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02.10.2019 Gewerbeimmobilien: Jahresendrallye wird Vorjahresrekord einstellen

Nach Angaben von Colliers International wurden in den ersten neun Monaten dieses Jahres 43,6 Milliarden Euro in deutsche Gewerbeimmobilien investiert. Damit wurde der Vorjahresrekordwert für diese Berichtsperiode um fünf Prozent übertroffen. Mit 18,7 Milliarden Euro handelt es sich um das zweitbeste Einzelquartalsergebnis aller Zeiten – nur einmal, während des Jahresendspurts im vierten Quartal 2016, lag das Volumen mit 20,2 Milliarden Euro darüber.

Christian Kadel, Head of Capital Markets bei Colliers International: „Zahlreiche Megadeals, die lange in Vorbereitung waren und von uns für die zweite Jahreshälfte angekündigt wurden, konnten in diesem Quartal abgeschlossen werden.“ Allen voran gehört dazu der im bisherigen Jahresverlauf mit Abstand größte Deal – der Transfer des sogenannten Millennium-Portfolios, das für über 2,5 Milliarden Euro von der Commerz Real erworben und in den offenen Immobilienfonds Hausinvest eingebracht wurde. Es handelt sich um insgesamt 49 Premium-Immobilien, die vornehmlich in den sieben größten Investmentzentren des Landes liegen. Davon sind 35 Büro- und Einzelhandelsobjekte, die alle aus dem Bestand der Generali Lebensversicherung stammen.

Unternehmensbeteiligungen und -übernahmen werden in Zukunft das Investmentgeschehen stärker prägen

Kadel: „Zudem konnte man im vergangenen Quartal einen Trend beobachten, den wir bei anhaltendem Nachfragedruck als marktprägend am deutschen Investmentmarkt ansehen. Während schon seit 2016 Übernahmen von ganzen Unternehmen und deren Investmentplattformen durch institutionelle Anleger als Strategie zur Sicherung von attraktiven Immobilienbeständen zu beobachten waren – wie im Fall von OfficeFirst durch Blackstone oder von Logicor durch den Staats- und Pensionsfonds China Investment Corporation – sind nun auch vermehrt Unternehmensbeteiligungen an Immobilienbestandshaltern mit großen, diversifizierten Portfolien zu verzeichnen.“ So beteiligten sich im dritten Quartal die Private Equity Fondsgesellschaft Madison sowie Peugeot mit jeweils fünf Prozent an der Immobilien AG Signa. Mit 13 Prozent stieg außerdem TLG bei Aroundtown ein. Auch wenn es sich in allen Fällen zunächst nur um Minderheitsbeteiligungen handelt, stellen sie mit einem Transaktionsvolumen von rund 2,4 Milliarden Euro bereits eine bedeutende Größenordnung dar.

Matthias Leube, CEO bei Colliers International Deutschland: „Diese Form des indirekten Immobilieninvestments ist die Reaktion von eher risikoaversem Privatkapital, aber auch von institutionellen Anlegern auf Liquiditätsdruck und Produktmangel, die angesichts der erneuten Lockerung der Geldpolitik durch die EZB weiter verstärkt werden. Eine weitere Erkenntnis, die wir aus diesen Investments ziehen, ist die ungebrochene Attraktivität des deutschen Immobilienmarktes für heimisches wie auch ausländisches Kapital.“ Sowohl Signa als auch Aroundtown halten einen Großteil ihrer Immobilienbestände hierzulande. Das trifft auch auf den kanadischen REIT Dream Global zu, den Blackstone nach noch ausstehender Zustimmung seiner Aktionäre zeitnah übernehmen will.

„Obwohl Deutschlands stark am Export ausgerichteter Wirtschaft als Folge von Handelskonflikt, Brexit sowie der Schwäche heimischer Leitindustrien in aktuellen Stimmungsumfragen und einschlägigen Konjunkturprognosen eine deutliche Abkühlung vorhergesagt wird, steht das Land als sicherer Hafen weiter ganz oben auf der Wunschliste“, erklärt Leube. Für diese positiven Investorenerwartungen stehen auch die rekordniedrigen Renditen von zehnjährigen Staatsanleihen, die mit -0,65 Prozent im August 2019 einen vorläufigen Tiefstand erreichten. Diese Entwicklung befeuert weiterhin die Bevorzugung der relativ risikoarmen Assetklasse Immobilien. Auch der auf -0,5 Prozent abgesenkte Einlagenzins der EZB, der institutionelle Investoren mit hohen Liquiditätsreserven zur Vermeidung von „Strafzinsen“ in das Immobiliensegment drängt, sorgt für einen Fortbestand des Nachfragedrucks.

