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24.09.2018 Gipfel mit bescheidener Aussicht: Wohnungspolitik bleibt im Ungefähren

Frau Merkel rief ins Kanzleramt. Geboten am 21. September 2018 wurde ein Gipfel mit eher bescheidener Aussicht. Die Wohnungspolitik der GroKo verharrt im Ungefähren. Immerhin: Fünf Milliarden Euro Zuschüsse vom Bund für 1,5 Millionen neue Wohnungen soll es bis 2021 regnen. Gefeiert als größte Anstrengung zur Beschaffung von bezahlbarem Wohnraum, die in Deutschland jemals unternommen worden sei, ist ansonsten weitestgehend Bekanntes aus dem Koalitionsvertrag zu hören. Eine zumindest erstaunliche Interpretation deutscher Wohnbaugeschichte beim Blick zurück auf die 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts.

Doch bleiben wir bei den Fakten. Es gibt zukünftig mehr Geld für die unterschiedlichsten Belange wie den sozialen Wohnungsbau, das Wohngeld für Menschen mit geringen Einkommen und auch die Bausparer, die zukünftig Wohneigentum erwerben wollen, werden bedacht. Bedürftigen mit Wohngeld und weiteren Sozialwohnungen Unterstützung zu geben, ist richtig – die Stadt lebt auch von der Vielfalt. Das eigentliche Schwerpunktthema des Gipfels aber, die kurzfristige Schaffung von mehr Wohnraum, kommt deutlich zu kurz. Es helfen nur Neubau in den Städten und eine Analyse der Frage, warum es die Menschen in die Städte zieht. Vermisst haben wir insofern das Thema Verbesserung der Infrastruktur und der Stadt-Land-Verbindung. Nicht gehört haben wir, dass die Verkürzung von Planungsprozessen auch Einschränkungen der aktuell mannigfaltigen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung bedeuten wird. Hier ist das demokratische System aktuell in Ungleichgewicht geraten, weil sowohl neue Infrastruktur als auch neue Wohngebiete in den Großstädten gegen massive lokale Widerstände entstehen.

Sicher, eine Sonderabschreibung von 4 mal 5% bei Errichtung eines Mietwohnhauses für Baukosten bis 3.000 Euro/m² ist ein guter Schritt in die richtige Richtung. Aber ob dies angesichts der hohen Baupreise, vor allem in den Ballungsgebieten, zu nachhaltigen Erfolgen führt, darf bezweifelt werden.

Auch die weiteren Themen, die angefasst werden sollen, wie zum Beispiel das Baukindergeld, die schnellere Bereitstellung von bundeseigenen Grundstücken sowie die Maßnahmen zur Baukostensenkung und das weitere Vorantreiben des seriellen und modularen Bauens, werden die kurzfristigen Probleme nicht lösen. Damit mehr und schneller gebaut werden kann, sollen zudem die Verfahren beschleunigt und vereinfacht werden. Zur Erarbeitung einer Musterbauordnung haben sich die Bundesländer verpflichtet. Aber auch hier ist eine schnelle Lösung eher nicht zu erwarten. Es darf in diesem Kontext nicht vergessen werden, dass viele neu geschaffene öffentliche Stellen, die mit dem Neubau und Bestand von Immobilien zu tun haben, aufgrund der aktuellen Marktsituation eher nicht kurzfristig besetzt werden können.

Bei der Diskussion von Share Deals kommt aus unserer Sicht zu kurz, dass die Motive für diese Strukturierung hausgemacht sind: Die massive Erhöhung der Grunderwerbsteuer durch die Länder in wenigen Jahren von 3,5% auf teilweise 6,5% benachteiligt alle Eigentümer und Käufer von Immobilien. Auch kein Immobilienprofi liebt den Share Deal – er ist kompliziert, risikoreich und beinhaltet jede Menge Prüfungsaufwand. Die Attraktivität des Share Deals könnte man durch eine Senkung in den Bereich des Ausgangswertes deutlich senken – bei vermutlich nur leicht zurückgehendem Steueraufkommen. Eine Senkung der Grunderwerbsteuer würde auch die Finanzierbarkeit für den normalen Bürger bei der Eigentumsbildung erleichtern. Dies wäre in Zeiten eines Nettoüberschusses eine effektive Verbesserung der Erwerbsmöglichkeiten für die Bürger.

Ein Punkt, der bereits im Vorfeld diskutiert wurde und der sich jetzt auch im Ergebnispapier der Bundesregierung wiederfindet ist die Verlängerung des Betrachtungszeitraums der Mietspiegel von 4 auf 6 Jahre. Aus unserer Sicht ist zu bezweifeln, dass die erwartete Dämpfung der Mieten bei der geplanten Verlängerung überhaupt so hoch wie gedacht ausfallen wird. Zumindest auf der zugrundeliegenden Datenbasis der bisherigen Ermittlung der Mietspiegel. Beispielsweise sind im aktuellen Berliner Mietspiegel bei einer Grundgesamtheit von rd. 1,382 Mio. Wohnungen nur 12.737 Datensätzen zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete eingeflossen. Dies entspricht 0,92% der Grundgesamtheit. Bei aller wirtschaftlichen Anerkennung der Methodik lässt sich darüber streiten, wie repräsentativ dies für eine Metropole wie Berlin überhaupt ist. Sicherlich würde eine Verlängerung des Betrachtungszeitraums zu einer höheren Grundgesamtheit führen, aber das Mietpreiswachstum hat in den meisten Großstädten bereits schon vor 6 Jahren begonnen. Daher kann eine stark dämpfende Wirkung mit dem längeren Betrachtungszeitraum bezweifelt werden. Zudem wird damit das Problem des fehlenden Neubaus weiter auf den Schultern der bisherigen Eigentümer von Mietwohnungen abgeladen, ohne das nur eine Wohnung neu gebaut wird.

Der Gipfel war Spätsommertheater mit Symbol-Charakter. Und Politik braucht Symbole dieser Art. Nun aber ist der Vorhang erstmal gefallen und die eigentliche Arbeit muss beginnen. Hoffen wir, dass nicht nur Sisyphos seinen Felsblock den Berg empor wuchtet.

(Kommentar von Dr. Konstantin Kortmann, Head of Residential Investment JLL Germany und Roman Heidrich, Team Leader Valuation Transaction Advisory Berlin)








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