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07.06.2019 Düsseldorf: Wohnbau verfehlt Ziel - Mieten steigen schneller

Die Düsseldorfer müssen auch in den kommenden Jahren mit steigenden Wohnungsmieten rechnen. Hauptpreistreiber ist, dass die Nachfrage das Angebot derzeit deutlich übersteigt. Düsseldorfs Attraktivität wächst konstant, doch zugleich blieb die Stadt mit 1.180 neuen Wohneinheiten im Gesamtjahr 2017 deutlich unter ihrem selbstgesteckten Ziel von 3.000 Wohnungen zurück. Dadurch sinkt der Leerstand zusätzlich. Eine JLL-Analyse setzt diese Entwicklung in Zusammenhang mit der Entwicklung des Spitzenmietpreises. Das Ergebnis: Mit schwindendem Leerstand steigt die Spitzenmiete nicht nur stärker, sondern auch in immer kürzerer Zeit.

Lagen die Mieten im Juni 2013 im Mittel bei 9,30€/m², so sind sie zum Ende des abgelaufenen Jahres auf nunmehr 11,30€/m² gestiegen, was einem Plus von rund 3,97 Prozent pro Jahr entspricht. Erheblich stärker noch sind die Kaufpreise gewachsen: von 2.580€/m² auf heute 3.740€/m² im Mittel, ein Zuwachs von 7,71 Prozent pro Jahr.
Differenziert man hierbei nach Qualität, so liegen die Spitzenmieten (Top 10%) bei 17,50€/m² im gesamten Düsseldorf, jedoch in einigen Bezirken wie der Innenstadt und Oberkassel sogar bei mehr als 20€/m². Eine Wohnung im einfachen Segment (untere 10%) für unter 8 €/m² findet man heute fast nur noch in Garath und Hellerhof. Der Leerstand in der gesamten Stadt lag zum Ende des Dezembers 2018 bei 1,44 Prozent.

Im Vergleich mit der teuersten deutschen Stadt München nehmen sich die Preise in Düsseldorf noch moderat aus: Dort lagen die mittleren Mieten zum Ende 2018 bei 19,43€/m² und die mittleren Kaufpreise bei 7.560€/m². Ein Quadratmeter in München kostet als im Schnitt doppelt so viel wie in Düsseldorf, die Mieten sind seit Juni 2013 jährlich um 6,29 Prozent und die Preise für Eigentumswohnungen (ETW) um 9,37 Prozent pro Jahr gestiegen. Der Leerstand lag zum jüngsten Jahreswechsel bei 0,19 Prozent.

Marcel Abel, Geschäftsführender Direktor und Niederlassungsleiter JLL Düsseldorf: „Wir sprechen von einem Hockeyschläger-Effekt, weil sich die Mietpreiskurve bei sinkendem Leerstand immer stärker nach oben biegt. Das heißt konkret, dass eine Abnahme des Leerstands bei unter 0,5 Prozent deutlich drastischer auf das Mietpreiswachstum auswirkt als noch bei 2,0 Prozent, wo das Mietplus noch eher verhalten ist. Man kann diesen Effekt bereits sehr deutlich in München sehen und Düsseldorf wird denselben Weg gehen, wenn nicht mit mehr Fertigstellungen gegengesteuert wird.“

Kommunen habe sich seit den 1980er-Jahren von Millionen Wohnungen getrennt

So intensiv wie seit Jahren nicht wird die Debatte um die Schaffung bezahlbaren Wohnraums geführt. War die Diskussion lange auf Kommunen und Länder als Akteure beschränkt, hat sie nun auch private Entwickler und Investoren erfasst. Das ist logische Folge eines Politikwechsels in den 1980er-Jahren. „Seit der Wiedervereinigung hat sich der Staat schrittweise aus der Objektförderung in Form des sozialen Wohnungsbaus zurückgezogen und stattdessen auf die Subjektförderung durch Wohngeld gesetzt. Der Bestand kommunaler Wohnungsbestände ist von mehr als vier Millionen allein in der alten Bundesrepublik auf nur noch etwas mehr als eine Millionen Einheiten im heutigen Deutschland gesunken“, bilanziert Dr. Konstantin Kortmann, Head of Residential Investment JLL Germany.

Dass die Politik wieder stärker aktiv werden muss, hat Düsseldorf bereits vor einigen Jahren erkannt und das Handlungskonzept „Zukunft Wohnen. Düsseldorf“ 2013 verabschiedet. In den folgenden fünf Jahren wuchs der Wohnungsbestand in der Stadt um 19.000 neue Einheiten. Der tatsächliche Bedarf lag indes rund 25 Prozent höher. 2016 wurden die Konditionen der Wohnraumförderung noch einmal justiert, denn Fakt ist, dass der kommunale Bestand geförderter Wohnungen in Düsseldorf seit 2008 von 26.302 auf 15.878 im Jahr 2017 zurückging und somit nur noch 4,5 Prozent des Gesamtbestands ausmacht.

München hat sein Wohnungsprogramm „SoBoN“ bereits 1994 eingeführt

München arbeitet hingegen bereits seit 1994 mit einem ähnlichen Projekt unter dem Namen „Sozialgerechte Bodennutzung“ (SoBoN). Danach müssen Neubauvorhaben verpflichtend einen Anteil von 30 Prozent geförderten Wohnraum für niedrige und mittlere Einkommen haben. Ergänzend zu dieser Quote dürfen seit 2017 weitere zehn Prozent für maximal 13,90 Euro/m² erstvermietet werden. Aktuell hat sich München das Ziel von 8.500 neuen Wohnungen pro Jahr gesetzt – davon 2.000 im geförderten und preisgedämpften Bereich. Der Anteil geförderter Wohnungen am Gesamtbestand liegt hier bei 10,6 Prozent.

