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06.09.2019 RICS begrüßt geplante CO2-Besteuerung

Die RICS in Deutschland begrüßt grundsätzlich die Einführung einer CO2-Besteuerung, die aktuell diskutiert wird. Sie ist Teil eines von der Bundesregierung geplanten Klimaschutzpaketes, über das am 20. September abgestimmt werden soll und zum Ziel hat, dass Deutschland bis 2050 klimaneutral wird. Dabei muss auch der Gebäudesektor einen substantiellen Beitrag leisten.

Simone Lakenbrink MRICS, Vorsitzende der Professional Group (PG) Sustainability bei der RICS Deutschland: „Angesichts der Diskussionen um eine Fortschreibung der EnEV wird deutlich, dass die Potenziale zum Einsparen von CO2 im Neubaubereich zu einem großen Teil bereits ausgeschöpft sind. Der wirksame Hebel zum Erreichen der Klimaziele liegt daher weitgehend bei den Bestandsbauten.“

Dr. Matthias Morgenstern MRICS, stellvertretender Vorsitzender der PG Sustainability, ergänzt: „Alle Akteure sind sich einig, dass es zusätzlicher Anreize bedarf, um die Klimaziele zu erreichen. Neben ordnungspolitischen, steuerlichen und subventionsnahen Instrumenten begrüßen wir eine direkte Bepreisung der CO2-Freisetzung aus der Nutzung fossiler Energieträger. Wir sehen jedoch noch eine Reihe offener Fragen. Darüber hinaus möchten wir Erfahrungen aus unseren Nachbarländern teilen.“

Laut der RICS kann es nicht darum gehen, neue staatliche Einnahmemöglichkeiten zu erschließen. Eine CO2-Bepreisung sollte so ausgestaltet werden, dass eine schnelle Lenkungswirkung hin zu einer Dekarbonisierung des Gebäudesektors entwickelt wird. Sabine Georgi, Country Managerin der RICS Deutschland, unterstreicht: „Obwohl eine sektorübergreifende Gleichbehandlung naheliegt, erfordern die Besonderheiten des Immobiliensektors angepasste Instrumente.“

Die CO2-Bepreisung wird häufig als direkte Umsetzung des Verursacherprinzips verstanden. Lakenbrink: „Die Frage ist aber: Wer ist der Verursacher? Ist es der Nutzer oder ist es die Immobilie? Nutzer und Eigentümer sind nicht immer die gleichen Personen. Die Mieter sind nicht für eine eventuell ungünstige energetische Performance ihrer Immobilie verantwortlich, der Eigentümer nicht für das Verbrauchsverhalten der Mieter.“

Deutschland hat traditionell eine geringe Eigentumsquote. Dadurch erfährt eine direkte CO2-Bepreisung fossiler Energien für die Wärme eine sozialpolitische Komponente. Menschen mit unterdurchschnittlichen Einkommen wohnen oft in günstigen, energetisch wenig performanten Gebäuden, sie würden in der Folge überproportional belastet.
„Umgekehrt sollte durch eine CO2-Bepreisung das Mieter-Eigentümer-Dilemma nicht weiter verschärft werden. Das kann der Fall sein, wenn Druck auf die energetische Sanierung im Bestand entsteht, ohne dass flankierend steuerliche, mietrechtliche oder sonstige finanzielle Anreize geschaffen werden“, führt Morgenstern aus. „Neben der direkten CO2-Bepreisung der Energieträger und der Ausdehnung des Zertifikatehandels (EU-ETS) auf den Gebäudesektor kann der kürzlich gefundene Kompromiss zur Grundsteuer mit seiner Öffnungsklausel für die Länder einen Beitrag leisten, indem eine CO2-Komponente mit aufgenommen und damit immobilienwirtschaftlichen Besonderheiten Rechnung getragen wird.“

Andere Modelle der CO2-Bepreisung sehen vor, das Dickicht aus Förderungen, Abgaben, Besteuerungen im Bereich der Energieträger grundsätzlich zu lichten. Grundprinzip dabei ist es, nicht die regenerativen Energien zu subventionieren, sondern fossile Energien mit den tatsächlichen Folgekosten der CO2-Emissionen zu belasten. Neben einer Vereinfachung haben diese Konzepte den Vorzug der Transparenz und der Deregulierung.

