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04.11.2016 Crowdinvestments in Immobilienprojekte

Bislang war es institutionellen Investoren wie bspw. Banken oder Investmentfonds vorbehalten, von Investments in attraktive und renditestarke Immobilienprojekte zu profitieren. Private Kleinanleger blieben hierbei außen vor, da sie im Gegensatz zu professionellen Großanlegern nicht über das notwendige Investmentvolumen verfügten. Nun bieten Crowdinvesting-Plattformen im Internet auch Kleinanlegern die Möglichkeit, über geringe Mindestinvestments an Zinskonditionen teilzuhaben, die vormals überwiegend Profis vorbehalten waren.

Während ein institutioneller Anleger bisher alleine eine große Summe in Immobilienprojekte investierte und attraktive Zinsen für sich beanspruchen konnte, bietet Crowdinvesting inzwischen die Möglichkeit, dass viele Kleinanleger gemeinsam die entsprechende Summe aufbringen und jeder Investor von Top-Renditen profitiert. Die Investitionen fließen dabei ohne Umwege direkt in die geförderten Projekte, ohne dass Intermediäre ihren Teil der Summe einbehalten.

Außerdem haben die Investoren – im Gegensatz zu anonymen Immobilienfonds – transparenten Zugang zu zahlreichen Informationen rund um das von ihnen gewählte Immobilienprojekt. Die Nutzung der insgesamt 15 Crowdinvesting-Plattformen in Deutschland und Österreich ist für den Investor kostenlos, die Plattformen selbst finanzieren sich über projektspezifische Vermittlungsgebühren, die ausschließlich die Projektentwickler zahlen. Die beiden populärsten Plattformen sind dabei Exporo und Zinsland. Sie sind seit 12/2014 bzw. 03/2015 online und verfügen bislang über das größte Angebot an Immobilienprojekten. Die Zinsen der einzelnen Projekte reichen von 3,5% bis 7% p.a. bei Laufzeiten von in der Regel ein bis zwei Jahren, die Mindestinvestition in ein Projekt liegt meist bei 500 Euro. Für natürliche Personen sind die Investments pro Projekt zudem auf 10.000 Euro nach oben beschränkt.

Wieso finanzieren Projektentwickler ihre Projekte zu Teilen über Crowdinvesting-Plattformen?

Typischerweise finanzieren Projektentwickler den Neubau oder die Revitalisierung einer Immobilie größtenteils mit Hilfe von Fremdkapital über eine Bank. Aufgrund gesetzlicher und regulatorischer Vorgaben ist dies jedoch in der Regel nur bis 70-80% möglich. Dies ist der Grund, weshalb üblicherweise professionelle Großanleger hinzugezogen werden, die einen Teil des benötigten Eigenkapitals (sog. Mezzanine-Kapital) beisteuern. Dieses zusätzliche Kapital kann in Form eines qualifizierten nachrangigen Darlehens ausgestaltet sein, so dass es aufgrund des qualifizierten Rangrücktritts nicht zurückgefordert werden kann, wenn dies zu einer Insolvenz des Darlehensnehmers führen würde. Die größtenteils privaten Investitionen im Rahmen des Crowdinvesting stellen für die Projektentwickler daher eine wichtige Quelle für Eigenkapital dar, um ein vergleichsweise günstiges Bankdarlehen erhalten zu können.

Nachrangdarlehen: Vorsicht ist geboten

Beim Crowdinvesting investieren Sie Ihr Geld in Form eines solchen Nachrangdarlehens, gehen also auch das Risiko eines Totalverlustes ein, da Ihr Investment nachrangig als Fremdkapital anzusehen ist. Dieser Extremfall kann bspw. dann eintreten, wenn die Kosten der Projektentwicklung weit höher als ursprünglich geplant ausfallen oder wenn von einem zu hohen Verkaufspreis der Immobilie ausgegangen wurde. Um dieses Risiko weitestgehend zu minimieren, arbeiten die Crowdinvesting-Plattformen, insbesondere Zinsland, nur mit etablierten Projektentwicklern zusammen, die zahlreiche Projekte erfolgreich abgeschlossen haben und über einen langjährigen Track-Record verfügen. Wer die Sicherheit weiter erhöhen möchte, sollte überdies nur Projekte in Betracht ziehen, die per Grundschuldeintrag rückhaften, was jedoch nur bei wenigen Projekten der Fall ist. Andererseits bedingt das erhöhte Risiko auch die hohen Zinsen, die vor dem Hintergrund der meist relativ kurzen Laufzeiten besonders attraktiv sind. Ein weiterer Grund für die hohen Zinsen sind zudem die geringeren Verwaltungskosten der Online-Plattformen verglichen bspw. mit Immobilienfonds. Übrigens: Investoren, die eigenkapitalähnliche Finanzierungen zur Verfügung stellen, genossen in der Immobilienbranche schon immer hohe Zinsen.

