinblick auf die über Jahre aufgebauten Nachfrageüberhänge spiegeln sich diese Nachfrageveränderungen aber noch nicht in Gänze in den Mietpreisentwicklungen wider. Der jahrelange Rückgang der Wohnfläche pro Kopf in den Ballungszentren führt dazu, dass bereits kleinere Nachfragerückgänge zunächst durch Anpassungen in der Wohnungsnachfrage geschluckt werden. Hinzu kommen auch die qualitativen Veränderungen in der Wohnraumnachfrage durch die Corona-Krise, die bewirkt, dass sich die Nachfrage nach bestimmten physischen Wohnraummerkmalen wie eigenen Außenflächen und zusätzlichem Wohnraum erhöht hat.“

Stuttgart als einzige unter den Big 8 mit Mietpreisrückgang

Die stärksten Zuwächse bei den Mietpreisen konnten in Köln und Düsseldorf beobachtet werden. Im Jahresvergleich sind die mittleren Angebotsmieten im zweiten Halbjahr 2020 um +6,6 Prozent auf 12,85 Euro/m²/Monat bzw. um +3,9 Prozent auf 12,00 Euro/m²/Monat gestiegen. „Die mittelfristige Veränderung kann sowohl auf die stark verstädterte Struktur im Umland der beiden Städte und damit geringeren Ausweichpotentialen in der Nachfrage als auch auf das relativ geringe Mietpreisniveau im Vergleich zu den anderen Big 8 – Städten zurückgeführt werden“, so Sebastian Grimm. Während sich Hamburg (+2,4%), Frankfurt (+4,2%), München (+2,8%) und Leipzig (+3,4%) leicht unterhalb ihres jeweiligen Fünfjahresschnitts bewegen, ist in Stuttgart im Vergleich zum Vorjahreswert ein Mietpreisrückgang von -1,6 Prozent zu beobachten. „Dieser Rückgang in der schwäbischen Metropole auf ein mittleres Mietpreisniveau von 15,00 Euro/m²/Monat lässt sich nicht mit einer möglichen Veränderung in der Angebots-Zusammensetzung erklären. Ob es sich allerdings um einen tatschlichen Trend handelt, wird sich erst im Jahresverlauf zeigen“, so Grimm.

In Berlin hat im Zuge der Einführung des Mietendeckels das Angebot für Mietswohnungen im Bestand (mit einem Baujahr vor 2014) im Jahresvergleich um bis zu 70 Prozent abgenommen, während das Angebot für Neubauwohnungen im gleichen Zeitraum um lediglich 20 Prozent gefallen ist. „Der beobachtete Mietpreisanstieg von +6 Prozent gegenüber dem Vorjahr hängt also allein mit dieser Verschiebung im Angebot zusammen“, so Roman Heidrich. Heidrich weiter: „Da es voraussichtlich erst im zweiten Quartal zu einer finalen Entscheidung des Bundesfassungsgerichts zum Mietendeckel kommen wird, sind die meisten Vermieter dazu übergegangen, freie Wohnungen mit zwei unterschiedlichen Mieten anzubieten: gemäß Mietendeckel und eine Marktmiete aufrufend. Dies erklärt, wieso es zu keinem Absinken der Angebotsmieten im Bestand gekommen ist.“

Deutliche Verteuerung der Eigentumswohnungen

Anders als im Bereich der Mietpreise konnten sich die Kaufpreise für Eigentumswohnungen* im zweiten Halbjahr 2020 ein weiteres Mal deutlich verteuern.
Damit hat sich auch das Auseinanderdriften von Miet- und Kaufpreisen noch einmal beschleunigt. Sebastian Grimm erläutert: „Die Nachfrage nach Wohneigentum ist aufgrund seiner dualen Eigenschaft, sowohl zu Konsum- als auch zu Investitionszwecken genutzt zu werden, nicht nur von realwirtschaftlichen Entwicklungen abhängig. Während etwa die Mietpreise hauptsächlich von realwirtschaftlichen und lokalen Faktoren bestimmt werden, ist das Finanzierungs- und Finanzmarktumfeld ein wichtiger Einflussfaktor für die Kaufpreise. So wirkt sich beispielsweise eine Veränderung der Fremdkapitalkosten umso stärker auf den Kaufpreis aus, desto geringer diese bereits sind. Darüber hinaus hat die große Menge an zusätzlicher Liquidität, die dem Markt im Rahmen der Notfallprogramme von Regierungen und Zentralbanken im Zuge der Corona-Krise zur Verfügung gestellt wurden, dafür gesorgt, dass die Nachfrage nach Anlagealternativen nicht abreißt. In diesem Zusammenhang gelten Wohnimmobilien seit langem als attraktive Alternative für institutionelle wie auch private Investoren. Und trotz anhaltender Kompression bleibt der Renditeunterschied zu Anlagealternativen mit ähnlichem strukturiertem Profil, wie etwa Staatsanleihen, signifikant.“

Die Ausdehnung der Nachfrage in die Peripherie der Ballungsräume wird im Preisgefüge deutlich sichtbar

