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11.06.2020 Typischer Baulärm erlaubt keine Mietminderung

Martin Butzmann, Partner der auf Immobilienwirtschaftsrecht spezialisierten Kanzlei ROTTHEGE | WASSERMANN, weist auf ein gestern bekannt gewordenes Urteil des Bundesgerichtshofs hin (Urteil vom 29.04.2020, Az. VIII ZR 31/18). Der Entscheidung lag vereinfacht der folgende Sachverhalt zugrunde:

Ein Wohnraummieter hatte die Miete aufgrund von Baulärm sowie Staub- und Schmutzbelastungen gemindert. Diese Immissionen gingen von der Errichtung eines Neubaus auf einem benachbarten Grundstück durch einen Dritten aus.

Der Vermieter verklagte den Mieter auf Zahlung der einbehaltenen Miete. Das Landgericht Berlin wies die Klage ab. Eine in unmittelbarer Nachbarschaft zur Wohnung betriebene Baustelle zur Errichtung eines Neubaus rechtfertige typischerweise eine Mietminderung.

Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf. Er bestätigte seine Bolzplatz-Entscheidung vom 29.04.2015 (Az. VIII ZR 197/14). Danach begründen bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen nachträglich erhöhte Immissionen durch Dritte jedenfalls dann grundsätzlich keinen zur Mietminderung führenden Mangel einer Mietwohnung, wenn auch der Vermieter sie ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeiten als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss. Rechtsanwalt Butzmann kommentiert: „Der BGH bestätigt hiermit pünktlich zu deren fünfjährigen Jubiläum seine Bolzplatz-Entscheidung! Der BGH beendet damit das sehr unterschiedliche „Landrecht“. Bislang beurteilte die Instanzrechtsprechung ähnlich gelagerte Sachverhalte äußerst unterschiedlich und lehnte dabei die Anwendung der Bolzplatz-Entscheidung teils sogar offen ab.“

Eine vorrangige Beschaffenheitsvereinbarung kann dabei nicht mit dem Argument angenommen werden, die Freiheit von Lärm sei regelmäßig stillschweigend vereinbart. Eine einseitige Vorstellung des Mieters reicht hierfür nicht aus, selbst wenn diese dem Vermieter bekannt ist. Erforderlich ist vielmehr eine in irgendeiner Form zustimmende Reaktion des Vermieters.

Für eine Mietminderung wegen Lärm muss ein Mieter also zwei Dinge darlegen und beweisen: mietrechtlich eine nicht nur unerhebliche Beeinträchtigung der Gebrauchstauglichkeit und nachbarschaftsrechtlich eine wesentliche Beeinträchtigung. Einen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach Neubaumaßnahmen typischerweise zur Minderung berechtigen, gibt es hierbei nicht. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalls.

Beruft sich der Vermieter darauf, keine Entschädigungs- oder Abwehransprüche gegen den Verursacher der Immissionen zu haben, hat er die Umstände vorzubringen und gegebenenfalls zu beweisen, die dazu führen, dass ihm keine Ansprüche gegen diesen zustehen.

Martin Butzmann fasst zusammen: „Bei typischem Lärm von Nachbargrundstücken sind Mietminderungen nun ausgeschlossen. Es wird dabei nicht nach gutem Lärm von spielenden Kindern und bösem Lärm von Baustellen unterschieden. Für Bauherren wird Baulärm billiger: Sie haben keinen Anreiz, Vermietern von vornherein den Ersatz von etwaigen Mietausfällen zuzusagen.“










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