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01.04.2019 Mietendeckel: Land Berlin überschreitet Kompetenzen

Der jüngste Vorschlag der Berliner Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (LINKE), zum sogenannten „Mietendeckel“ überschreitet die Kompetenzen des Landes Berlin. Senatorin Lompscher hatte den Vorschlag eines Mietendeckels vorgelegt, vom „Einfrieren“ der Mieten war die Rede, eine Arbeitsgruppe soll nun bis zur Sommerpause Eckpunkte entwickeln. Für Regelungen des Zivilrechts – und darunter ist auch das Mietrecht gefasst – ist allerdings eindeutig der Bund zuständig.

In Art. 74 des Grundgesetzes sind Regelungen der konkurrierenden Gesetzgebung formuliert, also die Bereiche in denen die Länder gesetzgeberisch tätig werden können, wenn der Bund seine Gesetzgebungskompetenz nicht genutzt hat. Bezüglich der Regulierung von Mietpreisen trifft dies explizit nicht zu.

Dr. Markus Boertz, Rechtsanwalt und Of Counsel bei der auf Immobilienrecht spezialisierten, Kanzlei bethge | immobilienanwälte.steuerberater.notar: „Durch die Regulierung von Mietpreisen in den Paragraphen § 556d ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches hat der Bund seine Gesetzgebungskompetenz auf diesem Gebiet ausgeübt. Da er dort einen bestimmten Mietpreisdeckel eben gerade nicht in das Gesetz eingebracht hat, obwohl es diese Diskussion ja schon länger gibt, hat er gleichsam seine Kompetenz negativ durch Nichtregelung wahrgenommen. Diese Entscheidung kann jetzt durch den Landesgesetzgeber nicht dadurch revidiert werden, dass man auf Landesebene einen Mietdeckel einführt, den der Bund so nicht regeln wollte. Mit dem Erlass dieser mietrechtlichen Vorschriften ist daher eine abschließende Regelung zur Begrenzung von Mietpreisen getroffen worden.“

In diesem Fall relevant: Das Grundgesetz unterscheidet zwischen Wohnungswesen und gesetzlichen Regelungen zur vertraglichen Miethöhe

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde unter dem Eindruck der Wohnungsnot und der Notwendigkeit des Wiederaufbaus das Wohnungswesen der konkurrierenden Gesetzgebung zugeordnet. Durch Erlass entsprechender Gesetze zog zunächst der Bund die Zuständigkeit an sich. Mit der Föderalismusreform 2006 wurde das Wohnungswesen aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG entfernt und fällt seitdem in den Zuständigkeitsbereich der Länder. Das Wohnungswesen umfasst öffentlich-rechtliche Maßnahmen zur Wohnraumbeschaffung und Wohnraumnutzung, dazu zählen auch die soziale Wohnraumförderung und das Zweckentfremdungsverbot.

Wohnungsförderungs- und Wohnungsbindungsgesetze wurden seitdem von den meisten Ländern erlassen. Berlin hat für den sozialen Wohnungsbau 2011 das „Wohnraumgesetz Berlin“ erlassen und dieses mit dem „Berliner Wohnraumversorgungsgesetz“ 2016 ergänzt. Auch das 2014 eingeführte und 2018 aktualisierte „Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung“, durch das auf Basis städtebaulicher Verträge konsensual Mietregelungen getroffen werden können, konnte aufgrund der Kompetenz der Länder ergehen.

Boertz: „Diese Gesetze betreffen den Bereich des öffentlichen Wohnungswesens. Die Gesetzgebungskompetenz für das bürgerliche Recht als Regelungskompetenz für Miethöhenvorschriften für alle Mietverträge bleibt davon unberührt weiter in den Händen des Bundes.“

Mit dieser Gesetzgebung haben die Länder selbst zum Ausdruck gebracht, dass sie ihre Regelungskompetenz als Ermächtigung limitiert auf den Bereich des öffentlichen Wohnungswesens verstanden haben. Der vorliegende Vorschlag der Berliner Senatorin Lompscher missachtet die bestehende Gesetzgebungskompetenz des Bundes – zu dieser Einschätzung gelangte auch der Wissenschaftliche Dienst des Deutschen Bundestages in seinem Bericht vom 5. Februar 2019 (Aktenzeichen WD 3 – 3000 – 029/19).

Das Land Berlin überschreitet mit dem Vorschlag zum Mietendeckel seine Kompetenzen und wird damit – spätestens vor dem Bundesverfassungsgericht – scheitern.








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