News RSS-Feed

28.10.2020 Gewerbeimmobilienmärkte erwachen aus Corona-Starre

Krisenbedingt fielen die Gewerbeimmobilienmärkte im März und April in Schockstarre, Transaktionen wurden auf Eis gelegt oder komplett abgesagt. Nach Analysen von Aengevelt Research blieben zum Beispiel die Büroflächenumsätze in den Big Seven (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München, Stuttgart) in den ersten drei Quartalen 2020 zwischen 20% und mehr als 40% unter den Vorjahreswerten. Aengevelt Research hat 220 relevante Marktakteure befragt, welche Nachholeffekte zu erwarten sind und ob die Verluste im vierten Quartal aufgeholt werden können. Ergebnis: Für 76% der Investoren bleiben Immobilien attraktiv bzw. haben an Attraktivität sogar gewonnen, nur 4% wollen in Zukunft weniger in Immobilien investieren. Das restliche Fünftel verhält sich abwartend.

Die Befragung zeigt aber auch, dass sich deutliche Verschiebungen zwischen den einzelnen Assetklassen ergeben: Logistikimmobilien profitieren von der Pandemie, Büroimmobilien verlieren etwas an Attraktivität, Handelsimmobilien sind die klaren Verlierer.

Ähnliche Tendenzen zeichnen sich bei der Gewerbeflächennachfrage ab. Unterschiedliche Investitions-Bewertungen nach Assetklassen.

Auf die Frage, wie sich Corona auf die Bewertung von Investitionen auswirkt, haben die Befragungsteilnehmer deutlich differenziert nach Assetklassen geantwortet:

• Traditionell liegt der Investitionsschwerpunkt im gewerblichen Bereich auf Büroimmobilien. Vor dem Hintergrund möglicher Verlagerungen in Richtung Homeoffice etc. wird dieses Investmentsegment von 61% der Befragten als weniger attraktiv beurteilt. Für 36% bleibt die Attraktivität gleich und für 4% ist sie gestiegen.

• Noch deutlicher fällt die Beurteilung von Handelsimmobilien aus: 75% bewerten dieses Investmentsegment als weniger attraktiv, 20% als gleichbleibend und 6% als attraktiver.

• Bei Logistikimmobilien stellt sich die Situation genau andersherum dar: Für nahezu zwei Drittel (63%) der Befragungsteilnehmer ist die Attraktivität von Logistikinvestments gestiegen. Lediglich 8% beurteilen sie als weniger attraktiv und für 29% gibt es keine Veränderung.

Differenzierte Flächennachfrage

Auch hinsichtlich der Gewerbeflächennachfrage zeichnen sich deutlich unterschiedliche Tendenzen ab:

• Bei der Nachfrage nach Logistikflächen fiel der Einbruch ohnehin nur schwach aus. Hier sind zudem Nachholeffekte klar erkennbar. Entsprechend erwarten lediglich 3% der Befragten einen Rückgang des Flächenbedarfs. Dagegen gehen 56% von einem steigenden Flächenbedarf aus, davon 67%, weil der Versandhandel durch die Pandemie gewachsen ist, sowie 44% aufgrund eines wachsenden Bedarfs an Corona-spezifischen Produkten.

• Bzgl. der Büroflächennachfrage rechnet knapp ein Viertel der befragten Nutzer mit einem dauerhaft niedrigeren Büroflächenbedarf – hauptsächlich aufgrund überwiegend guter Erfahrungen mit Homeoffice und mobilem Arbeiten. Immerhin erwarten aber auch rd. 15% einen steigenden Flächenbedarf, u.a. wegen größerer Abstände zwischen den Arbeitsplätzen aufgrund erhöhter Hygienemaßnahmen etc. Die Nutzer-Mehrheit – ca. 50% - geht von einer unveränderten Flächennachfrage aus.

• Bei Handelsimmobilien rechnen 60% der Befragten mit einem dauerhaften Rückgang der Nachfrage nach Retailflächen. Dieser Trend lässt sich zwar bereits seit Jahren beobachten. Die Substitution des stationären Einzelhandels durch den internetgestützten Versandhandel ist durch die Krise allerdings deutlich beschleunigt worden.

Allerdings ergab die Befragung ein interessantes Detailergebnis: Bei den Befragungsteilnehmern, die selber Handelsimmobilien nachfragen, sind die Erwartungen hinsichtlich schrumpfendem und wachsendem Flächenbedarf durchaus ausgeglichen. Das deutet darauf hin, dass Marktbeobachter – z.B. Industrie- und Handelskammern – möglicherweise pessimistischer sind als die Handelsunternehmen selber.

Zeitlich analoge Entwicklung auf unterschiedlichen Niveaus

Zusätzlich zur generellen Flächennachfrage wurde die zeitliche Entwicklung abgefragt. Dabei zeigt der monatsscharfe Blick für alle drei Assetklassen das gleiche Muster: Einbrüche im März/April, die sich allmählich erholen – allerdings mit unterschiedlich starker Ausprägung und Geschwindigkeit. Die Prognose für das Gesamtjahr 2020 fällt dementsprechend differenziert aus:

• Der Logistikbereich wird nach Einschätzung der Befragungsteilnehmer gegenüber dem Vorjahr sogar wachsen.

• Bei den Büroimmobilien wird ein Teil der Verluste aufgeholt. Die Rekordflächenumsätze der Jahre 2018/19 werden aber nicht erreicht. Die Befragten erwarten im Durchschnitt ein um rund ein Viertel geringeres Ergebnis als im Vorjahr.

• Bei den Handelsimmobilien wird ein signifikanter Rückgang um 44% erwartet.

Fazit

Prof. Dr. Volker Eichener, Immobilienexperte an der Hochschule Düsseldorf, der die Studie von Aengevelt Research geleitet hat: „Corona hat Trends verstärkt, die sich schon vorher angedeutet haben, insbesondere im Bereich der Handelsimmobilien, die schon vor Corona durch den Online-Handel unter Druck geraten sind. Allerdings zeigt ein detaillierter Blick auf die Befragungsergebnisse auch, dass Marktbeobachter pessimistischer sind als Marktakteure, d.h. die Lage entwickelt sich besser als die Stimmung.“

Schlussfolgerung von Aengevelt Research aus der Umfrage, validiert durch Marktdaten: Immobilien bleiben als Vermögensanlage attraktiv, haben während der Pandemie tendenziell sogar an Attraktivität gewonnen.

Aber: Die Veränderungen der Nachfragestruktur werden durch die Krise beschleunigt, so dass es immer wichtiger wird, bei Investments genau hinzusehen, lukrative Nischen zu identifizieren und Immobilien auf ihre Zukunftsfähigkeit hin zu prüfen. Zumal mittlerweile die seit langem vorausgesagte zweite Welle Realität geworden ist und die Unsicherheit steigert. Andererseits sind bei der Impfstoffentwicklung massive Fortschritte erzielt worden.

„Fest steht: Die Normalisierung der Immobilienmärkte kommt“, zeigt sich Prof. Eichener überzeugt: „Ob sie bereits im vierten Quartal dieses Jahres eintritt oder erst im Jahresverlauf 2021, hängt von der Entwicklung der Pandemie und der Geschwindigkeit der Impfstoffentwicklung und -zulassung ab. Bis dahin bieten sich bewusst antizyklisch agierenden Marktteilnehmern attraktive Chancen.“







Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!