Fokussierung der Investoren auf Deutschland nimmt weiter zu

Insgesamt verfestigte sich der Anteil ausländischer Investoren in den ersten neun Monaten des Jahres auf rund 38 Prozent. Von den 16,4 Milliarden Euro wurden 3,2 Milliarden Euro bzw. sieben Prozent des gesamtdeutschen Transaktionsvolumens von US-amerikanischen Anlegern investiert. Großbritannien liegt mit 2,6 Milliarden Euro bzw. sechs Prozent Marktanteil auf Platz 2, gefolgt von Frankreich mit 1,9 Milliarden Euro bzw. vier Prozent Marktanteil. Kadel: „Unter den asiatischen Ländern stehen Singapur mit 730 Millionen Euro und Südkorea mit 400 Millionen Euro an der Spitze. Hier spielt neben der im Vergleich zum Herkunftsland höheren Rentabilität von Immobilieninvestments auch die Gelegenheit eine Rolle, über vorteilhaftes Hedging die Gesamtrendite des Investments zu erhöhen. Angesichts eines schwächeren, von lockerer Geldpolitik geprägten Euros ist in den folgenden Monaten ein zunehmender Kapitalzufluss aus dem asiatisch-pazifischen Raum, aber auch aus Kanada zu erwarten.“

Unter den marktprägenden Investorengruppen gab es keine wesentlichen Veränderungen. Hauptakteure bleiben Asset- und Fondsmanager. Von dieser Branche wurden auf der Käuferseite in den Monaten Januar bis Oktober 11,2 Milliarden Euro bzw. 26 Prozent des Kapitals platziert. Offene Immobilien- und Spezialfonds schlossen dank Großabschlüssen, insbesondere dem Millennium-Portfolio, mit 9,4 Milliarden Euro bzw. 22 Prozent Marktanteil auf. Unter den Verkäufern dominierten weiterhin Projektentwickler mit 26 Prozent Marktanteil bzw. 11,5 Milliarden Euro Verkaufsvolumen, Asset- und Fondsmanager liegen mit 6,3 Milliarden Euro bzw. 14 Prozent auf Platz 2.

TOP 7 bauen Dominanz weiter aus, Pipelinedeals versprechen neuen Allzeitrekord

Insgesamt konzentriert sich die Nachfrage weiterhin stark auf die großen sieben Investmentzentren des Landes, wo 25,7 Milliarden Euro bzw. 59 Prozent des Anlagevolumens platziert und der Vorjahresrekord nochmals um vier Prozent überstiegen wurde. Ausgelöst von herausragenden Landmark-Deals und der Allokation der Großportfolien, hat sich dieser Konzentrationsprozess gegenüber dem Vorjahr also sogar noch verstärkt.

Dabei profitieren die einzelnen Städte angebotsbedingt durchaus unterschiedlich. Auch wenn alle TOP 7 in den ersten drei Quartalen des Jahres ein Volumen erzielen konnten, das die jeweiligen lokalen Zehnjahresdurchschnitte deutlich übertraf, führte Berlin mit einem sensationellen Ergebnis von 9,5 Milliarden Euro die Rangliste mit klarem Abstand auf das zweitplatzierte München mit 5,3 Milliarden Euro an. Zu den Landmark-Deals der Bundeshauptstadt aus der ersten Jahreshälfte, allen voran dem Bürokomplex Oberbaum City, gesellten sich allein im dritten Quartal mit dem Refurbishment Fürst (ehemaliges Kudamm-Karree) und dem neu errichteten Büroobjekt EDGE East Side gleich zwei Objekte deutlich über der Halbe-Milliarde-Euro-Grenze. Beide stellen auch bundesweit die größten Einzeldeals des laufenden Jahres dar. In dieser Größenordnung konnte Frankfurt bereits im zweiten Quartal mit dem Bürohaus Die Welle, den drittgrößten Einzeldeal des Jahres, die Grundlage für ein Transaktionsvolumen von 3,9 Milliarden Euro und Rang 3 im nationalen Vergleich der TOP 7 legen. Auch in München sorgte ein sehr umsatzstarkes Quartal mit Großabschlüssen wie dem Bürokomplex Kustermannpark dafür, dass der Vorjahresrekordwert erneut eingestellt werden konnte. Die steigende Dynamik des Investmentgeschehens ließ sich auch besonders gut in Hamburg beobachten. Mehr als die Hälfte des diesjährigen Volumens wurde im dritten Quartal registriert, das mit 2,4 Milliarden Euro auf Platz 4 liegt. Dabei profitierte die Hansestadt insbesondere von Immobilien, die mit dem Millennium-Portfolio sowie den erwähnten Unternehmensbeteiligungen übergingen. Ebenfalls positiv, wenngleich stärker von Produktmangel im Core-Segment der jeweiligen Toplagen beeinträchtigt, sind die Ergebnisse in Düsseldorf (1,9 Milliarden Euro), Köln (1,4 Milliarden Euro) und Stuttgart (1,2 Milliarden Euro) einzuordnen.

