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08.11.2019 Der Spekulant war’s? münchner immobilien fokus hinterfragt Preise

„Münchner Wohnimmobilienmarkt: Nur noch ein Markt für Spekulanten?“ lautete das Thema des münchner immobilien fokus‘, der am vergangenen Mittwoch im Literaturhaus stattfand. Zu der Veranstaltung geladen hatten Thomas Aigner, Geschäftsführer der Aigner Immobilien GmbH und Agnes Fischl, Fachanwältin für Erbrecht, Rechtsanwältin und Steuerberaterin der Kanzlei convocat GbR. Besondere Beachtung fand dabei der Impulsvortrag des ehemaligen Vorsitzenden des Gutachterausschusses München, Helmut Thiele.

Kaum ein Tag vergeht, an dem der Münchner Wohnimmobilienmarkt nicht in der Presse thematisiert wird. Am Ende entsteht meist der Eindruck, Wohnraum in München sei nur noch ein Spielball von Investoren, die durch Spekulationen die Preise nach oben treiben. Ist diese Darstellung in der Presse überzogen und zu einseitig? Kann der Münchner Wohnimmobilienmarkt tatsächlich nur noch als ein Markt für Spekulanten gesehen werden? Diese Fragen beschäftigten die Teilnehmer des münchner immobilien fokus‘ am vergangenen Mittwoch.

Moderator Walter Hornauer, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht der Kanzlei Burger & Meyer-Gutknecht, der in gekonnt souveräner und kurzweiliger Art durch den Abend führte, begrüßte auf dem Podium hochkarätige Gesprächspartner aus Politik und Immobilienwirtschaft: Prof. Dr. Jörg Hoffmann (FDP), OB-Kandidat und Mitglied der Stadtratsfraktion, Hans Podiuk (CSU), stellvertretender Sprecher im Planungsausschuss und stellvertretender kommunalpolitischer Sprecher, Richard Progl (Bayernpartei), OB-Kandidat, Helmut Thiele, ehemaliger Vorsitzender des Gutachterausschusses München sowie die Gastgeber Thomas Aigner und Regine Funke-Lachotzki von der convocat GbR.

Wahrnehmung vs. Fakten

Zu Beginn führte Helmut Thiele mit einem Impulsvortrag in das Thema ein, der bei den Zuhörern besondere Beachtung fand. Thiele nahm verschiedene Blickwinkel ein und stellte diverse Zeitungsartikel über den Münchner Immobilienmarkt der vergangenen Jahrzehnte einigen Auswertungen gegenüber. Weil die Berichterstattung vor allem pauschal negativ und nicht differenziert genug sei, werde der Münchner Immobilienmarkt vor allem als zu teuer wahrgenommen. Zudem rücke dadurch auch das Gefühl von Hilflosigkeit gegenüber einer „Gentrifizierung“ sowie vor „Spekulanten“ in den Vordergrund. „Dabei gibt es auch hier in München noch viele zehntausend ‚bezahlbare Wohnungen‘ – über die aber wird nicht berichtet“, so Thiele in seinem Vortrag. Gleichzeitig wolle er mit dem Blick auf die Berichterstattung in den 1980er Jahren demonstrieren, dass es diese Wahrnehmung schon immer gegeben ha be. „Spekulation“ sei für ihn daher eher ein „politischer Kampfbegriff“ – genauso wie „bezahlbare Wohnungen“. Denn: „Was genau heißt denn das eigentlich?“

Demgegenüber zeige die jeweilige Preisentwicklung von Bauland, Wohneigentum, Mieten sowie der Renditen, dass München schon immer relativ teuer gewesen sei – wenngleich sich die Wohnbaulandpreise seit etwa 2011 extrem nach oben entwickeltet hätten. Bei hohen Kaufpreisen stiegen zwangsläufig die Mieten, um die Refinanzierung zu sichern. Das sei aber keine „Spekulation“, wie es in den Medien immer wieder dargestellt werde, sondern die Folge der wirtschaftlichen Umstände. Denn „der Markt“, das seien ja im Grunde „individuelle Einzelpersonen, die immer nach einem gewissen Profit streben. Das ist normal.“ Allerdings warnte Thiele, dass eine fortgesetzte Unmäßigkeit dem Standort München letztlich schaden könne.

