News RSS-Feed

13.03.2018 Mehr als BIM: Bauwirtschaft arbeitet am digitalen Zwilling

Unter dem Motto "Brennpunkt Digitalisierung" präsentiert die IG Lebenszyklus Bau ihr Jahresprogramm 2018. Fazit: Die Anwendung von Building Information Modeling (BIM) alleine ist zu wenig, um den Nutzen digitaler Technologien im Gebäudelebenszyklus maximal ausschöpfen zu können. Einzelne Gewerke seien in der Anwendung digitaler Technologien zwar schon sehr weit, jetzt gehe es aber darum, diese funktional miteinander zu verknüpfen. "Wir laufen Gefahr, mit einzelnen Insellösungen an den Bedürfnissen von Bauherren und Nutzern vorbei zu entwickeln, wenn wir jetzt nicht beginnen, eine gewerksübergreifende Gesamtfunktion zu definieren", betont Karl Friedl, Sprecher der IG Lebenszyklus Bau, M.O.O.CON.

Mehr als 50 Unternehmen und rund 100 Personen aus der Bau- und Immobilienwirtschaft erarbeiten 2018 daher die dafür notwendigen Grundlagen in technischer, organisatorischer, rechtlicher und kultureller Hinsicht. Im Rahmen des eigens gegründeten DBS-Clubs (Digital Building Solutions) wird zudem an Prototypen zu konkreten Anwendungsfeldern gearbeitet. Und mit der Ausschreibung des Lebenszyklus-Awards 2018 schließt sich der Kreis dann in Richtung praktische Umsetzung: Zum zweiten Mal in Folge werden in Kooperation mit dem Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie (bmvit), der Wirtschaftskammer Österreich und weiteren Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft Bauherren und Institutionen für eine hohe Prozess-, Kultur- und Organisationsqualität bei der Planung, Finanzierung, Errichtung und Bewirtschaftung ihrer Hoch- und Infrastrukturbauten ausgezeichnet.

"Anders als bei anderen Auszeichnungen der Branche, steht beim Lebenszyklus-Award nicht so sehr das Ergebnis, sondern viel mehr der Prozess im Mittelpunkt," betont Juryvorsitzender Gerald Goger von der TU Wien. Denn, so die These: Stimmt der Prozess, so stimmt auch das Ergebnis. Bis 31. Mai 2018 können Bauherren, Institutionen und Gemeinden Neubauten und Revitalisierungen aus dem Hoch- und Tiefbau im gesamten deutschsprachigen Raum einreichen. Lebenszyklusorientierte Infrastrukturprojekte werden zudem eigens mit einem "Special-Award" ausgezeichnet.

Auch in den vom Verein jährlich organisierten Arbeitsgruppen werden heuer aktuelle Fragen der Digitalisierung vor dem Hintergrund entsprechender Prozess-, Kultur- und Organisationsqualitäten bearbeitet.

Digitale Knochenarbeit

"Abseits von neuen Tools, Start-Ups und Innovation-Hubs sind es die notwendigen Vorarbeiten, Bereinigungen, Konsolidierungserfordernisse, etc. in unseren Systemarchitekturen, Datenbeständen und Prozessmodellen, auf die wir den Fokus legen müssen. Das ist harte Knochenarbeit, die jemand leisten muss", ist Erich Thewanger, KPMG, überzeugt. Gemeinsam mit Michael Karl, DELTA, Experte für IT und Datenschutz, leitet Thewanger die Arbeitsgruppe "IT & Digitalisierung", in deren Rahmen die derzeit absehbaren Trends, Entwicklungen, Möglichkeiten und Risiken der Digitalisierung auf die Realität der derzeitigen Arbeitsumgebungen und (IT-) Systemen projiziert werden sollen.

Agile Netzwerke im Hoch- und Infrastrukturbau

"In der Bauwirtschaft bedarf es einer stärkeren Zusammenführung zwischen den Gewerken, einer Vertrauenskultur sowie einer klaren Definition jener Möglichkeiten, die durch Digitalisierung für Bauherren entstehen", hält Wolfgang Kradischnig, DELTA, fest, als er den Fokus der von ihm und Karl Friedl geleiteten Arbeitsgruppe verrät, welche sich mit den strukturellen und kulturellen Herausforderungen vor dem Hintergrund der Digitalisierung beschäftigt. Im Sinne agiler Netzwerke werden die Chancen und Potenziale des dynamischen Modells eines digitalen Zwillings "as it is" über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes bearbeitet.

