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06.11.2020 Frankfurt: Einzelhandel und 1A-Lagen vor dem Hintergrund von Corona

Olaf Petersen, Geschäftsführer und Chefresearcher des Einzelhandelsspezialisten COMFORT analysiert mit seinen Kollegen in den COMFORT-Büros vor Ort die aktuelle Situation im Herbst 2020. Mehr als ein halbes Jahr nach dem durch die Pandemie bedingten Lockdown in ganz Deutschland: Wie stellen sich die Auswirkungen auf den Einzelhandel und die Handelsimmobilien der 1A-Lagen in den beliebtesten deutschen Einkaufsmetropolen dar? Der fünfte Teil der Serie richtet den Blick auf die Mainmetropole Frankfurt. Diese wird in den nächsten Wochen und Monaten in lockerer Reihenfolge fortgesetzt.

Allgemein

Bedingt durch die Corona-Pandemie hat sich die in bestimmten Einzelhandelsbranchen bereits zuvor konstatierte rückläufige Mieternachfrage weiter akzentuiert. In diesem Kontext wurden auch verschiedene Insolvenzen und Restrukturierungen einzelner Unternehmen verzeichnet – insbesondere in der Mode- und Textilbranche. Die allermeisten dieser Entwicklungen hatten sich jedoch bereits vor Ausbruch der Krise im März 2020 deutlich abgezeichnet.

Dennoch: Die Verunsicherung des Lockdowns aus dem Frühjahr sowie die aktuell verabschiedeten neuen Einschränkungen des öffentlichen Lebens, Abstandsregelungen und Maskenpflicht sowie die unsicheren wirtschaftlichen Perspektiven führen bei der Expansion naturgemäß zu Zurückhaltung. Der bereits in den letzten ein bis zwei Jahren zu verzeichnende Trend zur Flexibilisierung von Mietverträgen – kürzere Festlaufzeiten, Umsatzmieten, Sonderkündigungsrechte, etc. – gewinnt hierbei verstärkt an Relevanz. Die sinkende Mieternachfrage drückt vor allem bei größeren Ladenflächen ab 1.000 m² sowie vertikaler Geschossstruktur auf die Mieten – hier mit Abschlägen im deutlich zweistelligen Prozentbereich.

Diese Bundestrends finden auch in der aktuellen Entwicklung der Metropole Frankfurt ihren Ausdruck. Am Standort des größten deutschen Flughafens schlägt sich der Corona-bedingte Niedergang des internationalen Tourismus deutlich negativ zu Buche. Auch dürfte sich angesichts eines positiven Berufspendlersaldos von in Normalzeiten zuletzt etwa 280.000 Erwerbstätigen die erheblich gestiegene Bedeutung von Homeoffice eindeutig ungünstig auf die Einzelhandelsumsätze auswirken.

Frankfurt

Die hessische Metropole Frankfurt am Main stellt das pulsierende Zentrum der prosperierenden Metropolregion Frankfurt / Rhein-Main mit rund 5,7 Mio. Einwohnern dar. Mit gut 750.000 Einwohnern ist Frankfurt Deutschlands fünftgrößte Stadt und wächst nachhaltig weiter. Als Sitz der Europäischen Zentralbank, der Frankfurter Börse sowie einer ganzen Reihe bedeutender europäischer Unternehmen zählt die Stadt auf internationalem Parkett auch in einem globalen Maßstab zu den führenden Finanz- und Dienstleistungsstandorten. Zudem hat sich Frankfurt auch einen Namen als weltweit bedeutendes Luftverkehrskreuz gemacht.

In puncto Einzelhandel ist die Main-Metropole unbestritten die klare Nummer 1 in der gesamten Region. Dabei profitiert der Einzelhandel von der hohen Kaufkraft der Einwohner in der Stadt sowie im übrigen Einzugsgebiet. Insgesamt reflektiert der Frankfurter Einzelhandel auf ein Einzugsgebiet mit etwa 2,4 Mio. Einwohnern sowie einem Nachfragevolumen von ca. 16 Mrd. Mrd. € p.a.

Die City ist mit rund 265.000 m² Verkaufsfläche und einem gesamtstädtischen Umsatzanteil von etwa einem Drittel eindeutig der wichtigste Einkaufsstandort der Stadt und spielt mit ihrem Angebot auf der Gesamtklaviatur modernen Shoppings in Deutschland. Angesichts direkt umliegender regionaler Konkurrenzstandorte, unter anderem in Wiesbaden, Mainz, Darmstadt und Sulzbach (Main-Taunus-Center) fällt die Frankfurter Einzelhandelszentralität mit (laut GfK) 102,0 metropolenuntypisch relativ niedrig und nur gering positiv aus. Dem Erfolg der Einzelhändler in der Frankfurter Innenstadt tut dies indes keinen Abbruch.

