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22.05.2018 Deutschland braucht Turbo-Impulse gegen Wohnungsbau-Durchhänger

Exakt 1.027 neue Wohnungen pro Tag. Das ist – rein rechnerisch jedenfalls – die Messlatte für die Wohnungsbaupolitik – gelegt von der Großen Koalition in Berlin. 1,5 Millionen Neubauwohnungen sollen bis 2021 entstehen, so der GroKo-Plan. Dabei stehen die Zeichen derzeit nicht gerade auf „Turbo-Bau“: Statt der jährlich erforderlichen 375.000 Neubauwohnungen sind im vergangenen Jahr nur 348.100 neue Wohnungen genehmigt und wahrscheinlich lediglich 300.000 Wohnungen tatsächlich neu gebaut worden. Hier muss mehr passieren, so die Forderung von rund 30 Organisationen und Verbänden der Architekten und Planer, der Bau- und Immobilienwirtschaft sowie der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU).

Sie haben sich als Bündnis in der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ zusammengeschlossen und jetzt in Berlin eine Agenda zur Umsetzung der angekündigten Wohnraum-Offensive vorgelegt. Darin attestieren sie Deutschland einen „Wohnungsbau-Durchhänger“: Denn mit den lediglich 348.100 Wohnungen sind in 2017 immerhin 7,3 Prozent weniger Wohnungen genehmigt worden als noch 2016. „Damit ist die Entwicklung der Wohnungsbautätigkeit nicht nur weit vom notwendigen und selbstgesteckten Ziel der Bundesregierung entfernt. Sie droht ohne wirksame neue Impulse sogar bereits wieder rückläufig zu werden. Der enorme Mangel an Wohnungen, die die Menschen auch bezahlen können, wird dann mehr und mehr zu einem sozialen Problem. Für einige Betroffene ist es schon 5 nach 12 und es darf niemanden wundern, wenn sich die Wut darüber auf der Straße entlädt“, sagt Dr. Ronald Rast.

Der Koordinator der Aktion „Impulse für den Wohnungsbau“ fordert die Bundesregierung auf, die angekündigte Neubau-Offensive jetzt schnell zu starten. Das „Wohn- und Mieten-Paket“, auf das sich die Fraktionsführungen der Großen Koalition bei ihrer Klausurtagung im bayerischen Murnau in dieser Woche geeinigt haben, sei dafür eine gute Grundlage. „Die GroKo ist auf gutem Wohnungsbaukurs. Sie hat erkannt, dass deutlich mehr Wohnungsneubau dringend nötig ist. Aber auch der dazu notwendige Etat im Bundeshaushalt darf jetzt nicht halbherzig angegangen werden. Um die gesetzten Ziele zu erreichen, werden CDU/CSU und SPD ihr Wohnungsbaupaket wohl noch weiter ausweiten müssen“, so Rast.

Auch der von der GroKo angekündigte Wohn-Gipfel müsse rasch kommen und alle Partner an einen Tisch holen. Dabei müsse ein ganz konkretes Eckpunkte-Papier zur schnellen Umsetzung aller erforderlichen Maßnahmen verabschiedet werden.

Das Bündnis legt dazu eine Wohnungsbau-Agenda mit Kernforderungen vor. Ganz oben auf der politischen To-do-Liste der GroKo steht die rasche Eins-zu-eins-Umsetzung der Punkte, die zum Wohnungsbau im Koalitionsvertrag stehen. Ebenso des „Wohn-Pakets“, das die Fraktionsspitzen beschlossen haben. Dazu gehöre insbesondere auch, dass der Bund an seine Liegenschaftsreserven gehe und Bauland mobilisiere.

„Um das Bauen nicht noch teurer zu machen, ist es darüber hinaus absolut notwendig, bei den Energiespar- und den sonstigen Auflagen jetzt einen Punkt zu machen“, so Rast. Die aktuell gültige Energieeinsparverordnung (EnEV 2016) verlange den Bauherren heute schon eine Menge ab.

„Wichtig ist vor allem auch, dass der Staat – und hier insbesondere der Bund und die Länder – immer die Folgekosten im Blick habe, wenn er per Gesetz oder Norm an den Rahmenbedingungen für den Wohnungsbau schraubt. Am grünen Tisch oder im DIN-Normenausschuss sind Vorgaben flott geändert. Entscheidend ist aber, was das dann für die Kosten beim Wohnungsbau bedeutet – und damit auch für die Mieten“, sagt Bündnis-Koordinator Rast. Dabei dürfe nicht einfach nur über die Folgekostenabschätzung diskutiert werden, sondern es müsse klar vereinbart werden, wer dafür verantwortlich ist, diese zu erstellen.

Für den Wohnungsbau muss, sagt Ronald Rast, der Staat mehr Geld in die Hand nehmen. Nur so könne es dem Bund überhaupt gelingen, die von der GroKo geplanten Förderungen für den Mietwohnungsbau und für das Wohneigentum umzusetzen.

Ein entscheidender Punkt sei der soziale Wohnungsbau. Hier müsse der Bund auch nach 2019 weiterhin mitfinanzieren können. Er dürfe dabei nicht mehr zulassen, dass zweckgebundene Fördermittel in der Verantwortung der Länder anderweitig verwendet werden. Notwendig dazu sei allerdings die erforderliche Mehrheit für eine Grundgesetzänderung, da sonst beim Neubau von Sozialwohnungen „eine Goodwill-Politik nach Kassenlage der Länder“ drohe. Notwendig vom Bund seien deshalb „auch weiterhin mindestens 1,5 Milliarden Euro plus X pro Jahr ab 2020 und eine zentrale Kontrolle der Mittelverwendung durch Berlin“.

Auch bei der Abschreibung müsse die GroKo rasch handeln. Erforderlich sei neben einer zeitlich begrenzten Sonder-AfA für bezahlbare Mietwohnungen auch eine generelle Erhöhung der normalen Abschreibung auf 3 Prozent. Dies sei sachlich schon deshalb notwendig, weil nach bestehender Baugesetzgebung immer mehr moderne Anlagentechnik mit einer Lebensdauer von weniger als 50 Jahren zum Einsatz kommt. Und deshalb auch ein gesamtes Wohngebäude in kürzerer Zeit steuerlich absetzbar sein muss.

Neben dem geplanten Baukindergeld müsse es zudem eine Freigrenze bei der Grunderwerbsteuer geben. „Hier hält der Staat je nach Bundesland mal mehr, mal weniger die Hand auf. Immer aber macht die Steuer für den Grundstückskauf das Bauen – und damit die Miete oder die eigenen vier Wände – teurer“, kritisiert Rast. Mit 6,5 Prozent sei die Grunderwerbsteuer in Schleswig-Holstein, Nordrhein-Westfalen, Brandenburg, Thüringen und dem Saarland am höchsten.










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