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29.06.2020 DigiRAB entwickelt digitale Lösungen für sichere Baustellen

Die Digitalisierung der Prozesse und die Nutzung smarter Technologien bieten die Chance, die Arbeitssicherheit auf Baustellen signifikant und nachhaltig zu erhöhen. Das zeigen die Ergebnisse des Verbundforschungsprojekts DigiRAB – „Sicheres Arbeiten auf der digitalisierten Baustelle“. Koordiniert durch die federführende Ruhr-Universität Bochum (RUB) haben die Projektpartner ZÜBLIN, Topcon, thinkproject und Selectronic seit April 2017 gemeinsam eine Cloud-basierte digitale Plattform für die kollaborative Planung, Schulung und Steuerung des Arbeitsschutzes auf Baustellen entwickelt. Im Rahmen des Forschungsprogramms „Zukunft der Arbeit“ wurde DigiRAB vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert. Die Berufsgenossenschaft (BG) Bau und der Baustellen-Dienstleister HILTI waren als assoziierte Partner in das Projekt eingebunden.
In welcher Form die Projektergebnisse veröffentlicht werden, ist derzeit noch in der Diskussion. Die zum 19.3. geplante Abschlussveranstaltung in der STRABAG-Konzernlehrwerkstatt in Bebra musste aufgrund der Corona-Pandemie kurzfristig abgesagt werden.

Digitale Technik senkt das Unfallrisiko am Bau

Abstürze aus größeren Höhen, Unfälle mit Baumaschinen oder unsachgemäßer Umgang mit handgeführten Geräten: In der Bauindustrie sind Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer regelmäßig höheren Gefahren ausgesetzt als in vielen anderen Branchen. „Auf deutschen Baustellen werden Jahr für Jahr noch immer deutlich mehr als 100.000 Arbeitsunfälle registriert. In DigiRAB haben wir digitale Lösungen gefunden, um dieses hohe Unfallrisiko im Baugewerbe signifikant zu reduzieren“, bilanziert RUB-Projektleiter Dr. Jochen Teizer vom federführenden Lehrstuhl für Informatik im Bauwesen. In den drei Handlungsbereichen „Sicher Planen“ (1), „Proaktiv Warnen“ (2) und „Personalisiert Lernen und Schulen“ (3) hat DigiRAB die neuen Möglichkeiten aus der zunehmenden Digitalisierung der Bauprozesse genutzt, um den Arbeitsschutz am Bau systematisch zu verbessern. Ergebnis der dreijährigen Projektlaufzeit ist ein umfassendes Assistenzsystem für die Sicherheits- und Gesundheitsschutzkoordinatoren der Baubranche, das die digitale Planung zur Gefahrenprävention, das automatisierte Warnen, Melden und Auswerten von Beinahe-Unfällen in Echtzeit sowie personalisierte VR (Virtuelle Realität)-Anwendungen für realitätsnahe Sicherheitsschulungen kombiniert und integriert.

„Alle Partner dieses Forschungsprojektes liefern einen großen Beitrag zur Einbindung der Arbeitssicherheit in den BIM-Gedanken und die ersten erfolgreichen Ansätze der Umsetzung. Es ist unsere Pflicht die Arbeiter auf unseren Baustellen unter Einbezug modernster Technologien bestmöglich zu schützen“, betont Wolfgang Bücken, Business Development Manager und DigiRAB-Projektleiter bei Topcon. „Derzeit werden die Möglichkeiten der Digitalisierung zur Planung und Umsetzung des Arbeitsschutzes in Bauprojekten noch nicht konsequent genutzt. In DigiRAB zeigen wir Wege auf, wie sich das Potenzial von Building Information Modeling (BIM) und LEAN Construction auch gezielt für die Belange der Arbeitssicherheit heben lässt“, erklärt Dr. Ian Quirke, der für die ZÜBLIN-Direktion Mitte das Projekt DigiRAB leitet.

BIM-Werkzeuge für sichere Bauabwicklung

Für die digitale Planung des Arbeitsschutzes (Handlungsbereich, HB 1)haben die DigiRAB-Partner Werkzeuge entwickelt, um BIM-Inhalte für eine sichere Bauabwicklung als Entscheidungsgrundlage für die Baubeteiligten zu erzeugen: Dies ist zum einen ein neuer Rule-Checking-Algorithmus, der bestehende BIM-Modelle analysiert und den Nutzerinnen und Nutzern regelbasiert Vorschläge für nötige Arbeitsschutzmaßnahmen (z.B. Absturzsicherungen) unterbreitet. Zum anderen sind es ein teilautomatisch erstellter „4D-Sicherheits- und Gesundheitsschutz (SiGe)-Plan“ inklusive digitaler Gefährdungsbeurteilung sowie die aus beiden Neuerungen abgeleitete Weiterentwicklung der Baustelleneinrichtungsplanung. Die neuen Werkzeuge wurden als Erweiterungen in die BIM-Management-Software DESITE MD von thinkproject implementiert, die im Projekt als Basis und verbindende Klammer für alle drei DigiRAB-Handlungsbereiche genutzt wurde.

Zur Verbesserung des Arbeitsschutzes im Baustellen-Betrieb ist im Forschungsprojekt ein digitales Warnsystem mit RFID-Technik (HB 2) auf Basis des mobilen Person Detection Systems (PDS) von Selectronic entwickelt worden. Die Sensoren an den Baumaschinen erzeugen dabei ein rundes Signalfeld mit drei frei konfigurierbaren Näherungszonen, das mit den Personen-Sendern des Baustellen-Personals interagiert und die Beteiligten im Gefahrenfall optisch und akustisch warnt. Dazu wurde auch ein TFT-Display von Grund auf neu entwickelt. Denkbar ist ein ergänzender Eingriff in das Bussystem der Baumaschine, um sie bei Gefahr automatisch zu verlangsamen oder zu stoppen. Über eine Schnittstelle von Topcon werden die Daten der gefährdungsrelevanten Ereignisse in Echtzeit erfasst, um die Geoposition ergänzt und zur Dokumentation und Analyse über eine Cloud-Lösung mit der BIM-Software verknüpft.

VR-Simulationen zeigen Gefahren realitätsnah auf

Die Arbeitssicherheitsausbildung ist bislang sehr theorielastig; praktische Lehreinheiten sind aufwendig und bewegen sich schon sicherheitshalber in engen Grenzen. Im Projekt DigiRAB haben die RUB-Lehrstühle für Informatik im Bauwesen sowie für Informations- und Technikmanagement mit digitaler Technik eine ganz neue Option für praxisnahe Arbeitsschutzschulungen (HB 3) geschaffen. Eigens entwickelte VR- und AV- (Augmented Virtuality) Simulationen, gesteuert über echte Handwerkzeuge (z.B. Winkelschleifer), ermöglichen Anwenderinnen und Anwendern eine realitätsgerechte aktive Auseinandersetzung mit dem Lerngegenstand. Gefahren und Risiken sowie die Konsequenzen einer Fehlbedienung werden wirklichkeitsnah veranschaulicht, womit sich die Palette der Schulungsmöglichkeiten künftig spürbar erweitert: Der sichere Umgang mit Baumaschinen und handgeführten Geräten lässt sich in der neuen virtuellen Lehrumgebung nun auch abseits der Baustelle risikolos und zuverlässig erlernen.







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