Verzinsung und Besteuerung

Die Laufzeit der Projekte ist meist direkt mit dem Darlehenszeitraum gleichzusetzen. Die Verzinsung der Investments erfolgt in der Regel endfällig und der Investor erhält seinen Darlehensbetrag samt erzielten Zinsen nach Ablauf der Projektlaufzeit auf sein Referenzkonto ausgezahlt. Ein Projekt mit einer Laufzeit von 18 Monaten und einem Zinssatz von 7% p.a. erzielt so also Zinsen in Höhe von 10,5% des Darlehensbetrages. Die Besteuerung der Kapitalerträge behandeln die Plattformbetreiber unterschiedlich: Während bspw. Exporo keine Steuern abführt, werden bei Zinsland auf die Erträge Abgeltungsteuer, Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer erhoben. Zudem ist bei Zinsland zu beachten, dass kein Freistellungsauftrag, sondern nur eine Nichtveranlagungsbescheinigung angenommen wird.

Sichere Abwicklung für jeden Anleger

Sowohl Exporo als auch Zinsland arbeiten mit dem regulierten Zahlungsabwickler Secupay zusammen, der eine sichere Abwicklung für die Anleger gewährleistet. Als Kleinanleger überweisen Sie die Investition direkt auf ein insolvenzgesichertes Treuhandkonto. Secupay tritt dabei als Treuhänder und Zahlungsabwickler auf und führt die nötigen Transaktionen zwischen Kapitalanlegern und Projektentwicklern durch.

Immobilienprojekte auf Exporo und Zinsland

Die meisten Projekte hat bisher Exporo mit 25 Projekten zu verbuchen, von denen fünf bereits erfolgreich abgeschlossen wurden, d.h. die Investitionen samt Zinsen sind bereits an die Anleger zurückgeflossen. Zinsland zählt bisher 15 Projekte, wobei noch kein Projekt abgeschlossen wurde, die ersten Projekte aber aktuell kurz vor ihrem Abschluss stehen. Bei diesen Projekten handelt es sich meist um Revitalisierungen oder Neubauten von Wohn- oder/und Gewerbeimmobilien, wobei auf Zinsland Neubauten klar gegenüber Revitalisierungen dominieren (87% ggü. 13%) und sich auf Exporo beide die Waage halten (je 48%, das 25te Projekt ist eine Refinanzierung einer Bestandsimmobilie). Auf beiden Plattformen ist zudem der Anteil an Wohnimmobilien deutlich höher als der an Gewerbeimmobilien: 60% vs. 13% (Zinsland) bzw. 80% vs. 4% (Exporo). Bei den verbleibenden Anteilen handelt es sich größtenteils um Objekte, die sowohl Wohn- als auch Gewerbeeinheiten aufweisen. Beliebte Standorte sind vor allem Hamburg (13 Projekte), Berlin (6) und Leipzig (5). Die Dominanz der Stadt Hamburg ist sicherlich auch dadurch begründet, dass beide Plattformen ihren Sitz in Hamburg haben.

