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18.12.2019 Schwächstes IPO-Jahr nach Anzahl im regulierten Markt seit 2009

Auf dem Frankfurter Börsenparkett herrscht im Schlussquartal komplette Flaute: Zwischen Oktober und Dezember hat sich kein einziges Unternehmen an die Börse gewagt. Mit nur vier Erst-Listings und einem Emissionsvolumen in Höhe von 3,5 Milliarden Euro ist 2019 das schwächste Jahr für Börsengänge in Deutschland nach Anzahl seit der Finanzkrise 2009. Zu diesen Ergebnissen kommt die Analyse „Emissionsmarkt Deutschland“, für die das Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen PwC vierteljährlich die Aktienneuemissionen sowie Kapitalerhöhungen an der Börse Frankfurt erfasst.

„Auf das Rekordjahr 2018, in dem es erstmals in diesem Jahrtausend gelang, in Deutschland ein IPO-Volumen von über 10 Milliarden Euro einzuspielen, folgt nun das schwächste Jahr für Neuemissionen seit der Finanzkrise. Die Investoren sind extrem zurückhaltend. Das ist im aktuell äußerst herausfordernden Marktumfeld gut nachvollziehbar“, kommentiert Nadja Picard, IPO-Expertin und Capital Markets Leader für PwC Europe.

Wirtschaftliches Umfeld schwach, Aktien bleiben attraktiv

Das wirtschaftliche Umfeld hatte sich im Laufe des Jahres 2019 erheblich verschlechtert: Das prognostizierte Wirtschaftswachstum für Deutschland war im Jahresverlauf deutlich zurückgegangen und auch das Geschäftsklima sowie die Geschäftserwartungen deutscher Unternehmen erreichten neue Tiefstände. Der Blick auf die Börsen stimmt jedoch vorsichtig optimistisch: Trotz des schwierigen wirtschaftlichen Umfelds wiesen deutsche Aktienindizes im Jahresverlauf deutliche Gewinne auf. Nach nahezu ununterbrochenen und massiven Mittelabflüssen seit Frühjahr 2018 vermeldeten Europäische Aktienfonds zuletzt wieder spürbare Zuflüsse.

Carsten Stäcker, Leiter Equity Advisory bei PwC Deutschland, zu den Hintergründen: „Trotz der gestiegenen Bewertungen setzten Investoren gerade im ablaufenden Quartal wieder zunehmend auf Aktien. Die erwartete Rezession blieb aus, und die positiven Entwicklungen im amerikanisch-chinesischen Handelskrieg treiben die Hoffnung, dass – unterstützt durch eine weiterhin expansive Geldpolitik – die Talsohle der Gewinnentwicklung in Kürze erreicht sein dürfte. Europäische Aktien profitieren zudem gegenüber US-Titeln von ihrer günstigeren Bewertung. Gleichzeitig bieten andere Assetklassen im andauernden Niedrigzinsumfeld kaum attraktive Renditen.“

Zwei große Börsengänge prägen das Jahr 2019

Dennoch schafften im Gesamtjahr 2019 nur vier Unternehmen den Sprung auf das Frankfurter Börsenparkett (2018: 18). Zwei der Börsengänge waren Transaktionen in Milliardenhöhe: Mit Traton debütierte die LKW-Sparte von VW und spielte im zweiten Quartal rund 1,4 Milliarden Euro ein. Noch größer war der Börsengang von TeamViewer Ende des dritten Quartals. Das Platzierungsvolumen von knapp zwei Milliarden Euro markierte das größte IPO eines Tech-Anbieters in Deutschland seit dem Platzen der Dotcom-Blase.

Die vier Börsenneulinge – neben Traton und TeamViewer debütierten die Global Fashion Group und der österreichische Technologieanbieter Frequentis – mussten bei ihren Emissionspreisen jedoch zum Teil deutliche Abstriche gegenüber ihren ursprünglichen Erwartungen in Kauf nehmen. Auch die insgesamt eher enttäuschende Kursperformance der Neuemissionen veranschaulicht die aktuell schwierige Marktsituation. Allein im vierten Quartal mussten vier Unternehmen ihre Börsengänge absagen. „Wenn große und profitable Unternehmen im Laufe des IPOs unter Druck geraten und im Zweitmarkt schwach abschneiden, haben es kleine Börsengänge mit einem differenzierteren Risiko-Rendite-Profil oft vielfach schwerer. In unsicheren Märkten präferieren Investoren liquidere Werte, um auf Veränderungen der Rahmenbedingungen kurzfristig reagieren zu können“, resümiert Carsten Stäcker.

Kapitalerhöhungen auf neuem Tiefstand

Auch im Hinblick auf Kapitalerhöhungen verlief das Jahr 2019 enttäuschend: Im vierten Quartal entschieden sich nur sieben Unternehmen für eine Kapitalerhöhung (Q4 2018: 19). Das Volumen erreichte insgesamt 327 Millionen Euro (Q4 2018: 526 Millionen Euro). Ein Großteil davon entfällt auf den IT-Dienstleister Cancom (174 Millionen Euro). Für das Gesamtjahr 2019 lagen die Kapitalerhöhungen nur bei 4,6 Milliarden Euro und damit ebenfalls auf einem historischen Tiefstand. 2018 spielten Kapitalerhöhungen fast das Dreifache an Erlösen ein (12,4 Milliarden Euro).

Lichtblick bei den Fremdkapitalemissionen

Einen Lichtblick bieten die Fremdkapitalemissionen: Insbesondere der Markt für High-Yield-Anleihen entwickelte sich sehr stark: Das Gesamtemissionsvolumen erreicht bis dato rund 14,2 Milliarden Euro und liegt damit bereits jetzt doppelt so hoch wie im Vorjahr (6,8 Milliarden Euro). Bei den Investment-Grade-Anleihen hinkt das Gesamtvolumen im vierten Quartal mit 16,8 Milliarden Euro zwar deutlich hinter dem Wert des dritten Quartals (38,0 Milliarden Euro) her. Im Vergleich zum Vorjahresquartal konnte das Volumen jedoch um knapp 52 Prozent zulegen.

Vorsichtiger Optimismus für 2020

„Wir gehen davon aus, dass wir den Tiefpunkt bei den gesamtwirtschaftlichen Entwicklungen und den Geschäftserwartungen erreicht haben. Zudem werden sich die Unsicherheiten, die das Jahr 2019 geprägt haben – insbesondere der Brexit und der Handelskonflikt zwischen China und den USA – im neuen Jahr hoffentlich auflösen. Das stimmt vorsichtig optimistisch“, so PwC-Expertin Nadja Picard.

Dazu kommt: Zahlreiche Unternehmen befinden sich derzeit in der Vorbereitung eines Börsengangs: „In der IPO-Pipeline sind Abspaltungen bei großen Konzernen und schnell wachsende Tech-Anbieter ebenso wie Unternehmen, die ihren Börsengang in der Vergangenheit absagen mussten und 2020 einen neuen Anlauf wagen wollen. Vor diesem Hintergrund liegen zehn Börsengänge auf dem Frankfurter Parkett für 2020 durchaus im Bereich des Möglichen“, so das Fazit.






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