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13.11.2019 Classic Funds: Von Datenkraken und Kapitalkosten

Die großen Technologiehäuser haben in den letzten Jahren dank revolutionärer Onlinedienste ein fantastisches Wachstum erzielt und die Aktienindizes getrieben. „Doch diese Datenkraken benötigen eine sehr teure und aufwendige Infrastruktur, was die Perspektiven der FAANG-Aktien von Facebook, Amazon, Apple, Netflix und Alphabet (Google) bis hin zu Microsoft deutlich schmälert“, sagt Georg von Wyss, Mitgründer des Schweizer Fondsverwalters BWM AG (Braun, von Wyss & Müller) und Manager der Classic Funds.

„Früher konnten diese Unternehmen ihre Umsätze praktisch ohne zusätzliche Kosten steigern, da ihr Angebot auf Software basierte und sich zu niedrigsten Kosten replizieren ließ“, führt der Portfoliomanager aus. „Das ist nach wie vor das Bild, das viele Anleger von diesen Firmen haben. Dieses ist jedoch grundfalsch“, so von Wyss. „Neuerdings müssen die Unternehmen massiv in Rechenzentren investieren, um einen Großteil ihres Wachstums zu ermöglichen. Das sind große und komplexe Bauten. Die Ausnahme ist Netflix, das primär in Programme investiert, aber nicht in Sachanlagevermögen.“

Mit einem Vergleich der Sachanlagebindung, dem Umsatz, der mit jedem in Bruttosachanlagen investierten Dollar erzielt wird, sowie der jährlichen Höhe der Sachinvestitionen in Prozent des Umsatzes, zeigt von Wyss, dass die vermeintlich kapitallosen Geschäftsmodelle heute mehr Kapital binden als die typischen Industrieunternehmen. Das hat Konsequenzen. „Gerade weil ihre Investitionsbudgets gestiegen sind, ist der Freie Cashflow von Alphabet und Facebook, welche verhältnismäßig am meisten in Sachanlagen investiert haben, in den letzten drei Jahren nicht gewachsen“, betont von Wyss. (Der Freie Cashflow ist definiert als Cashflow aus laufender Geschäftstätigkeit abzüglich Sachinvestitionen.)

Auch Amazon und Apple sind viel kapitalintensiver, als sie auf den ersten Blick erscheinen. „Apple war früher ein Hardware-Unternehmen, das die gesamte Fertigung ausgelagert hat – der Kapitalbedarf war gering, bis die Firma vor etwa zehn Jahren begann, ein Ökosystem integrierter Hardware und Dienste (iTunes, iCloud usw.) aufzubauen. Seitdem ist der Bedarf an Sachanlagevermögen massiv gestiegen. Das Problem dabei ist, dass die marginale Kapitalrendite sinkt. Mit anderen Worten, das Verhältnis von Cash-Bruttogewinn zu Sachanlagevermögen fällt und die neuen Sachinvestitionen weniger abwerfen als die alten“, so Value-Experte von Wyss. Das zeigt eindrucksvoll die folgende Grafik: Alle Unternehmen verzeichnen demnach seit Jahren Rückgänge und liegen hinsichtlich des Cash-Bruttogewinns je investiertem Kapital inzwischen im Bereich von 1,00 bis 1,50 USD.

Zum Vergleich: Die FAANG-Titel liegen damit immer noch über dem Median der Industrie-Unternehmen im S&P 500 Index (1,02) oder im Bloomberg European 500 (0,90) – aber nicht mehr sehr lange, wenn die Rückgänge anhalten.

Noch weisen die FAANG sehr gute operative Margen auf und damit hohe Kapitalrenditen. Die Frage ist, wie lange das noch weitergeht, wie gut sich die Unternehmen vor dem Wettbewerb schützen können. Oder werden die Dienste schon bald austauschbar sein, sodass Kunden ohne großen Aufwand von einem Anbieter zum anderen wechseln können? Bei Online-Speichern ist das bereits der Fall – mit entsprechendem Preisdruck.

Wenn die Online-Dienste zur Massenware werden, müssen die FAANG wie vor ihnen die großen Auto- oder Stahlunternehmen über den Preis konkurrieren und um Cashflows kämpfen. Zudem muss das Anlagevermögen regelmäßig erneuert werden: Die Server haben eine begrenzte Lebensdauer, was zu Ersatzinvestitionen zwingt, wenn die Unternehmen konkurrenzfähig bleiben wollen. Entsprechend werden die Gewinnmargen vor Steuern sinken.

Fazit: Früher oder später werden Anleger stärker auf den riesigen Kapitaleinsatz von Technologieaktien achten und dann gegebenenfalls feststellen, dass die Geschäftsmodelle immer weniger attraktiv sind. Trifft dies zu, dann sind die nach wie vor hohen Bewertungen nicht mehr gerechtfertigt. Daher resümiert Georg von Wyss „Bei Value-Aktien ist dieses Risiko viel geringer, denn die Aktien sind per definitionem schon tief bewertet.“

Die BWM AG wurde 1997 aus einem Team von erfahrenen Finanzanalysten und Bankfachleuten gegründet. Sie verfolgt einen Value-Ansatz und agiert dabei selbstständig und völlig unabhängig.







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