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15.03.2019 Bestellerprinzip oder Grunderwerbsteuerentlastung? Beides!

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) macht Nägel mit Köpfen: Nachdem sie vor Monaten angekündigt hatte, das Bestellerprinzip auch bei Kaufimmobilien einführen zu wollen, hat sie nun einen entsprechenden Referentenentwurf vorgelegt. Demnach soll – wie dies seit 2015 bereits bei Mietwohnungen der Fall ist – der Makler von demjenigen bezahlt werden, der ihm den Auftrag erteilt hat. Weil das in aller Regel der Verkäufer ist, würden Käufer von der Provision entlastet, die derzeit je nach Bundesland bis zu 7,14 Prozent des Kaufpreises beträgt.

Der Vorschlag stößt keineswegs überall auf Begeisterung. Nicht nur die Maklerverbände laufen Sturm gegen die Einführung des Bestellerprinzips, sondern auch der Koalitionspartner der SPD äußert sich skeptisch. Es gebe, heißt es bei der Union, andere Instrumente, die deutlich geeigneter seien, um eine Kostenentlastung beim Erwerb von Wohneigentum zu erzielen – beispielsweise die Senkung der Grunderwerbsteuer oder ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer.

Doch die Alternative „Bestellerprinzip versus Grunderwerbsteuerentlastung“ ist falsch. Vielmehr braucht es beide Maßnahmen, um die im internationalen Vergleich sehr hohen Kaufnebenkosten in Deutschland zu reduzieren und es so endlich mehr Haushalten zu ermöglichen, eine eigene Immobilie zu erwerben. Besonders wichtig ist die Senkung der Nebenkosten, weil die Wohnimmobilienpreise ungebremst weiter steigen: Laut dem „Frühjahrsgutachten Immobilienwirtschaft 2019“ des Rates der Immobilienweisen haben sich die Preise von Eigentumswohnungen im vergangenen Jahr im bundesweiten Durchschnitt erneut um 8,2 Prozent verteuert.

Parallel dazu sind die Kaufnebenkosten weiter nach oben geklettert. Die Maklerprovision wirkt sich dabei besonders gravierend aus. In Berlin beispielsweise müssen Käufer einer 400.000 Euro teuren Wohnung in der Regel nicht weniger als 28.560 Euro an den Makler überweisen. Weil die Nebenkosten von den Banken nicht finanziert werden, erweist sich die Maklercourtage für immer mehr kaufwillige Haushalte als unüberwindbare Hürde.

Nun behaupten allerdings die Gegner des Bestellerprinzips, dessen Einführung würde die Käufer gar nicht entlasten. Vielmehr würden die Verkäufer die Provision einfach auf den Verkaufspreis draufschlagen. Das wiederum hätte laut diesen Stimmen zur Folge, dass die Erwerber sogar noch tiefer in die Tasche greifen müssten, da proportional zum Kaufpreis auch Grunderwerbsteuer und Notargebühr weiter steigen würden.
Doch diese Argumentation ist falsch. Eine Untersuchung des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) zeigt, dass in den europäischen Ländern, in denen das Bestellerprinzip bereits gilt, die Provision deutlich niedriger ist als in Deutschland. In den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Schweden müssen Hausverkäufer demnach nur mit einer Provision von zwei Prozent des Kaufpreises kalkulieren.

Kein Zweifel: Auch hierzulande würde die Courtage sinken. Denn in den Ballungsräumen (und in der ganzen Diskussion geht es ja schwerpunktmäßig um die Regionen mit stark anziehenden Preisen) hat der Verkäufer gegenüber dem Makler eine starke Verhandlungsposition. Das unterscheidet ihn grundlegend vom Käufer, der im derzeitigen Marktumfeld eine hohe Provisionsforderung wohl oder übel akzeptieren muss, wenn er den Zuschlag für seine Wunschimmobilie bekommen will. Der Verkäufer hingegen kann unter mehreren konkurrierenden Maklern auswählen. Diese werden dem Verkäufer deshalb ein attraktives Angebot machen müssen, um den Vermarktungsauftrag zu erhalten – sonst entscheidet sich der Verkäufer für einen Wettbewerber mit günstigeren Konditionen.

Dieser Zusammenhang ist übrigens auch den Maklerverbänden bewusst. Warum würden sie sonst so laut gegen die Einführung des Bestellerprinzips protestieren? Wenn sie ihre Provision statt von den Käufern einfach von den Verkäufern bekommen würden, hätten sie ja keinen Grund zum Widerstand. Aber sie wissen, dass ihre Provisionserlöse sinken werden.

In einem Punkt haben die Kritiker der Pläne von Bundesjustizministerin Barley jedoch recht: Will der Staat ernst machen mit der Senkung der Kaufnebenkosten, darf er nicht nur die Makler in die Pflicht nehmen, sondern muss auch selber einen Beitrag leisten. Ansetzen muss er bei der Grunderwerbsteuer, die in den letzten Jahren in 14 der 16
Bundesländer angehoben worden ist. Hier ist eine Begrenzung beispielsweise auf drei Prozent erforderlich, die kombiniert wird mit einem Freibetrag für Käufer von selbstgenutzten Immobilien. Das ist keine utopische Forderung, sondern entspricht der Koalitionsvereinbarung von CDU, CSU und SPD. „Wir prüfen“, heißt es darin nämlich, „einen Freibetrag bei der Grunderwebsteuer beim erstmaligen Erwerb von Wohngrundstücken für Familien.“

Beim Prüfen darf es aber nicht bleiben. Vielmehr müssen endlich alle Beteiligten ihren Beitrag leisten, damit die Chancen des anhaltend niedrigen Zinsniveaus genutzt werden können. Wir brauchen mehr Immobilieneigentümer, die keine Angst vor ständig steigenden Mieten mehr haben müssen und die gleichzeitig einen Teil ihrer Altersvorsorge in die eigenen Hände nehmen. Um dieses Ziel zu erreichen, hilft kein Schwarze-Peter-Spiel. Es muss deshalb Schluss sein mit der Forderung, die jeweils andere Seite müsse sich bewegen. Stattdessen ist es höchste Zeit für eine konzertierte Aktion aller Verantwortlichen: Wir brauchen sowohl die Einführung des Bestellerprinzips als auch die Begrenzung der Grunderwerbsteuer.

(Kommentar von Michael Ost, Vorsitzender des Vorstands der Deutsche Bank Bauspar AG)








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