Georgi regt an: „Die Ausgestaltung der Bepreisung sollte ein konsistentes System unter Beachtung z.B. der Finanzierung von Sanierungsmaßnahmen ermöglichen. Um Investitionen in die gewünschten Bahnen zu lenken, gilt es, die Anforderungen der Taxonomie für Green Finance zu berücksichtigen.“ „Deutschland muss nicht bei Null anfangen. Die Erfahrungen aus anderen Ländern können der Diskussion hierzulande wichtige Impulse geben“, ergänzt Lakenbrink.

Zur Erreichung von Klimazielen haben die europäischen Nachbarn verschiedene Wege zur Erhebung, Verwendung und Rückerstattung von CO2-Preisen gewählt:

• Schweiz: direkte Abgabe pro Tonne eingekauftes Heizöl oder Erdgas
• Belgien: Grundsteuerreduktion für energiesparenden Neubau, bezogen auf Gebäude-Energieeffizienzzertifikat
• Frankreich: Ergänzung der Energieverbrauchssteuer um eine CO2-Komponente

Morgenstern: „Die unterschiedlichen Ansätze entfalten auf den unterschiedlichen Ebenen Lenkungswirkungen und sollten in die Diskussion in Deutschland einfließen. So herausfordernd eine sorgfältige, ausgewogene Umsetzung eines Preises für CO2-Emissionen ist: Wir sehen die Chancen der Bepreisung, die einen Weg zur schnelleren Erreichung der Klimaziele aufzeigt und Gestaltungsmöglichkeiten zur Überwindung von Hemmnissen bei der Transformation zu einer nachhaltigen Immobilienwirtschaft bietet.“
Das Nutzer-Eigentümer-Dilemma kann laut RICS über steuerliche Erleichterungen für den Teil einer Sanierung, der die energetische Performance eines Gebäudes verbessert, gemindert werden. Dadurch würden Anreize für eine höhere Sanierungsrate im Bestand gesetzt. Die Sozialverträglichkeit der Mieten kann entweder durch direkte Rückerstattungen oder durch eine CO2-Komponente von Sozialleistungen, wie beispielsweise Wohngeld, erreicht werden.

„Beispiele aus der Praxis verdeutlichen die Wichtigkeit, Sanierungen mit Einnahmen aus der Steuer anzureizen, da die notwendigen Anschubinvestitionen oft nicht wirtschaftlich sind. So müssen sich Eigentümer beispielweise beim Austausch von (fossiler) Fernwärme gegen ein (regenerativ betriebenes) Blockheizkraftwerk des externen Betreibers mit einem einmaligen Baukostenzuschuss in nicht unerheblicher Höhe beteiligen, welcher sich nicht auf die Mieter umlegen lässt. Hier wären z.B. Zuschüsse interessant“, so Georgi. „Vergleichbares gilt bei sogenannten vorfälligen Sanierungen, beispielsweise der Gebäudehülle und Heizungstechnik. Auch solche Maßnahmen sind oft nur im normalen Sanierungszyklus wirtschaftlich, nicht wenn sie im Lebenszyklus vorgezogen werden.“

Alle Beispiele zeigen: Die Einnahmen einer CO2-Bepreisung sollten zumindest teilweise in Maßnahmen fließen, die ihrerseits einen Hebel zur Dekarbonisierung leisten. Eine Direktzahlung an die Bürgerinnen und Bürger alleine ist zwar naheliegend und gut vermittelbar. Die Wirkung kann aber in den allgemeinen Konsum gehen ohne CO2-Bezug.

Schließlich liegt in der Diskussion einer CO2-Bepreisung die Chance auf eine erhöhte Transparenz in der Datenlage. „Dort, wo Verbräuche oder Bedarfe in Bezug auf CO2 bepreist werden sollen, müssen sie auch bekannt sein. Bislang klagen Bestandshalter darüber, dass es schwierig bis aussichtslos ist, von ihren Mietern die für das Gebäude relevanten Verbrauchsdaten bekommen. Ein energetisches Portfoliomanagement ist damit erschwert“, sagt Lakenbrink.

Die RICS engagiert sich weltweit für den Klimaschutz, u.a.:

• Als Gründungsmitglied der von der UN initiierten Global Alliance for Buildings and Construction hat sich die RICS dazu verpflichtet, die Erreichung der Pariser Klimaziele aktiv voranzutreiben.
• Gemeinsam mit dem UN Global Compact hat die RICS Leitlinien “Responsible Business in Land, Construction and Real Estate Use and Investment – Making the Sustainable Development Goals (SDGs) a Reality” veröffentlicht.
• Im Bereich „Urban Development“ gibt es eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit UN-HABITAT (United Nations Human Settlements Programme), dem Wohn- und Siedlungsprogramm der Vereinten Nationen.






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