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10.04.2019 Grundsteuer-Reformvorschlag: Keine Einigkeit, keine Rechtssicherheit

Gestern hat der Bundesminister der Finanzen den Referentenentwurf für die Reform der Grundsteuer vorgelegt. Der Entwurf folgt im Wesentlichen dem schon vorliegenden sogenannten Kompromisspapier, mit dem das wertabhängige Modell weitgehend vereinfacht wurde. Bei Wohnimmobilien soll die Bemessungsgrundlage in einem Ertragswertverfahren ermittelt werden. Für die Berechnung der Grundsteuer sollen folgende Daten maßgeblich sein: Die Art der Immobilie (Einfamilienhaus/Zweifamilienhaus/Mehrfamilienhaus), das Alters des Gebäudes, die Wohnflächen, die Mietniveaustufe und der Bodenrichtwert. Der Entwurf soll bis zum 23. April zwischen den Ressorts abgestimmt und am 30. April im Kabinett beraten werden.

Zu diesem Entwurf sagt Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverbandes IVD: „Der Vorschlag wird für viele Abgeordnete und Bundesländer nicht zustimmungsfähig sein. Grundlegende verfassungsrechtliche Fragen sind noch ungeklärt. Ist der Bund überhaupt zuständig? Ist der Vorschlag überhaupt verfassungskonform? Schließlich drohen auch massive Verschiebungen bei Steuerlast und -einnahmen. Es ist sehr bedauerlich, dass die Bundesländer bei diesem wichtigen und kontroversen Thema nicht stärker beteiligt wurden. So hat Bayern auch schon angekündigt, dem Vorschlag nicht zuzustimmen. Minister Scholz hat die Grundsteuerreform in eine Lage manövriert, in der sowohl Bundesrat als auch Bundesverfassungsgericht das Vorhaben kippen könnten. Es herrschen weder Einigkeit noch Rechtssicherheit.“

Zuständigkeit des Bundes

So steht nicht fest, ob dem Bund die Gesetzgebungsbefugnis für eine solche Reform zusteht. Gemäß Art. 76 GG ist der Bund zur Regelung der Grundsteuer nur berechtigt, wenn eine bundeseinheitliche Regelung erforderlich ist. Ob das der Fall ist, ist fraglich. Jede Gemeinde setzt die Steuerhöhe für sich fest und die Grundsteuerberechnung knüpft allein an die Lage des Grundstücks an. Gemäß Art. 125 a GG dürfte der Bund deshalb nur in eingeschränktem Umfang Änderungen an dem geltenden Recht vornehmen. Es könne der Fall sein, dass der Gesetzesentwurf mit der Änderung der Bemessungsgrundlage über diese verfassungsrechtliche Möglichkeit hinausgeht. Die gegenwärtigen Einheitswerte knüpfen an die Mieten an, die geplante Ermittlung des Ertragswertes berücksichtigt auch die Bodenwerte. „Insbesondere aber dürfte die den Gemeinden eingeräumte Möglichkeit, eine Grundsteuer C für baureife Grundstücke einzuführen, über eine bloße Änderung hinausgehen. Eine solche Grundsteuer wurde ja Anfang der 60er Jahren schon einmal abgeschafft“, ergänzt Schick.

Prinzip der Folgerichtigkeit

Auch ist fraglich, ob in dem Gesetzesentwurf nicht gegen das Prinzip der Folgerichtigkeit verstoßen werde. Der einmal gewählte Steuergegenstand darf nicht geändert werden. Pauschalisierungen und Typisierungen, wie sie im Gesetzesentwurf zur Wertfestsetzung vorgesehen sind, sind nur insoweit zulässig, wie dies zur Durchführung der Besteuerung erforderlich ist. Eine Mischung des wertabhängigen Modells mit dem Flächenmodell ist dagegen nicht zulässig. „Der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts lautet, dass bei der Berechnung der Grundsteuer die Wertunterschiede zwischen den Grundstücken relationsgerecht abgebildet werden sollen. Ob die Typisierungen diesen Auftrag besser erfüllen als die Einheitswerte, ist mehr als ungewiss“, kommentiert Schick.

Verschiebung der Steuerlast

Das wertabhängige Modell wird außerdem zu erheblichen Verschiebungen der Steuerlast führen. Es ist daher zu befürchten, dass diejenigen Bürger, die durch das neue Modell erheblich stärker belastet werden als bisher, dagegen protestieren werden. „Wer den sozialen Frieden in diesem Land erhalten will, sollte deshalb ein Modell wählen, das zu keinen übermäßigen Verschiebungen und Spreizungen bei den Belastungen führt. Dies wäre bei dem wertunabhängigen Flächenmodell gewährleistet. Es wäre auch, anders als das wertabhängige Modell, ohne großen Verwaltungsaufwand konsequent und folgerichtig umsetzbar. Einzige Bedingung dafür wäre, durch eine Änderung des Grundgesetzes die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes herzustellen“, sagt Schick und ergänzt: „Es ist ein riskantes Manöver, eine Änderung des Grundgesetzes dadurch vermeiden zu wollen, dass man wieder ein wertabhängiges Modell wählt, das man aber wegen des Verwaltungsaufwandes nicht konsequent umsetzen kann.“







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