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05.09.2018 Verschärfung der Mietpreisbremse löst Wohnraumproblem nicht

„Es fehlen insgesamt 1,5 Millionen Wohnungen in Deutschland. Besonders deutlich bekommen diesen Mangel die Menschen in den Großstädten und Ballungsräumen zu spüren. Eine Verschärfung der Regelungen zur Mietpreisbremse wird ihnen nicht helfen, eine Wohnung zu finden. Genauso wenig wird ein Obsthändler nach Einführung schärferer Handels- und Qualitätsregeln plötzlich mehr Äpfel in der Stiege haben“, kommentiert Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD, den Gesetzesentwurf zur Anpassung des Mietrechts, der heute im Kabinett beraten werden soll.

„Es ist leider nicht nachvollziehbar, warum die Regierung gerade jetzt eine Novellierung des Mietrechts angeht. Drei Wochen vor dem Wohngipfel, wo das Maßnahmenpaket zur Bekämpfung der Wohnungskrise, laut Bundesbauminister Seehofer ‚das soziale Problem unserer Zeit‘, beraten werden soll. Es gäbe doch dringlichere Themen. Ganz abgesehen davon, dass bei der Mietpreisbremse derzeit gar kein Novellierungsbedarf besteht“, sagt Schick. Er verweist in diesem Zusammenhang auf die im Koalitionsvertrag vereinbarte Evaluierung und das beim Bundesverfassungsgericht anhängige Verfahren, in dem die Verfassungsmäßigkeit des Instruments überprüft wird. Zudem hatte sich kürzlich der Wissenschaftliche Beirat des Bundeswirtschaftsministeriums in einem Gutachten klar für die Abschaffung der Mietpreisbremse ausgesprochen.

Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, das Instrument der Mietpreisbremse auf ihre Wirksamkeit hin zu evaluieren. Der vorliegende Entwurf übergeht diese Vereinbarung. Darüber hinaus wird im Kabinettsentwurf angekündigt, die damit neu getroffenen Vorschriften nach acht Jahren einer Evaluation zu unterziehen. „Diese Maßnahme ist sinnlos, da die Gültigkeit der Mietpreisbremse auf fünf Jahre beschränkt ist. Je nach Bundesland wird sie also 2020 beziehungsweise 2021 auslaufen. Implizit wird die noch gar nicht beschlossene Verlängerung der Gültigkeitsdauer vorweggenommen, ohne dass bisher ermittelt worden ist, ob die Mietpreisbremse überhaupt funktioniert. Ein solches Vorgehen durch die Hintertür lehnen wir ab“, sagt Schick.

Der IVD-Präsident warnt ausdrücklich vor dem Versuch, im sich anschließenden parlamentarischen Verfahren per Änderungsantrag die Verlängerung des Bezugszeitraums zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete von vier auf sechs Jahre einzubringen: „Die SPD wird die Verlängerung im Zuge des laufenden Gesetzgebungsverfahrens auf den Tisch legen, wobei dies natürlich nicht ohne Zustimmung des Koalitionspartners geht. Der IVD lehnt jede Verlängerung des Bezugszeitraumes zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete entschieden ab, da dies zu einem Einfrieren der Mietpreisentwicklung führt. Gerade in nachgefragten Städten würden die Mieten von staatlicher Seite nach unten korrigiert werden. Aus dem vorliegenden Mietrechtsanpassungsgesetz würde ein Mietpreismanipulationsgesetz werden.“

Das Center of Real Estate Studies (CRES) hatte in einer Studie 50 Kommunen untersucht und eine Verlängerung auf zehn und acht Jahre durchgerechnet. Mit jedem Jahr der Ausweitung des Bezugszeitraums wird die ortsübliche Vergleichsmiete um 10 bis 20 Cent pro Quadratmeter gesenkt. Das würde zu einem massiven Wertverlust von Wohnungsbeständen führen, da dringende Investitionen ausbleiben würden. Aus Sicht des CRES drohe die Fortschreibung des Wohnraummangels auf Kosten der Bestandseigentümer und auch der Mieter.
Darüber hinaus sieht der IVD bei zwei Punkten des Kabinettsentwurfs dringenden Nachbesserungsbedarf:

Vorvertragliche Informationspflicht über Vormiete – Ausnahmetatbestände und formale Anforderungen

Der Kabinettsentwurf sieht vor, dass der Vermieter vor Abschluss des Mietvertrages darüber informieren muss, ob er sich bei der Bestimmung der Miete auf einen Ausnahmetatbestand wie beispielsweise die umfassende Modernisierung beruft. Der Referentenentwurf sah dem Koalitionsvertrag entsprechend eine solche Pflicht nur im Fall der Vormiete vor. Eine Erweiterung auf sämtliche Ausnahmeregelungen würde die Fehleranfälligkeit solcher Informationen streitanfälliger machen.