Und auch der Infrastrukturbereich kommt bei der IG Lebenszyklus Bau 2018 nicht zu kurz: Die Verbesserung der Kooperation bei Bauprojekten ist Kernthema der von Walter Purrer geleiteten Arbeitsgruppe "Agilität im Infrastrukturbau", deren Ziel die Umsetzung erarbeiteter Grundlagen zur Verbesserung der Kooperation in der Bauwirtschaft ist.

Rechtliche Fragen sind zu lösen

Digitale Projektlösungen schaffen nicht nur eine hohe Nachvollziehbarkeit, Sicherheit und Transparenz, sondern werfen auch eine Menge rechtlicher Fragen und Problemstellungen auf. "Um das technische und wirtschaftliche Potenzial digitaler Möglichkeiten voll ausschöpfen zu können, müssen wir die rechtlichen Voraussetzungen und Rahmenbedingungen abstecken und klären", beschreibt Stephan Heid, Heid Schiefer Rechtsanwälte, das Ziel der von ihm geleiteten Arbeitsgruppe. Der in Arbeit befindliche Leitfaden werde sich unter anderem mit der vertraglichen Einbettung von digitalen Lösungen, dem Umgang mit Lizenzen und Nutzungsvereinbarungen (insbesondere Erteilung/Regelung von Nutzungsrechten und Nutzungsbewilligungen) sowie mit dem Recht der Datenverarbeitung (Datenschutzgesetz und EU Datenschutz Grundverordnung - DSGVO) beschäftigen.

Künftige Energiesysteme werden komplexer

Sollen die Ziele zum Klimaschutz erreicht werden, müssen sich neben effizienten Gebäuden auch unsere Energiesysteme ändern. Werden lokale erneuerbare Energieträger verstärkt eingesetzt, so werden die Systeme komplexer, da die Erzeugung dezentraler erfolgt. Einerseits ist für das Funktionieren solcher Systeme ein gutes Demand Side Management nötig, aber auch andere Prozesse und Geschäftsmodelle, da mehr Stakeholder involviert und die Erstinvestitionen meist höher sind. Dafür sind aber die laufenden Kosten durch die kostenfreien Energieträger niedriger. "Eine lebenszyklusorientierte Betrachtung dieser Systeme macht vor diesem Hintergrund Sinn", so Margot Grim von der e7 Energie Markt Analyse, die heuer die betreffende Arbeitsgruppe "Lebenszyklusorientierte Energiesysteme für den Gebäudeverbund mit lokalen, erneuerbaren Energieträgern" leitet. In dieser Gruppe sollen solche Methoden und Geschäftsmodelle erarbeitet werden, um Entscheidungsträgern hilfreiche Instrumente für ihre Projekte in die Hand zu geben.

DBS-Club 2018: Prototypen für die digitale Bau- und Immobilienwirtschaft

Die 2017 von der IG Lebenszyklus Bau ins Leben gerufene Start-Up-Initiative Digital Building Solutions (DBS) hat gezeigt, dass allem voran definiert werden muss, wo die größten Chancen und Potenziale in der Branche im Hinblick auf digitale Lösungen liegen. Aufbauend auf den Erfahrungen aus dem Vorjahr, wurde jetzt der DBS-Club als permanenter Innovation Hub für die Baubranche gegründet.

Im Rahmen des intensiven Workshop-Programms erarbeiten Unternehmen aus allen Bereichen des Gebäudelebenszyklus 2018 unter Einbindung von Start-Ups und Experten verschiedenster Branchen konkrete Prototypen in den Bereichen Blockchain/AI/Robotic, Digitaler Zwilling, automatisierte Bestellprozesse, digitale Gebäude- und Anlageninformationen sowie die Entwicklung kultureller Voraussetzungen im Rahmen von agilen Netzwerken.

Die Präsentation der Ergebnisse aller Arbeitsgruppen sowie die Verleihung des Lebenszyklus-Awards finden im Rahmen des Forum Infrastruktur am 16. Oktober 2018 im bmvit und des Kongresses der IG Lebenszyklus Bau am 14. November 2018 in der Wirtschaftskammer Österreich in Wien statt.








Leserumfrage
Wir schätzen Ihre Expertenmeinung!
Hier ist unsere Leserumfrage:
schnell & unkompliziert
Jetzt starten!