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08.03.2019 Zweckentfremdungsgesetz in Brandenburg schießt über das Ziel hinaus

Im brandenburgischen Ausschuss für Infrastruktur und Landesplanung wird heute der Entwurf eines Gesetzes über das Verbot von Zweckentfremdung von Wohnraum diskutiert. Unter das Zweckentfremdungsverbot sollen auch Ferienwohnungen fallen. Der Deutsche Ferienhausverband e. V. bezweifelt die Verhältnismäßigkeit des Gesetzes. Ausschließlich Potsdam hat nach einer Umfrage des Ministeriums unter allen Gemeinden mit angespanntem Wohnungsmarkt Bedarf für ein solches Gesetz angemeldet. Dabei liegt der Anteil von Ferienwohnungen am Gesamtwohnungsbestand bei gerade einmal 0,2 Prozent.

„Mit einem solchen Gesetz wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen“, sagt Michelle Schwefel, Geschäftsstellenleiterin vom Deutschen Ferienhausverband. „Der Anteil von Ferienwohnungen am Gesamtwohnungsmarkt ist selbst in Potsdam marginal.“ Im Vergleich zum Gesamtbestand an Wohnungen wird nur eine relativ geringe Anzahl von Ferienwohnungen in Brandenburg angeboten. Der Großteil der Objekte liegt in Gebieten, in denen es keinen Mangel an bezahlbarem Wohnraum gibt und die Mietpreise günstig sind. In Potsdam selbst liegt der prozentuale Anteil der Ferienwohnungen am Gesamtwohnungsbestand bei höchstens 0,2 Prozent. 2016 gab es 91.500 Wohnungen in der Landeshauptstadt, dem gegenüber stehen nach Angaben der Stadt rund 130 bis maximal 200 Ferienwohnungen.

Der Deutsche Ferienhausverband bezweifelt, dass eine tiefeinschneidende Regulierung von Zweckentfremdung, wie sie der Gesetzesentwurf insbesondere für die Vermietung an Feriengäste vorsieht, verhältnismäßig ist. Angesichts der geringen Anzahl von Ferienwohnungen in Potsdam würde selbst ein Totalverbot keine spürbaren Auswirkungen auf die Mieten haben. Woran es in Potsdam mangelt, ist neu gebauter Wohnraum. Potsdam steht damit nicht allein: Viele Kommunen haben jahrelang ihre Hausaufgaben nicht gemacht und insbesondere den sozialen Wohnungsbau vernachlässigt. Diese Versäumnisse lassen sich mit dem Verbot von Ferienwohnungen nicht auffangen.

Laut Gesetzesentwurf soll für Vermieter von Ferienwohnung eine Übergangsfrist von zwei Jahren gelten, in der ein Bestandsschutz greift. Danach muss jede Ferienwohnung einzeln genehmigt werden. Das bedeutet nicht nur einen erheblichen bürokratischen Aufwand für die Betroffenen. Ob eine Genehmigung erteilt wird, ist ungewiss. Für alle anderen Branchen sieht das Gesetz hingegen einen großzügigen Bestandsschutz vor. Man folgt damit dem Vorbild des Berliner Zweckentfremdungsgesetzes. Der DFV sieht das kritisch: „Es kann nicht sein, dass eine Branche willkürlich herausgegriffen und schlechter gestellt wird. Schon in Berlin hat der fehlende Bestandsschutz für große Verunsicherung bei den Anbietern geführt“, sagt Schwefel.

Der fehlende Bestandsschutz wird aktuell vor dem Bundesverfassungsgericht verhandelt. Nach Auffassung des Verbands stellt das Gesetz einen unverhältnismäßigen Eingriff in die verfassungsmäßig garantierten Rechte auf Eigentum und freie Berufsausübung dar. „Die Vermietung einer Ferienwohnung ist für viele Menschen ein wichtiger Neben- oder Haupterwerb und damit ein bedeutender Bestandteil der eigenen Existenz und Altersvorsorge. Diese durch ein solches Gesetz zur Aufgabe zu drängen, ist unverhältnismäßig und ein völlig falsches Signal. Zusätzlich wird die genehmigungsfreie Vermietung von Ferienwohnungen zukünftig auf acht Wochen pro Jahr begrenzt. Das ist lebensfremd und nicht bürgerfreundlich. Damit wäre selbst die Vermietung an Urlauber während eines Auslandssemesters genehmigungspflichtig“, so Schwefel weiter.

Besorgt ist der Verband vor allem über die Signalwirkung, die das Zweckentfremdungsverbot in Berlin entfaltet. „Wir beobachten zunehmend, dass Kommunen und Länder sich dem Trend anschließen, Ferienwohnungen begrenzen zu wollen, ohne den Mietmarkt zuvor empirisch zu untersuchen“, erklärt Schwefel. Der Verband fordert Kommunen auf, zuvor präzise zu analysieren, ob ein Verbot der Zweckentfremdung dazu beitragen kann, bezahlbaren Wohnraum zurückzugewinnen und einer Steigerung der Mieten zu begegnen, bevor eine solche Satzung erlassen wird. „Man darf nicht vergessen, dass Ferienwohnungen erheblich zur Attraktivität eines Tourismusortes beitragen und Wohlstand schaffen“, so Schwefel. Nicht nur Vermieter, auch Gastronomie, Einzelhandel und Freizeiteinrichtungen profitieren von den Feriengästen. Dabei zählen insbesondere Familien zu den Stammgästen in Ferienwohnungen, weil es für sie eine komfortable und preisgünstige Möglichkeit ist, Urlaub zu machen. Ein Land wie Brandenburg profitiert davon ganz besonders.

Laut einer Studie des DFV und FeWo-direkt umfasst der private Ferienhausmarkt in Brandenburg insgesamt 17.900 Betten mit rund 1,59 Millionen Übernachtungen jährlich. Die Urlaubsgäste geben durchschnittlich 72,10 Euro pro Tag am Urlaubsort für Unterkunft, Verpflegung, Einkäufe und Dienstleistungen im Bereich Freizeit, Kultur und Mobilität aus. In der Summe generiert allein der private Ferienhausmarkt in Brandenburg rund 114,6 Mio. Euro Bruttoumsatz pro Jahr (Quelle: Der Ferienhausmarkt in Deutschland). Die ökonomischen Abstrahleffekte des privaten Ferienwohnungsmarkts auf angrenzende Wirtschaftszweige wie Gastronomie, Einzelhandel und Dienstleistungen sind dabei nicht zu unterschätzen. Ferienwohnungsgäste schaffen und erhalten Arbeitsplätze in der Region. Das gilt insbesondere für den ländlichen Raum.










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