Fundingphase

Obwohl in der Regel eine dreimonatige Fundingphase für jedes Projekt angesetzt ist, dauert es meist keinen Monat, bis ein Projekt erfolgreich finanziert ist und die Fundingphase frühzeitig abgeschlossen ist. Diese Tendenz einer immer kürzer andauernden Fundingphase ist der stetig steigenden Nachfrage nach erfolgversprechenden Investmentprojekten geschuldet. Bei dem Exporo-Projekt „Heidewinkel“ in Hamburg Farmsen-Berne (6,0% Zinsen p.a., Laufzeit: 17 Monate, Neubau eines dreigeschossigen Mehrfamilienhauses) der Unternehmensgruppe Bade dauerte die Fundingphase bei einem Finanzierungsziel von 375.000 Euro sogar nur eine Stunde. Derzeit befinden sich auf Exporo und Zinsland vier Projekte in der Fundingphase. Neue Projekte werden auf diesen Plattformen zurzeit in einem Abstand von in etwa einem Monat online gestellt. Sollte der Fall eintreten, dass ein Projekt wider Erwarten nicht erfolgreich mittels Crowdinvesting finanziert wird, ist durch Kapitalpartner dennoch ein Zustandekommen der Projekte sichergestellt (dieser Fall ist jedoch bisher nicht eingetreten).

Weitere Crowdinvesting-Möglichkeiten

Neben einer Investition in Immobilienprojekte sind Crowdinvestments auch in den vier weiteren Segmenten Startups, Energie, KMU (kleine und mittelständische Unternehmen) und Film möglich. Das wohl bekannteste Crowdinvesting-Projekt ist der Kinofilm zur TV-Serie Stromberg, zu dem im Dezember 2011 von 3000 Kleinanlegern innerhalb von nur einer Woche 1 Mio. Euro der insgesamt 3,3 Mio. Euro Produktionskosten beigesteuert wurden. Die Investitionen flossen nach knapp drei Jahren mit einer Gesamtrendite von 17% an die Crowd zurück, d.h. die jährliche Rendite dieses Projektes lag bei ca. 5,7%. Aktuell gibt es insgesamt 47 Online-Plattformen, auf denen im Schwarm in verschiedenste Projekte der fünf Segmente Immobilien, Startups, Energie, KMU und Film investiert werden kann. Gute Anlaufstellen für weitere Informationen rund um das Thema Crowdinvesting sind bspw. crowdfunding.de und crowdinvest.de.

Statistiken des Crowdinvest-Erfolgsmonitors

Der im September 2016 von crowdfunding.de veröffentlichte „Crowdinvest-Erfolgsmonitor“ verzeichnet von 09/2011 bis 08/2016 insgesamt 377 Projekte in den fünf Crowdinvest-Segmenten mit einem Gesamtvolumen von 125,6 Mio. Euro. Die historische Ausfallrate beträgt dabei im Mittel über die Segmente hinweg 4,90%, wobei sie für die bisherigen 49 Investment-Runden in Immobilien mit einem Investmentvolumen von insgesamt 46,9 Mio. Euro aktuell bei 0,00% liegt. Demgegenüber besitzt das mit 214 Investment-Runden und einem Volumen von 62,5 Mio. Euro größte Segment der stark risikobehafteten Startups eine Ausfallrate von 9,7%, bringt jedoch im Mittel auch eine Rekordrendite von 27,4% p.a. mit sich – im Gegensatz zum bislang vergleichsweise risikoärmeren Immobiliensegment, hier liegt die durchschnittliche Rendite bei 5,9% p.a. Nach aktuellem Stand (10/2016) ist das Crowdinvesting in Immobilien das volumenstärkste Investmentsegment im Jahr 2016. Mit 83,4% ist jedoch der Großteil des von der Crowd in Immobilien investierten Kapitals noch aktiv, über alle Segmente hinweg sind es sogar 84,3%. Vor diesem Hintergrund sollten die angeführten Statistiken lediglich einen ersten informellen Charakter besitzen.

Risikodiversifikation

Crowdinvesting wird insbesondere als neue Methode in Immobilienprojekte zu investieren immer populärer und bildet sich langsam, aber sicher zu einer eigenen Assetklasse heraus. Wie üblich kommt der Asset-Allokation eine Schlüsselrolle zu, d.h. eine Diversifikation innerhalb der einzelnen Anlageklassen und über verschiedene Anlageklassen hinweg ist unbedingt anzuraten. Gerade eine gesunde Hinzunahme riskanterer Assets kann sich jedoch als besonders lohnenswert erweisen, von daher ist eine nähere Beschäftigung mit dem Thema Crowdinvesting zu empfehlen.

(Gastartikel von Dr. Arne Johannssen und Dr. Nataliya Chukhrova. Beide sind Dozenten für Statistik und quantitatives Risikomanagement an der Universität Hamburg und verfügen über mehrjährige Erfahrung in der Immobilienbranche)




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