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09.09.2020 Neuer Wohnungseigentumsgesetz-Entwurf nun deutlich ausgewogener

Die Bundestagsfraktionen von SPD und CDU/CSU haben sich auf umfassende Änderungen am Reformentwurf für ein neues Wohnungseigentumsgesetz geeinigt, um ein ausgewogenes Gesetz zugunsten der Wohnungseigentümer zu schaffen. „Damit werden wichtige Forderungen von WiE und anderer Verbraucherverbände umgesetzt“, erklärt Gabriele Heinrich, Vorstand des Verbraucherschutzverbands Wohnen im Eigentum (WiE). Noch liegt der konkrete Änderungsantrag zum Gesetzentwurf nicht vor. Erste Einschätzung von WiE: „Auch wenn nicht alle Kritikpunkte an dem Reformwerk ausgeräumt werden, kämen die Wohnungseigentümer ‚mit einem blauen Auge davon‘.“

Ein Maßnahmenpaket zur Stärkung der Eigentümer – Stärkung der Verwalterstellung soll wieder reduziert werden

WiE hatte die Stärkung der Verwalterstellung im WEG-Entwurf stark kritisiert. Nach den Vorstellungen der Koalitionspartner wird diese nun wieder zurückgefahren. Nun sollen Verwalter ohne Beschluss der Eigentümerversammlung nur Maßnahmen von untergeordneter Bedeutung treffen können, die nicht zu erheblichen Verpflichtungen der Wohnungseigentümergemeinschaft führen. Was unter dem unbestimmten Rechtsbegriff „Maßnahmen untergeordneter Bedeutung“ zu verstehen ist, soll in der Gesetzesbegründung ausführlich erläutert werden, damit Verwaltern, Gerichten und Eigentümern deutlich wird, wann Verwalter einen Beschluss der Eigentümerversammlung einholen müssen. Damit soll auch klargestellt werden, dass der Entscheidungsspielraum der Verwalter eng gefasst ist. Mit diesem Vorgehen soll einem Missbrauch der Verwaltermacht entgegengewirkt werden. Die vorgesehene Außenvertretungsmacht der Verwalter wird aber nur wenig eingeschränkt werden. Ein Manko. Damit einher gehen Regelungen, nach denen die Wohnungseigentümer die Befugnisse der Verwalter per Vertrag oder Beschluss einschränken oder erweitern können. Des Weiteren soll nicht nur die Abberufung der Verwalter erleichtert werden, sondern auch die Kündigung des Verwaltervertrags. Schließlich sollen die Wohnungseigentümer den Direktanspruch auf Schadensanspruch gegen Verwalter behalten, eine unbedingte Forderung von WiE.

„Ohne ein starkes Kontrollorgan wird einem eigenmächtigen, willkürlichen Verwalterhandeln oder sogar Machtmissbrauch Tür und Tor geöffnet“, so Heinrich. Das sieht die Koalition wohl jetzt auch so und will den Verwaltungsbeirat als Kontrollorgan im Gesetzentwurf festschreiben. Geben soll es unter anderem ein Klagerecht für den Verwaltungsbeirat gegen den Verwalter.

WiE begrüßt, dass mit diesen „Umsteuerungen“ die Machtverhältnisse in den WEGs nicht in eine so gravierende Schieflage geraten werden, wie es lange Monate zu befürchten war. „Auf die konkrete neue gesetzliche Ausgestaltung, die schon in der nächsten Woche dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt werden soll, sind wir extrem gespannt.“

IHK-Zertifikat statt Sachkundenachweis als Einstieg in die Verwalterqualifizierung

Verankert werden soll im neuen Wohnungseigentumsgesetz zudem ein Rechtsanspruch eines jeden Wohnungseigentümers, die Bestellung eines Verwalters zu verlangen, der vor der IHK eine zertifizierte Sachkundeprüfung abgelegt hat. WiE hat sich seit Jahren sehr für die Einführung eines Sachkundenachweises eingesetzt und hält ihn auch weiterhin für den ersten wichtigen Schritt hin zu einem Ausbildungsberuf WEG-Verwaltung. Da der Sachkundenachweis wohl gegenüber den CDU/CSU-Wirtschaftspolitikern nicht durchzusetzen ist, soll jetzt ein IHK-Zertifikat eingeführt werden mit ähnlichen Anforderungen.

Bauliche Modernisierungen werden erleichtert

Wie vorgesehen soll es dabei bleiben, dass einzelne Wohnungseigentümer künftig auf eigene Kosten bestimmte bauliche Maßnahmen durchsetzen können – gemeint sind z.B. Rampen und Treppenlifte, Ladesäulen für E-Autos, einbruchsichere Wohnungstüren oder ein Anschluss ans schnelle Internet. Für Modernisierungen des Gemeinschaftseigentums oder bauliche Veränderungen, die alle Wohnungseigentümer finanzieren sollen, ist allerdings ein Beschluss mit einer Mehrheit von 2/3 der abgegebenen Stimmen und der Hälfte der Miteigentumsanteile erforderlich. Fahrradständer im Hof, Balkonanbau, Fahrstuhl – kommt für solche Maßnahmen die genannte Mehrheit nicht zustande, sollen die Befürworter – also eine Koalition der Willigen – sie auf eigene Kosten durchführen dürfen. Damit werfen die Neuregelungen der baulichen Maßnahmen zwar noch immer viele Fragen auf, doch einiges wird klarer, eindeutiger. „Wir werden uns das sehr genau ansehen und Empfehlungen für die WEGs erarbeiten, wie sie vorgehen können und was zu beachten ist.“, erklärt Heinrich. „Zu begrüßen ist an dieser Stelle ausdrücklich, dass die Beschlusssammlung in der bisherigen Form doch erhalten bleiben soll – auch damit würde eine wichtige WiE-Forderung erfüllt.“

Fazit: Politische Interessensvertretung ist wichtig – auch für die Wohnungseigentümer

Fit für die Zukunft? Des Weiteren demonstriert die Reform schon jetzt, dass die Wohnungseigentümerinnen und Wohnungseigentümer zusammenarbeiten und klare Vorstellungen entwickeln müssen, wie sie ihre Gemeinschaft verwalten und gestalten wollen. „Wir können allen Wohnungseigentümern und Verwaltungsbeiräten nur raten, Hilfestellungen zu nutzen, sich schlau zu machen, ihre neuen Gestaltungsrechte auszuüben und insgesamt genau im Auge zu behalten, was mit ihrem Gemeinschaftseigentum geschieht“, fasst Heinrich zusammen. „Von Wohnen im Eigentum werden sie dabei Unterstützung erhalten.“

Die genannten und auch alle weiteren gravierenden Änderungen durch die Reform des Wohnungseigentumsgesetzes sollen bereits im November in Kraft treten.






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