In der anschließenden Diskussion erörterten die Podiumsgäste Ursachen und mögliche Lösungsansätze für die Entwicklung von Mieten und Immobilienkaufpreisen. Einigkeit herrschte bei der Einschätzung, dass nicht die in der Presse wiederholt thematisierten Immobilienspekulanten in München hauptverantwortlich für die großen Preissteigerungen seien, sondern andere Faktoren. Regine Funke-Lachotzki kritisierte in diesem Zusammenhang die Veränderungen in der Geldpolitik der vergangenen Jahre: „Es wurde zu viel Geld in den Markt gepumpt. Währungen sind nicht mehr mit Sachwerten hinterlegt. Eine Folge davon ist die starke Preisentwicklung von knappen Gütern.“

Rüge für die Politik

Thomas Aigner warf den politischen Entscheidungsträgern vor, die Schwerpunkte falsch gesetzt zu haben. Die Politik hätte dafür sorgen müssen, Menschen ins Eigentum zu bringen, anstatt sich nur auf die Mieter zu konzentrieren. „Das ist der Skandal der Politik der vergangenen Jahre.“ Kritisiert wurde zudem das Vorkaufsrecht der Stadt. Es sei, so Jörg Hoffmann, „unsäglich, dass in diesem Jahr bereits 300. Mio. Euro dafür ausgegeben wurden. Dafür hätte man lieber neu gebaut.“ Hans Podiuk entgegnete, dass trotz dieser investierten Summe noch zusätzlich viel Geld in den Neubau geflossen sei. „Unser Problem sind aber die Flächen: Wir kriegen das Geld für Neubau aufgrund der Umstände im Grunde gar nicht los.“

An Flächen mangele es zumindest im Umland nicht, betonte Aigner. Das sehe man, wenn man entlang der S-Bahn-Strecke auswärts fahre. Hier müsse man ansetzen. Das Wohnproblem in München werde man in Zukunft nur durch den Einbezug der Umlandgemeinden und durch eine regelrechte Vernetzung der umliegenden großen Städte miteinander lösen können. Seine Forderung nach einer allgemeinen Planungshoheit über Städte und Kommunen hinweg stieß bei Podiuk auf Kritik: „Eine Zentralisierung wird nicht funktionieren. Alle wollen wiedergewählt werden. Sie brauchen für jede Idee nun mal Mehrheiten.“

Auch Richard Progl sprach sich gegen eine Zentralisierung aus. Vielmehr müsse man mehr Angebote zum Wohnen und Arbeiten im Umland schaffen. „Hilfreich wäre auch, wenn Gemeinden mehr Geld für Einwohner bekämen und nicht für Gewerbe. Statt Aldis und Lidls könnte man so mehr Wohnungen realisieren.“

Um steigende Mieten einzudämmen, schlug Funke-Lachotzki vor, Vermietern, die über mehrere Jahre die Miete nicht erhöht hätten, eine Vergünstigung bei der Erbschaftssteuer in Aussicht zu stellen. „Diese Steuer ist eine signifikante Belastung für Erben, die dazu führt, dass sie geerbte Mehrfamilienhäuser verkaufen müssen.“ Nicht selten werde dann die Miete von dem Käufer erhöht. „Aber solche Änderungen sind derzeit nicht durchsetzbar: Denn die Erbschaftssteuer ist im Grunde eine ‚Neidsteuer‘“.

Selbst wenn alle Forderungen umgesetzt würden, wäre es zwar möglich, das Wohnen in der gesamten Metropolregion günstiger zu machen – nicht aber in bestimmten Münchner Stadtteilen, wie z.B. Schwabing, glaubt Aigner. „Hier ist ja die Art und Weise des Wohnens so beliebt. Diese Form der dichten Bebauung wird heute so gar nicht mehr genehmigt.“

Nach der Podiumsdiskussion sorgte das Thema zwischen Zuhörern und Teilnehmern noch lange für Gesprächsstoff.

Im kommenden Frühjahr geht der münchner immobilien fokus ist eine neue Runde.







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