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12.04.2019 Enteignungsdebatte: Der Zorn der Mieter trifft die Falschen

Die Wut der Berliner (und andernorts) über steigende Mieten zielt auf die Falschen. Gewählte Politiker hatten in der Vergangenheit entschieden, öffentliche Wohnungsunternehmen zu privatisieren. Mit dem Verkauf der Wohnungen sollte seinerzeit Geld für den Schuldenabbau und für öffentliche Investitionen freigesetzt werden, die so allen Bürgern der Stadt mittelbar zugutekamen.

Die Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ gibt großen privaten Wohnungsanbietern nun zu Unrecht die Hauptschuld am Mietanstieg. Aber es gibt aktuell keine Anzeichen dafür, dass Wohnungen zu Spekulationszwecken leer stehen. Vielmehr trifft eine steigende Nachfrage auf ein viel zu geringes Angebot. Allein im vergangenen Jahr nahm die Einwohnerzahl Berlins um mehr als 156.000 Personen auf über 3,7 Millionen zu. Die Angebotsmieten in der Stadt erhöhten sich im vergangenen Jahr um etwa sechs Prozent. Damit blieb der Mietanstieg aber immer noch unter der Preissteigerung bei Grundstücken für Wohnbebauung, die um 20 Prozent zulegten. Insgesamt ist das Mietniveau in Berlin im Vergleich zu anderen globalen Metropolen weiterhin sehr moderat, wenngleich sich die Mieten in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt haben.

Bis 2030 werden in Berlin voraussichtlich vier Millionen Menschen leben, sodass schätzungsweise 114.000 neue Wohnungen benötigt werden. Wird auch der Rückstand bei den Fertigstellungen der letzten Jahre eingerechnet, hat Berlin laut Citylab in den nächsten Jahren einen Neubaubedarf von 194.000 Wohnungen.

Um diese Lücke zu schließen, sollten Neubauvorhaben durch Subventionen gefördert und Baugenehmigungen schneller erteilt werden. Bis ausreichend neuer Wohnraum geschaffen ist, können durch den Erwerb von Belegungsrechten preisgünstige Wohnungen für Bedürftige zur Verfügung gestellt werden. Zudem bieten Instrumente wie die Mietpreisbremse und der Mietspiegel durchaus Möglichkeiten, sich gegen Mietwucher zu wehren.

Eine Enteignung oder auch die weitere regulatorische Einschränkung privater Investitionen in den Wohnungsbau wäre das falsche Signal. Laut Schätzungen der Berliner Senatsverwaltung kostete die Enteignung der rund 243.000 Wohnungen etwa 29 bis 36 Milliarden Euro. Geld, das Berlin mit Blick auf die Schuldenbremse nur schwer aufwenden kann und das dann für den dringend benötigten Neubau fehlt.

(Kommentar von Michael Gobitschek, seit 2012 Portfoliomanager des globalen Immobilienaktienfonds SKAGEN m2, einem der Investoren in Deutsche Wohnen)








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