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28.03.2018 High Streets: Mietpreiswachstum bei 1A-Handelsflächen wird Ausnahme

Der deutsche Einzelhandel setzt so viel um wie lang nicht mehr, doch nicht jeder Cent wird noch auf der Fläche erwirtschaftet. Digitale Vertriebsstrategien bzw. die Verknüpfung mit dem stationären Geschäft sind daher zu neuen Königsdisziplinen bei den Retailern avanciert. Mit spürbaren Folgen für den stationären Handel: die Wünsche der Mieter ändern sich schneller, oft wollen sie weniger Miete zahlen und fordern zum Teil sogar öffentlich kürzere Vertragslaufzeiten. Der Anpassungsdruck ist inzwischen nicht nur spür-, sondern auch messbar: Die Zahl der Städte mit steigenden Handelsmieten nimmt immer weiter ab. Zu diesem Ergebnis kommt der COMFORT High Streets Report 2018, der Mieten aus 148 deutschen Städten in Deutschland sowie in Österreich und der Schweiz auswertet.

Dabei waren die Bedingungen für den deutschen Einzelhandel 2017 so gut wie lange nicht. Nach Angaben des Handelsverbands Deutschland (HDE) erreichte die Branche im Vorjahr erstmals ein Gesamtvolumen von über 500 Mrd. Euro – ein Plus von 3 Prozent gegenüber 2016. Rechnet man die Preissteigerungen hinzu, kommt man auf einen nominalen Anstieg von über 4,5 Prozent. Solche Steigerungsraten hat es hierzulande seit den 1990er Jahren nicht mehr gegeben. Auch der stationäre Handel wächst weiter, nicht zuletzt durch Brands, die den Sprung von der Online- in die Offline-Welt schaffen. Nichtsdestotrotz stehen Anbieter von Einzelhandelsflächen verstärkt unter Druck, nicht nur in Shoppingcentern, B- oder C-Lagen. Auch die Prime Locations von Deutschland, Österreich und der Schweiz sind von sinkenden Mieten betroffen.

„Das Vermietungsgeschäft ist schnelllebiger und komplizierter geworden. Lange Zeit gab es in den Städten vor allem in Bezug auf die Toplagen bei den Mieten nur eine Richtung: nach oben. Das ändert sich. Heute sitzen die Retailer klar am längeren Hebel“, fasst Olaf Petersen, als Geschäftsführer verantwortlich für Research & Consulting der COMFORT-Gruppe, den Trend zusammen. Dieser drückt sich auch in Zahlen aus: Nur in 5 von 148 untersuchten Städten sind die Ladenmieten für Flächen in Highstreet-Lagen gestiegen. In 60 Städten konnte das Mietniveau gehalten werden und in mehr als der Hälfte aller untersuchten Städte - in 83 – mussten sinkende Mieten hingenommen werden (siehe Grafik nachfolgend). Zum Vergleich: 2016 hatten die Mieten noch in 8 Städten zugenommen, in 93 Städten waren die Konditionen stabil geblieben und lediglich in 45 Städten hatte es Preisabschläge gegeben.

Erwirtschaftung der Miete als Herausforderung

Auffällig hierbei ist, dass die Größe der Stadt kein Garant für Preiszuwächse ist, denn neben drei Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohnern waren 2017 auch zwei kleine mit weniger als 100.000 Einwohnern für die Retailmieter so attraktiv, dass sie steigende Quadratmeterpreise akzeptiert haben. Allerdings sind die kleinen Städte auch bei den Mietpreisrückgängen und gerade bei denen mit mehr als 5 Prozent zahlenmäßig sehr weit vorn. „Dabei war 2017 nicht einmal das Jahr der großen Insolvenzen. Doch gerade im wichtigen Textilsektor expandieren die etablierten Retailer mit Augenmaß und scheuen Experimente. Für viele wird die Erwirtschaftung der Miete zur Herausforderung. Netzoptimierung ist daher das große Stichwort“, so Petersen.

Der COMFORT-Geschäftsführer sieht darin aber auch große Chancen für die Städte und ihren Handelsmix in den 1A-Lagen. Es gibt mehr Platz für neue Konzepte, vor allem aus dem Ausland. Bei den Großflächen-Konsumenten sind dies beispielsweise Brands wie Decathlon, PRIMARK, TK Maxx, Sephora oder UPIM, bei den kleineren Mietern Rituals, Söstene Grene, Hunkemöller und Levi’s. Auch Lebensmittler mit Citykonzepten wie Rewe-To-Go oder die Drogeriemärkte drängen in die Toplagen. Auch die innerstädtische Gastronomie erfährt eine echte Renaissance. „Das kann für viele Städte, die heute einen recht austauschbaren Markenmix beklagen, eine belebende Entwicklung sein“, so Petersen. Angesichts des Strukturwandels im Einzelhandel würden gute Innenstädte auch in Zukunft mit ihrer gewachsenen Magnetfunktion für die Stadt bzw. das Einzugsgebiet erste Anlaufstation gerade für den erlebnisorientierten Handel sein.