Da die Preistreiber damit überwiegend flächendeckend wirken, fallen im Vergleich zu den Mietpreisentwicklungen die Unterschiede bei den Veränderungen der Angebotskaufpreise zwischen den unterschiedlichen Regionstypen (Big 8 - Städte, kreisfreie Städte und Landkreise) auch deutlich geringer aus. Mit einem mittleren Preisanstieg von 10,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert haben sich die Angebotskaufpreise für Eigentumswohnungen in den Landkreisen marginal über den Preisanstiegen in den Big 8 - Städten entwickelt, bleiben aber leicht hinter dem mittleren Preisanstieg in den kreisfreien Städten (+11,1 %) zurück. „Die Streuung in der Gruppe der Landkreise insgesamt ist am größten, die positive Entwicklung in der Aggregation lässt sich auch hier vornehmlich auf den starken Anstieg der Kaufpreise im Umland der Ballungszentren zurückführen“, erklärt Heidrich.

Während der mittlere Anstieg der Kaufpreise in unmittelbaren Randlagen der Big 8 - Städte (mit einer mittleren Fahrtzeit von unter 30 Minuten), die in den vergangenen Jahren bereits stark nachgefragt waren, bei +10,7 Prozent lag, haben die Kaufpreise in den Gebieten, die an diese anschließen und mit 30 bis 45 Minuten Fahrtzeit zu erreichen sind, deutlich stärker zugelegt (+15,1 %). Heidrich weiter: „Die Ausdehnung der Nachfrage in die Peripherie der Ballungsräume wird damit im Preisgefüge deutlich sichtbar. Das sind Preistrends, die aber auch stark von der siedlungsstrukturellen Einbettung der jeweiligen Stadt in die Gesamtregion abhängen. Während beispielsweise im Umland von Berlin und Leipzig deutlich stärkere Preissteigerungen als in den zugehörigen Kernstädten beobachtet werden konnten (+6,0 % vs. 24,8 % bzw. 14,2 % vs. 25,9 %), so fallen die Preisunterschiede in den Städten mit stark verstädtertem Umland wie Köln und Frankfurt deutlicher geringer aus (+10,4 % vs. 8,0 % bzw. 11,8 % vs. 6,8 %).“

Unabhängig von den beobachtbaren Aufholprozessen an den Rändern der Metropolregionen, bleiben auch die Preisentwicklungen für Eigentumswohnungen in den Städten selbst auf einem sehr hohen Niveau. Mit Hamburg (+17,6 % gegenüber dem Vorjahr auf 5.760 Euro/m²), Frankfurt (+11,8 % auf 6.550 Euro/m²), Köln (+10,4 % auf 4.440 Euro/m²) und Leipzig (+14,2 % auf 2.580 Euro/m²) konnten sich gleich vier der Big 8 Städte deutlich oberhalb ihrer Fünfjahresschnitte (+5,7 %, +8,5 %, +8,1 % und +11,2 %) entwickeln. Und auch in Stuttgart, wo ein rückläufiges Mietpreisniveau verzeichnet wurde, müssen die zukünftigen Besitzer von Eigentumswohnungen im Vorjahresvergleich um +4,2 % (+9,7 % im Fünfjahresschnitt) mehr zahlen.

Etwas geringer als Veränderungen der mittleren Kaufpreise fielen hingegen die Preisanstiege in den Spitzensegmenten aus. Im Mittel konnten die Big 8 – Städte in diesem Segment im Vergleich zum Vorjahr um 6,3 % (Fünfjahresschnitt +7,2 %) steigen. Insbesondere Hamburg und Düsseldorf verzeichneten allerdings Preisentwicklungen deutlich über ihren Fünfjahresschnitten (+17,1 % zu +6,4 % p.a. bzw. +10,8 % zu +4,6 % p.a.).

Wie geht es weiter in 2021?

„Angesichts der ultraexpansiven Ausrichtung der Europäischen Zentralbank und des Wettbewerbsdrucks von Investoren im Niedrigzinsumfeld bleiben Sachwerte sowohl für institutionelle Investoren als auch private Haushalte attraktiv. Vor diesem Hintergrund und der Tatsache, dass das Angebot an Eigentumswohnungen flächendeckend in den vergangenen Jahren zurückgegangen ist, wird die Nachfrage nach Eigentumswohnungen mittelfristig nicht abreißen und entsprechend den Preisanstieg weiter befeuern“, so Sebastian Grimm. Und Roman Heidrich fügt an: „Lokal werden wir immer wieder mal kurzfristige Ausschläge im Preisniveau beobachten können, beispielsweise dann, wenn es zu abrupten Angebotserhöhungen, etwa aufgrund abgeschlossener großvolumiger Projektentwicklungen, kommt. Bei der Mietpreisentwicklung erwarten wir zwar eine deutlich gedämpfte Entwicklung, aber weiterhin mittlere Mietpreissteigerungen über Inflationsniveau mit etwas stärkeren regionalen Unterschieden als in der jüngeren Vergangenheit.“







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