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09.05.2022 Bundestag: Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten ohne Nutzen

Das Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten steht am heutigen Montag auf der Tagesordnung des Bundestagsausschusses für Wohnen, Stadtentwicklung, Bauwesen und Kommunen. Grundlage ist ein Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke zur Wiederherstellung des kommunalen Vorkaufsrechts in Milieuschutzgebieten (Neues Vorkaufsrecht-Gesetz, 20/679). Am Rande wird es sicherlich auch um einen Referentenentwurf des Bundesbauministeriums gehen, der einen eigenen Vorschlag zur Gewährung eines Vorkaufsrechts beinhaltet, auch wenn dieser noch nicht offiziell ist. Dazu Jürgen Michael Schick, Präsident des Immobilienverband Deutschland IVD I Die Immobilienunternehmer:

„Wir erkennen den Nutzen eines kommunalen Vorkaufsrechtes nicht. Ein öffentlicher Vermieter ist nicht besser als ein privater Vermieter. Beide sind an das Wohnraummietrecht gebunden, das stark auf den Mieterschutz ausgerichtet ist. Es gibt in der Regel kaum Mieterhöhungspotenziale, vor denen man die Mieter schützen müsste. Zudem sind Mieterhöhungen aufgrund weitgehender Modernisierungsverbote in Milieuschutzgebieten ohnehin so gut wie ausgeschlossen. Wird das Objekt von der öffentlichen Hand erworben, heißt es nicht, dass die wenigen Mieterhöhungspotenziale nicht auch genutzt werden. Denn schließlich muss auch der Staat ein Mindestmaß an Wirtschaftlichkeit beachten.

Sicher ist der Mieter vor jedweder Veränderung meistens nur, wenn der Käufer eine Abwendungsvereinbarung unterzeichnet, mit welcher zwischen der vorkaufsberechtigten Kommune und dem Käufer der Status quo vereinbart wird, um das Vorkaufsrecht abzuwenden. An dieser Stelle muss sich die Politik die Frage gefallen lassen, ob das Beharren auf eine sozial motivierte Konservierung des Status quo mit der Klima- und Wohnungspolitik vereinbar ist. Man kann nicht auf der einen Seite den Klimanotstand ausrufen und auf anderen Seite immer mehr Gebäude im Innenstadtbereich in Sachen Klimaschutz zu Unberührbaren deklarieren.

Grotesk ist auch, dass in den Erhaltungsgebieten nicht nur energetische Modernisierungen weitgehend ausgeschlossen sind, sondern auch altengerechte Umbauten. Das führt zur Verdrängung älterer Menschen aus ihrem gewohnten Wohnumfeld. Damit erreicht die Politik genau das Gegenteil von dem, was sie eigentlich erreichen will. Diesen Zielkonflikt muss die Politik lösen.

Abgesehen davon ist es falsch, aus politischen Opportunität den zweiten vor dem ersten Schritt zu tun. Im Koalitionsvertrag ist ein Prüfauftrag zum Vorkaufsrecht enthalten, mit dem zunächst die Notwendigkeit, das kommunale Vorkaufsrecht wiederherzustellen, bewiesen werden soll. Dieser Prüfauftrag ist noch nicht erledigt.“

Aus unserer Sicht sollten die finanziellen Mittel, die für die Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts eingesetzt würden, in den Wohnungsbau investiert werden. Der Kauf einer Bestandsimmobilie durch den Staat bringt keine einzige Wohnung mehr. Neubau ist aber bitter nötig, um die Zielstellung von 400.000 Wohnungen pro Jahr zu erreichen.

Zum Hintergrund: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hatte in seinem am 9. November 2021 gefällten Grundsatzurteil die Vorkaufsrechtspraxis des Landes Berlin in sozialen Erhaltungsgebieten für rechtswidrig erklärt. Das Vorkaufsrecht für Grundstücke in Milieuschutzgebieten dürfe nicht auf Grundlage der bloßen Annahme ausgeübt werden, dass der Vermieter Mieterhöhungspotenziale nutzen und so dem Zweck der Erhaltungssatzung zuwiderlaufen könnte. Neben dem Gesetzentwurf der Fraktion die Linke ist auch ein Referentenentwurf von Bundesbauministerin Klara Geywitz in der Diskussion. Dieser Entwurf befindet sich derzeit in der Abstimmung mit anderen Ministerien. Beide Gesetzentwürfe zielen darauf ab, das Vorkaufsrecht in Milieuschutzgebieten wiederherzustellen, wobei der Entwurf aus dem Bundesbauministerium deutlich schärfer ist als der Entwurf der Fraktion Die Linke.

Wenn es nach dem Bundesbauministerium geht, soll die Kommune in Erhaltungsgebieten ein unbedingtes Vorkaufsrecht erhalten, also unabhängig von der Frage, ob sich der künftige Verkäufer an die Vorgaben im Erhaltungsgebiet hält oder diese übererfüllt. „Dass das Bundesbauministerium einen schärferen Gesetzentwurf auf den Weg bringt, hätte sich die Die Linke wahrscheinlich auch nicht erträumen lassen“, so Schick abschließend.






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