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21.06.2019 EZB verliert unter Draghi jede Bodenhaftung

Die diesjährige Konferenz der EZB im portugiesischen Sintra begann mit einer Überraschung: Kurz vor seinem Amtsende kündigte EZB-Chef Draghi eine dramatische Umkehr der EZB-Politik an. Draghi unterstrich in seiner Rede die uneingeschränkte Bereitschaft der EZB, im Falle weiterer Konjunkturschwäche der Euro-Zone zu einer Politik massiver Wertpapierkäufe zurückzukehren und auch noch tiefere Negativzinsen in Betracht zu ziehen. Statt geldpolitischem Small Talk präsentierte Draghi damit – einmal mehr – einen „whatever it takes“-Moment. Eine Kehrtwende, die viele Fragen aufwirft und Kritik provoziert. „Die EZB verliert sich immer mehr in einer Scheinrealität, die für jedes Problem nur eine Antwort hat: Geld zu drucken und so eine massive monetäre Verwässerung des gesamten Finanzsystems voranzutreiben“, so die Einschätzung von Dr. Heinz-Werner Rapp, Vorstand und Chief Investment Officer bei FERI.

EZB mit massivem Glaubwürdigkeitsproblem

Für viele Beobachter sei zwar längst klar gewesen, dass die EZB ihren seit 2018 angekündigten Kurs einer geldpolitischen Normalisierung nicht lange würde durchhalten können. „Die EZB befand sich damit klar im Widerspruch zum schon damals erkennbaren konjunkturellen Abschwächungszyklus“, erläutert Rapp. Auch das von der EZB immer vertretene Inflationsziel von 2 Prozent sei im aktuellen weltwirtschaftlichen Umfeld stets unrealistisch gewesen. Dennoch sei das im Dezember 2018 eingeleitete Ende der massiven Wertpapierkäufe („Q.E.“-Programm) bislang relativ sicher erschienen, da die EZB sonst ihre eigenen Regeln hätte brechen müssen.

Geldpolitischer Overkill der EZB

Durch die neuen Aussagen von Draghi werde nun jedoch erneut eine massive Kehrtwende der EZB eingeleitet, die sogar bislang „unumstößliche“ Regeln infrage stellt. Schon die Aussage, man könne bisherige Höchstquoten für den Ankauf von Staatsanleihen nun plötzlich außer Kraft setzen, sei bizarr und widerspreche allen bisherigen Aussagen der EZB. „Die EZB verliert unter Draghi nicht nur ihre Glaubwürdigkeit, sondern auch jedes vernünftige Maß. Sie bereitet einen geldpolitischen ‚Overkill‘ vor, ohne auch nur ansatzweise die Wirksamkeit und Risiken ihrer bisherigen Politik zu hinterfragen.“, kritisiert Rapp.

Monetäre Verwässerung als Fata Morgana

Die EZB gleiche mit ihrer erneuten Politikwende einem schlechten Arzt, der seinen Patienten nicht heilen könne. „Das Motto der EZB scheint zu sein: die Q.E.-Medizin hat nicht geholfen, deshalb also noch mehr Q.E.-Medizin.“, so Rapp. Die EZB reihe sich damit ein in den aktuellen Zeitgeist, der das Drucken von Geld als Mittel zur Lösung realwirtschaftlicher Probleme betrachte. „Diese Idee ist aber nur eine Fata Morgana und bewirkt nichts als monetäre Verwässerung und langfristige Zerrüttung ganzer Finanzsysteme.“, verdeutlicht Rapp. Dennoch werde dieser Weg global immer stärker beschritten. Dies zeige sich in der Popularität „alternativer“ geldpolitischer Konzepte, wie zuletzt in den USA mit der „Modern Monetary Theory“. „Der neue Weg vieler Regierungen und Notenbanken, ihre Probleme durch immer massivere Geldschöpfung lösen zu wollen, ist gefährlich und sollte Investoren und Vermögensinhaber beunruhigen“, warnt Rapp. Sachwertorientierte Anlagestrategien seien in einem derartigen Umfeld prinzipiell zu favorisieren.







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