„Wir sehen diese Vorschläge mit großer Skepsis. Wer versucht hat, sich einmal einen detaillierten Überblick über die für die Miethöhe wirksamen Ausnahmetatbestände zu verschaffen, weiß, dass das nicht mit einer DIN-A4-Seite erledigt ist. Gerade private Vermieter würden durch diese Regelung überfordert und faktisch gezwungen werden, Fehler zu machen. Wenn eine Erweiterung der Informationspflicht unumgänglich ist, dann sollte sie auch auf die bloße Angabe beschränkt sein, dass eine Ausnahme vorliegt. Hierzu könnte in den Formularmietverträgen die Möglichkeit geschaffen werden, den Ausnahmetatbestand einfach anzukreuzen. Dies muss zumindest in der Gesetzesbegründung klargestellt werden“, kommentiert Schick.

Beanstandung der Miethöhe mittels vereinfachter Rüge

Der Kabinettsentwurf sieht zudem vor, dass Mieter die Höhe der vereinbarten Miete mit einer einfachen Rüge beanstanden können. Bisher gilt (nach § 556g Abs. 2 Satz 2 BGB), dass die Rüge die Tatsachen enthalten muss, auf denen die Beanstandung der vereinbarten Miete beruht. Mietern soll also die Möglichkeit gegeben werden, die Miethöhe inhalts- und formlos zu rügen, statt eine qualifizierte Rüge zu äußern.
Der IVD lehnt diesen Vorschlag in der vorliegenden Form ausdrücklich ab, weil er zulasten des Vermieters geht. Die Einführung der vereinfachten Rüge würde, gerade weil in ihr keine Gründe oder Tatsachen aufgeführt werden müssen, den gerügten Vermieter quasi zwingen, aus Gründen der Rechtssicherheit eine Feststellungsklage zu erheben. Das würde zu einem enorm und unverhältnismäßig hohen Erfüllungsaufwand führen. Begegnet der Vermieter der Rüge nicht, schuldet der Mieter ihm im Zweifel ab dem Zeitpunkt der Miete möglicherweise nur den Minimalbetrag (10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete).

Der IVD schlägt daher vor, die beabsichtigte Regelung zu ergänzen, sodass der Vermieter der Rüge in vereinfachter Form begegnen kann. Wenn der Vermieter die Tatsachen substantiiert darlegt, auf denen die vereinbarte Miete beruht, sollte der Mieter diese wieder schulden.

„Eine inhaltslose und formlose Rüge ins Blaue ist Unsinn. Sie bringt das Mietverhältnis in ein enormes Ungleichgewicht. Einzig der Vermieter soll verpflichtet werden, seinen Standpunkt zu begründen. Und das auch noch, soweit wir es einschätzen können, sachgrundlos. Die Begründung im Kabinettsentwurf behauptet, dass das Instrument der Rüge bisher kaum angewendet worden sei, weil die Anforderungen an eine rechtsgültige Rüge zu hoch seien. Das ist ein Kurzschluss. Ja, bisher haben nur wenige Mieter von ihrem Rügerecht Gebrauch gemacht. Aber keiner weiß, ob das daran liegt, weil die erforderliche Benennung von Tatsachen für Mieter ein unüberwindliches Hindernis darstellt, oder ob es andere Gründe für dieses Verhalten gibt. Wenn den Mietern eine vereinfachte Rüge zugestanden wird, dann sollen doch auch Vermieter in den Genuss einer vereinfachten Antwortmöglichkeit kommen. Eine einseitige Belastung der Vermieter lehnen wir entschieden ab“, kommentiert Schick.









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