Angesichts der erwähnten Großdeals konnte das Bürosegment seine Position als beliebteste Assetklasse ausbauen. In den ersten drei Quartalen 2019 wurden 23,6 Milliarden Euro in Büros investiert. Der Anteil stieg damit auf 53 Prozent, bei den Einzeldeals sogar auf 60 Prozent. Aber auch bei den Portfolien, deren Anteil über alle Segmente hinweg binnen Jahresfrist von ihrem Tiefstwert von 12 Prozent am Jahresanfang auf 27 Prozent Ende September anstieg, konnten Büros überproportional stark zulegen. Hier stieg der Anteil auf 34 Prozent – nach vier Prozent zur Jahresmitte.

Das ging vor allem zulasten des Einzelhandelssegmentes. Trotz aktivem Investmentgeschehen und einem Volumen von 7,5 Milliarden Euro verringerte sich der Marktanteil von Einzelhandelsobjekten auf 17 Prozent. Selbst bei den Portfolien lag der Anteil mit 36 Prozent kaum höher als bei Büroimmobilien. Lager- und Logistikimmobilien verteidigten mit erneut 10 Prozent Marktanteil bzw. 4,3 Milliarden Euro Platz 3. Auch hier war vor allem ein Ausbleiben mehrerer größerer Portfolioabschlüsse im Quartalsverlauf zu beobachten. Hotels hielten ihren Marktanteil von sieben Prozent ebenfalls konstant.

Renditen im Bürosegment sinken erneut, Einzelhandelsobjekte und Hotels tendieren uneinheitlich

Als Spiegel dieser Entwicklung ergaben sich in den zurückliegenden drei Monaten nochmalige Renditekompressionen bei den Bruttoanfangsrenditen von Büroimmobilien. In München, Berlin und Frankfurt fielen die Spitzenrenditen um je 10 Basispunkte auf 2,80 Prozent in der bayerischen Landeshaupt sowie 3,00 Prozent in Berlin und Frankfurt. Auch in Düsseldorf und Köln gaben die Renditen auf 3,40 Prozent leicht nach. In Hamburg blieben sie bei 3,20 Prozent stabil, ebenso in Stuttgart (3,30 Prozent). Zudem setzte sich die Annäherung der Renditen zwischen A- und B-Lagen weiter fort. So wurden in München Renditekompressionen von 10 Basispunkten auf 3,40 Prozent, in Hamburg um 25 Basispunkte auf 3,75 Prozent und in Frankfurt gar um 40 Basispunkte auf 3,50 Prozent registriert. Auch die Brutto-Spitzenrenditen für Logistikimmobilien standen weiter unter Druck und lagen Ende September für Top-Objekte in den Investmentzentren bei 4,20 Prozent.

Leube: „Im Einzelhandelssegment sowie bei Hotels tendieren die Spitzenrenditen sehr viel uneinheitlicher. Strukturelle Umbrüche im Einzelhandel und die erloschenen Mietsteigerungsfantasien der Investoren führen bereits vereinzelt zu Renditesteigerungen für Geschäftshäuser in 1a-Lagen der Investmentzentren. Nach Stuttgart in der ersten Jahreshälfte folgt nun auch Hamburg mit leichter Anpassung der Spitzenrendite um 10 Basispunkte. Die Spannweite liegt damit weiter in einem sehr engen Band zwischen 2,75 Prozent in München und 3,30 Prozent in Hamburg, Köln und Stuttgart. Aus Sorge der Investoren vor Überkapazitäten im Hotelsegment scheint auch hier die Preisentwicklung allmählich den Höhepunkt erreicht zu haben. Nur in Berlin und Köln gaben die Renditen leicht auf 4,40 Prozent bzw. 4,10 Prozent nach, in Düsseldorf stiegen sie marginal an auf 4,30 Prozent. In Frankfurt, Hamburg und München konsolidierten sie sich bei 3,70 bis 3,75 Prozent sowie in Stuttgart bei 4,00 Prozent."

Ausblick: Absehbare Jahresendrallye wird Vorjahresrekord von über 60 Milliarden Euro einstellen

Leube: „Angesichts der immer noch prall gefüllten Dealpipeline steuern wir auf eine weitere Jahresendrallye zu, an deren Ende ein neuerliches Rekordergebnis beim Transaktionsvolumen steht. Allein die avisierte Fusion der beiden Immobilien AGs TLG und Aroundtown sowie die Übernahme des kanadischen REITs Dream Global durch Blackstone wird voraussichtlich noch im letzten Quartal dieses Jahres unter Zugrundelegung des in Deutschland befindlichen Immobilienvermögens ein Transaktionsvolumen im zweistelligen Milliardenbereich nach sich ziehen. Weitere großvolumige Portfolien und Landmark-Objekte sind kurz vor Unterschriftsreife, die vor allem die Ergebnisse in den TOP 7 stark befeuern werden. Unter dieser Annahme ist die 60-Milliarden-Euro-Marke für den gesamtdeutschen Investmentmarkt mittlerweile zum Greifen nah.“





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