Was macht eine Stadt für Händler interessant?

Deutsche Metropolen wie Berlin, München, Düsseldorf und Hamburg gehen im diesjährigen COMFORT City Ranking daher nicht ohne Grund abermals als beste und perspektivreichste Standorte für High-Street-Shopping hervor.

Aber auch mittlere Großstädte wie Nürnberg und Hannover (Platz 6 und 7), bzw. kleinere wie Freiburg, Mannheim und Münster (Platz 8) überzeugen als vitale und belebte Handelszentren, die Retailern mit dem Fokus 1A-Lage hervorragende Perspektiven für stationäre Vertriebskonzepte bieten. Das COMFORT City Ranking unterzieht die wichtigsten 70 Städte einem detaillierten, datenbasierten Benchmarking, das die Leistungsfähigkeit des innerstädtischen Handels misst und vergleicht. Zu den Aufsteigern des Jahres 2017 gehören Bonn (von Platz 13 auf Platz 9), Ulm (von Platz 14 auf Platz 12), Nürnberg (von Platz 8 auf Platz 6) und Leipzig (neu im Top-Ranking auf Platz 13).

Trend zu kürzeren Laufzeiten

An den Spitzenmieten in den Top-Einkaufsstädten hat sich 2017 dennoch wenig geändert. München (370 Euro pro qm und Monat), Berlin (360 Euro) und Hamburg (310 Euro) blieben die teuersten Einkaufsmetropolen für Retailer mit dem Fokus Highstreet. Allerdings sind die Mietpreise in den Städten weiterhin sehr unterschiedlich. In der Liga der Höchstmieten mit Preisen von mehr als 100 Euro pro Monat und qm finden sich 27 Städte (18 %). Mehr als 250 Euro werden sogar nur in den Top-7-Städten (Berlin, Hamburg, München, Frankfurt am Main, Stuttgart, Köln und Düsseldorf) gezahlt. In 58 von 148 Städten liegen die Mieten für kleine Ladenlokale zwischen 50 und 100 Euro pro Monat und qm (40 %). Schließlich werden in 63 Städten Ladenmieten von weniger als 50 Euro gezahlt.
ZARA und Co. haben durch ihre öffentliche Forderung nach kürzeren Laufzeiten bei den Mietverträgen einer seit Jahren geführten Diskussion neue Nahrung gegeben. In der Tat nehmen Abschlüsse mit kürzeren Vertragslaufzeiten spürbar zu. Auch Umsatzmietenkomponenten kommen ebenso stärker zum Tragen und sind ein Indiz dafür, dass die Risiken hin zu den Vermietern verlagert werden. Die klassischen Nebenkosten- und Index- Regelungen stehen ebenfalls – zu Lasten des Eigentümers – unter Druck. „Allerdings scheinen sich die Forderungen großer vertikaler Textiler nach nur drei Jahresverträgen plus Verlängerungsoption bisher noch nicht durchzusetzen“, sagt Petersen.

Investmentmarkt: Rallye hält an

14 Mrd. Euro wurden 2017 in den Erwerb von Handelsimmobilien investiert, noch einmal 1 Mrd. Euro mehr als 2016. Fonds, Pensionskassen, Versicherungen und Family Offices aus dem In- und Ausland hielten die Nachfrage auf hohem Niveau. Steigende Kaufpreise und sinkende Renditen waren stadtgrößenübergreifend die Folge – besonders ausgeprägt in den Top (Top-)7-Städten. So haben die Kaufpreisfaktoren hier fast ausnahmslos den Faktor 28 erreicht (Ausnahme ist Stuttgart) und ansonsten das 30-fache der Jahresmiete überschritten. Damit müssen Anleger nun in 38 deutschen Städten Kaufpreisfaktoren zwischen dem 20- und 27fachen akzeptieren. Viele Akteure passten ihre Allocationsstrategien an und nahmen verstärkt CORE + und Value Add Opportunitäten abseits der A-Städte ins Visier.

„Aufgrund des Produktmangels und der anhaltend großen Nachfrage sind die Renditen für Handelsimmobilien zum Jahresbeginn 2018 übergreifend auf einem Tiefpunkt angekommen. Gute Shoppingcenter und 1A-Handelsimmobilien bilden dabei das untere Ende der Renditen. Daran wird sich auch im Laufe des Jahres wenig ändern“, glaubt Petersen.






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