„Was in München funktioniert hat, kann auch in Düsseldorf greifen“, sagt Tobias Köhler, Team Leader Residential Investment JLL Düsseldorf, „allerdings muss Düsseldorf es schneller schaffen.“ Deshalb sei es richtig und wichtig, dass die Stadt ihren „Aktionsplan Wohnen“ stetig weiterentwickle. Zum Beispiel, indem seit sechs Monaten städtische Grundstücke nur noch im Rahmen des bezahlbaren Wohnens genutzt und preiswerter abgegeben werden. „Zusätzlich müssen Bebauungsplan-Verfahren deutlich schneller bearbeitet und abgeschlossen sein.“

Entscheidend ist dabei auch das Verhältnis von „preisgedämpften“ und „gefördertem“ Wohnen. So gelte es, möglichst alle Bevölkerungsschichten zu berücksichtigen. „Setzt man zu sehr auf geförderten Wohnungsbau, besteht die Gefahr, dass Arbeitnehmer zu kurz kommen, die zu viel verdienen, um einen Wohnberechtigungsschein zu haben, und zugleich zu wenig, um sich eine Wohnung in der Stadt zu leisten“, wägt Köhler ab. Aktuell liegt die städtische Vorgabe bei 20 bis 30 Prozent öffentlich gefördertem und mindestens zehn bis 20 Prozent preisgedämpften Wohnungsbau.

Wer in Düsseldorf in einen Neubau zieht, muss mit einer hohen Belastung rechnen

Letztlich reicht es allerdings nicht, die Mieten nur im Kontext der Immobilienbranche zu sehen – sie müssen auch mit der wirtschaftlichen Lage der jeweiligen Bürger verglichen werden. Danach stehen die Düsseldorfer noch vergleichsweise gut da: So ist die Mietbelastung – also der Anteil der Kaltmiete am Nettoeinkommen – bei einer Neuangebotsmiete im Schnitt bei 26,8 Prozent, bei einer Bestandsmiete bei 17,5 Prozent. Bei einem Erstbezug im Neubau liegt der Wert aktuell bei 32,5 Prozent und ist vor allem auf die vielen hochwertigen Neubauprojekte der vergangenen Jahre in Düsseldorf zurückzuführen.

In München herrschen hingegen ganz andere Verhältnisse. Hier muss bei Neuangebotsmieten mit im Schnitt 41,2 Prozent kalkuliert werden, bei Bestandsmieten immerhin mit 23,3 Prozent. Bei Neubaubezügen liegt München mit 33,5 Prozent auf einem ähnlichen Niveau wie Düsseldorf. Europäische Spitzenreiter ist der britische Landesteil England mit 32,9 Prozent für Bestandsmieten im landesweiten Schnitt. Der nicht explizit ausgewiesene Wert für London dürfte nochmals deutlich höher liegen.

Kürzere Bindungszeiten bis 15 Jahre locken mehr private Investoren an

Der große Vorteil für Investoren am aktuellen Modell liegt darin, dass der Bindungszeitraum von zehn bis 15 Jahren ein langfristiger, aber noch kalkulierbarer Zeitraum ist – nach Ablauf kann man sich in einem voraussichtlich noch guten Markt von seinen Beständen trennen. Die in anderen Städten teilweise üblichen Bindungsdauern von 20 bis 30 Jahren hingegen sprechen nur noch ein schmaleres Segment von stiftungsähnlichen Investoren oder „Enkelfonds“ an.

Zunehmend führen die steigenden Preise und die andauernde Urbanisierung mit zunehmender Mobilität der Menschen außerdem dazu, dass andere Wohnformen nachgefragt werden. Der sehr hohe Anteil Alleinlebender in deutschen Großstädten wird auch in Düsseldorf weitere alternative Wohnformen wie Studentenwohnen, Mikroapartments für Berufstätige und digitale Nomaden oder Wohnungen für das „Silver Living“ im Alter entstehen lassen. „Hier gibt es auch spannende Entwicklungen gerade im Ausland, welche auch das Ziel haben, ein soziales Leben unter den Mietern entstehen zu lassen. Dazu zählen unterschiedlichen Angebote wie Gärten, Gemeinschaftsräume, Initiativen, die neben Wohnraum auch einen Anschluss an das soziale Leben bieten“, beobachtet Konstantin Kortmann.

Zugleich können Wohnungsprogramme aber nur dann erfolgreich sein, wenn die Immobilien im Zusammenhang mit der kommunalen Infrastruktur gedacht würden. „Die Grund- und damit auch die Wohnfläche im Zentrum einer Stadt wie Düsseldorf ist begrenzt. Entsprechend ist es logisch, dass nicht jeder dort wohnen kann. Dieser Mangel lässt sich aber nur durch eine starke Infrastruktur und einem dicht getakteten öffentlichen Nahverkehr ausgleichen. Hier muss die Stadt koordinierter und aktiver als bisher vorgehen“, sagt Abel.

„Wer es konsequent angehen will, muss ein ,Infrastrukturprogramm 2029‘ ins Leben rufen, durch das in den kommenden zehn Jahren rund 3,5 Mrd. Euro investiert werden, um Düsseldorf die nötige Struktur für die Zukunft zu geben. Gleichzeitig muss die Bürokratie abgebaut werden, unter anderem, indem die Energieeinsparverordnung bis auf weiteres nicht verschärft wird. Und schließlich müssen Behörden mehr qualifizierte Mitarbeiter einstellen, damit der Verwaltungsakt künftig dringend benötigte Projekte flüssig und effizient verläuft“, skizziert Abel einen Maßnahmenkatalog.







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