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04.12.2017 Arbeitgeber wird Bewerber: Recruiting in der Immobilienwirtschaft

Aus Arbeitgebern werden Bewerber – und die Nachwuchskräfte entscheiden. Zugegeben, das ist eine gewagte These. Das Grundprinzip ist aber klar: Um geeignete Nachwuchskräfte zu gewinnen, müssen sich Arbeitgeber heute mehr denn je ins Zeug legen. Wie groß die Nachwuchssorgen tatsächlich sind und welche Maßnahmen sich besonders lohnen, haben Personalverantwortliche im Rahmen des HR-Kongresses „Practice meets Campus“ an der HAWK in Holzminden verraten.

In ihrem Bericht „Our changing the world: Let‘s be ready“ formuliert die Royal Institution of Chartered Surveyors (RICS) sechs Trends, die die Immobilienwirtschaft in Zukunft prägen werden. Einer dieser Trends ist der „War for talents“, der Kampf um die besten Nachwuchskräfte. Und der wird bereits mit einem Blick auf die Gästeliste des HR-Kongresses „Practice meets Campus“ deutlich: 20 namhafte Arbeitgeber, plus Warteliste.

Die Grenze von 20 Plätzen ist dabei selbst gesetzt. Organisatorin Prof. Dr. Susanne Ertle-Straub und ihr Team möchten jedem Unternehmen die Möglichkeit geben, sich in einem eigenen Raum der Hochschule zu präsentieren und gezielt Gespräche zu führen. Das Interesse der Unternehmen sprengt diese Grenze mittlerweile merklich: „Beachtlich ist, dass wir das Anmeldeverfahren für die November-Veranstaltung schon im Frühjahr beenden mussten“, berichtet Ertle-Straub. Für das kommende Jahr müsse sich das Organisationsteam gegebenenfalls über ein Losverfahren Gedanken machen.

Für Unternehmen ein wichtiger Bestandteil des Recruitings

Bereits zum vierten Mal hat sich die ECE (ca. 3.600 Mitarbeiter) an dem Format beteiligt. Für HR Manager Alexander Bartelt sind Karriereveranstaltungen wie „Practice meets Campus“ einer der Schwerpunkte im Recruiting. Die Bewerberzahlen seien nach wie vor gut. Allerdings habe sich das Verhalten der Bewerberinnen und Bewerber verändert, so Bartelt. „Man merkt, dass die Bewerber viele gute Angebote haben und sich deshalb auch hohe Ansprüche an den Arbeitgeber leisten können.“

Mit einer klassischen Stellenausschreibung lasse sich da nicht mehr viel bewegen. Der persönliche Kontakt bringe dem gegenüber gleich zwei Chancen mit sich, erklärt Bartelt: Auf der einen Seite könne sich der Arbeitgeber gezielt einer großen Zahl an Nachwuchskräften vorstellen. Auf der anderen Seite biete sich auch die Gelegenheit, Anforderungen an die Nachwuchskräfte, wie zum Beispiel die als Center Manager erforderliche räumliche Flexibilität, klar zu formulieren. „So finden wir am Ende die ‚Perlen‘, die wirklich gut zu uns passen.“

Für kleinere Unternehmen scheint dieses Prinzip noch stärker zu gelten. Prof. Kurt Dorn, Geschäftsführender Gesellschafter der Soleo GmbH (ca. 30 Mitarbeiter), sieht den Gewinn solcher Karriereveranstaltungen im Erstkontakt. Für jüngere bzw. kleinere Unternehmen ginge es neben der Profilierung ganz grundlegend um Bekanntheit. Not bei der Besetzung offener Stellen habe er nicht, der Konkurrenzkampf um die besten Nachwuchskräfte sei aber spürbar. „In den vergangenen eineinhalb Jahren haben wir unsere Bemühungen deutlich verstärkt.“

Worauf Dorn und sein Team besonders setzen: Sie begleiten und fördern Karrieren von Anfang an. Es sei keine Seltenheit, erzählt Dorn, dass der Start ins Unternehmen mit einem Schülerpraktikum beginne, mit der Ausbildung weitergehe und in kontinuierlicher Weiterbildung münde.

Sich da positionieren, wo die Talente herkommen

Eine dritte Perspektive auf das Thema Nachwuchsgewinnung eröffnet HR Managerin Margareta Rust. Ihr Arbeitgeber BEOS (ca. 160 Mitarbeiter) hat es geschafft, sich mit seiner Unternehmenskultur und einem Fokus auf die Arbeitswelt der Zukunft branchenweit einen Namen zu machen. Das Recruiting von Nachwuchskräften sei Teil der Kultur, erklärt Rust. Jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter sei involviert und nicht mehr ausschließlich das HR Management.

Auch Rust plädiert für einen möglichst frühen Kontakt zu zukünftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern: „Wir wissen, dass junge Talente es sich oft aussuchen können, welchen Arbeitgeber sie für ihren Berufseinstieg wählen.“ Wichtig sei deshalb zu schauen, wo die Talente herkommen und sich an den entsprechenden Hochschulen zu positionieren. Das Team von BEOS, so Rust, stelle sich unter anderem an den Hochschulen in Geislingen, Aschaffenburg und Holzminden sowie an der IREBS Immobilienakademie vor. Das IZ Karriereforum zähle ebenfalls zu den festen Terminen.

Mit der HAWK in Holzminden hat BEOS offensichtlich gute Erfahrungen gemacht. Zwei junge Kollegen, die beide an der HAWK Immobilienwirtschaft studiert haben, begleiten HR Managerin Rust zur Karriereveranstaltung. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei den anderen Unternehmen. Insgesamt 15 Ehemalige sind als Botschafterinnen und Botschafter ihrer heutigen Arbeitgeber mitgereist.

Nicht der einzige Trend im Recruiting

Das Prinzip, die Nachwuchskräfte am Ort ihrer Ausbildung abzuholen und gezielt über Erwartungen und Wünsche beider Seiten zu sprechen, scheint also aufzugehen. Für HR Manager Alexander Bartelt (ECE) ist dies allerdings nicht der einzige Trend im Recruiting. Auch im Bewerbungsprozess müsse über Anpassungen nachgedacht werden. Bartelts Idee: „Vielleicht gibt es in der Arbeitswelt der Zukunft ja nur noch ein Formular, in dem man auf das persönliche Profil bei LinkedIn oder Xing verweist.“

Dass sich die Rollen von Arbeitgebern und Nachwuchskräften letzten Endes vollständig umkehren, ist damit nicht gesagt. „Augenhöhe“ könnte das passendere Stichwort sein. In diese Richtung argumentiert HR Managerin Rust: „Auch wir als Arbeitgeber müssen uns bewerben.“








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