Der Markt für Einzelhandelsimmobilien

Nach dem Schock des Lockdowns im Frühjahr dieses Jahres, der die Ankaufs- und Verkaufsaktivitäten für Handelsimmobilien generell praktisch zu einem zwischenzeitlichen Erliegen gebracht hat, hat sich der Investmentmarkt in den letzten Monaten wieder langsam normalisiert. Noch wesentlicher als zuvor ist hierbei aber die Bewertung der nachhaltigen Mieten für die Retail-Flächen. Die Mieten müssen einfach auch längerfristig passen. Hiervon ausgehend sind die Investoren durchaus auch wieder bereit, für echte Toplagen Kaufpreisfaktoren in einer ähnlichen Größenordnung wie vor der Krise zu bezahlen. Bezogen auf Nicht-Toplagen wie auch Nicht-Topstädte sind allerdings deutlich gewachsene Abschläge festzustellen.

Diese Gesamt-Gemengelage ist auch für Frankfurt gültig. Für die absoluten Toplagen bewegen sich die Kaufpreise wieder auf einem sehr hohen Niveau, wobei für herausragende Objekte in 1A-Lagen mit einem nachhaltigen Mietniveau Kaufpreisfaktoren von klar mehr als dem 30-fachen der Jahresmiete zu verzeichnen sind. Ebenso ungebrochen ist die sehr hohe Nachfrage nach Projektentwicklungen in der Main-Metropole.

1A-Lagen: Aktuelle Entwicklungen und Mieten

Wie den nachfolgenden Grafiken zu entnehmen ist, haben auch in Frankfurt im Gefolge des Lockdowns und der Corona-Krise die Höchstmieten mit Ausnahme der Luxuslage Goethestraße abgenommen. Die Mietabschläge belaufen sich bei mittelgroßen Flächen in einer Größenordnung von bis zu ca. 20 %. Im Anschluss erfolgt eine aktuelle Kurzcharakterisierung und Darstellung der gegenwärtigen Höchstmieten für die einzelnen Lagen.

Nachfolgend erfolgt für die innerstädtischen Toplagen eine aktuelle Kurzcharakterisierung und Darstellung der gegenwärtigen Höchstmieten:

Zeil

- Klassische Konsumlage mit einer der höchsten Passantenfrequenzen Deutschlands; lt. COMFORT-Zählung gut 24.000 Passanten in der besten Stunde
- Alle großen Waren- und Textilkaufhäuser sind hier ebenso vertreten wie zahlreiche Flagship-Stores namhafter Filialisten.
- Innerstädtisches Shopping-Center MyZeil
- Sehr breite Fußgängerzone mit mittigen Platanen und Gastronomiepavillons
- Neue Mieter: MyZeil – Intimissimi, Salomon, Mindways, Levi‘s
- Höchstmiete: ca. 220 - 250 EUR / m² (klein)

Steinweg

- Relativ kurze 1A-Lage mit durchschnittlicher Frequenz (rd. 3.000 Passanten pro Stunde)
- Niveau- bzw. Trendlage
- Verbindung von Hauptwache zum Goetheplatz
- Neue Mieter: Franck Muller, Robert Ley, Peloton
- Höchstmiete: ca. 110 - 125 EUR / m² (klein)

Biebergasse / An der Hauptwache

- Verbindung zwischen Zeil und Fressgass
- Frequenzstärkung durch verkehrsberuhigte Anbindung an die Zeil (Frequenz: rd. 5.900 Passanten pro Stunde)
- Höchstmiete Biebergasse: ca. 155- 170 EUR / m² (klein)
- Höchstmiete An der Hauptwache: ca. 85 - 100 EUR / m² (klein)

Goethestraße

- Klar definierte Luxuslage mit genretypisch geringer Passantenfrequenz (rd. 2.700 Passanten pro Stunde)
- Fahrstraße parallel zur Fressgass
- Hohe Dichte an High-End-Luxusanbietern wie CHANEL, TIFFANY & CO und HERMÈS
- Ergänzung durch die Entwicklung der Neuen Rothofstraße (mit dem Ma’Ro) sowie weitere Entwicklungsmaßnahmen (Projekt Four, Junghof Plaza, Neue Mainzer Straße 57, Opernplatz 2) im sogenannten Opernquartier
- Neue Mieter: Saint Laurent, Patek Philippe, Falconeri
- Höchstmiete: ca. 295 - 305 EUR / m² (klein)

Fressgass (Große Bockenheimer Straße)

- Gastronomische Prägung (Außenbestuhlung) und Kleinteiligkeit aufgrund der Fressgass-Satzung
- Veränderung durch verstärkte Ansiedlung von Modeanbietern auf zum Teil neu entwickelten Großflächen
- Verbindungsmeile von Bankenviertel und der Alten Oper zur Zeil
- Neue Mieter: Maje, Peter Kaiser
- Höchstmiete: ca. 170 - 180 EUR / m² (klein)









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