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07.10.2016 Deutsche Fachmarktzentren bei Investoren immer beliebter

Jörg Krechky beleuchtet die Entwicklungen der deutschen Fachmarktzentren und benennt die Herausforderungen für Betreiber und Investoren insbesondere im Hinblick auf das sich ändernde Konsumverhalten. Jörg Krechky ist Head of Retail Investment bei Savills in Deutschland, dem international tätigen Immobiliendienstleistungs-Unternehmen mit Sitz in London.

Das Transaktionsvolumen von Fachmarktzentren ist in Deutschland von 2009 bis 2016 von 261 Millionen Euro auf mehr als 2 Milliarden Euro gestiegen – ein Plus von 676 Prozent. Doch woraus resultiert die zunehmende Beliebtheit bei Investoren?

Rund 380 Fachmarktzentren mit einer Gesamtmietfläche von jeweils >10.000 Quadratmetern gibt es. Diese warten im Vergleich zu klassischen Shopping Centern mit attraktiveren Nettoanfangsrenditen von circa 4,9 Prozent in der Spitze auf. Einkaufszentren und Geschäftshäuser in innerstädtischen 1-A-Lagen liegen mit rund 4,1 Prozent beziehungsweise 3,6 Prozent deutlich darunter. Zudem erfordern Fachmarktzentren weniger Managementintensität als klassische Shoppingcenter und verursachen wegen ihrer Bauweise sowie geringerer Personalintensität niedrigere Nebenkosten. Die deutschen Lebensmitteleinzelhandelsketten, die klassischen Ankermieter eines Fachmarktzentrums, sorgen zudem für eine vermeintlich robustere Wettbewerbsposition gegenüber dem Online-Handel.

Hohe Widerstandskraft gegenüber dem Online-Handel durch Fokus auf den kurzfristigen Versorgungseinkauf

Der Anteil der Kaufkraft, der in den Einzelhandel geht, beträgt circa 28 Prozent. Bis 2021 soll der Anteil um 2 Prozent sinken. Die Online-Ausgaben im Einzelhandel betragen derzeit 12 Prozent. Prognosen gehen davon aus, dass die Ausgabenanteile im Online Handel in den nächsten 10 Jahren auf über 20 Prozent ansteigen bei teilweise jährlichen Zuwachsraten von über 20 Prozent in Teilbranchen, wie zum Beispiel Textilien. Es wird aber auch davon ausgegangen, dass Lebensmittel- und Drogerieprodukte im stationären Einzelhandel sowie die Gastronomie entgegen dem Online-Trend zulegen werden. Für die Fachmarktzentren, deren Branchenmix von Lebensmittelmärkten dominiert wird und in denen die Drogeriemärkte wesentlicher Mosaikstein im Angebotsmix sind, sind das gute Nachrichten.

Fachmarktzentren bieten Kunden durch eine gute Erreichbarkeit und ein umfangreiches, häufig kostenfreies, Parkplatzangebot optimale Voraussetzungen um schnell und effizient einkaufen zu können. Während der traditionelle innerstädtische Fachhandel der Konkurrenz durch Online-Händler in hohem Maße ausgeliefert ist, wirkt sich die zunehmende Digitalisierung des Einkaufens auf den Lebensmitteleinzelhandel zurzeit noch weit weniger aus. Im Lebensmitteleinzelhandel beträgt der Online-Anteil lediglich etwa zwei Prozent des Gesamtumsatzes. Gerade frische Produkte will der Konsument auch frisch einkaufen und der preissensible deutsche Verbraucher scheut die Versandkosten beim Lebensmitteleinkauf.

Durch den Schwerpunkt auf Güter des täglichen Bedarfs im niedrigen bis mittleren Preissegment erreichen Fachmarktzentren eine hohe Besucherfrequenz. Und Kunden, die „eigentlich nur“ Lebensmittel kaufen wollten, schauen noch rasch beim Schuh- oder Buchhändler nebenan vorbei oder nutzen ein gastronomisches Angebot anstatt online einzukaufen. Die Aufenthaltszeit steigt und es entstehen wertvolle Kopplungs- und Verbundeffekte.

Ausschlaggebend ist die Infrastruktur

Diese positive Wirkung wird jedoch nur in optimaler Lage erreicht: Nicht innerstädtisch, aber auch nicht zu weit draußen „auf der grünen Wiese“. Gut erreichbar mit dem Individualverkehr in maximal zehn Minuten und mit ausreichend kostenlosen Stellplätzen. Länger will der Konsument für kurzfristige Produkte nicht unterwegs sein – das sagt schon der Name.

Befragungsergebnisse von KPMG zeigen, dass sich das Einkaufsverhalten der Konsumenten in den letzten zwei bis drei Jahren am stärksten zu Lasten der Fachmarktzentren und Shopping-Center verändert hat. Besonders betroffen sind regionale Fachmarktzentren, die in eher in Gebieten mit geringerer Einwohnerdichte, also in peripheren Regionen anzufinden sind und deren Branchenanteile von mittel- und langfristigen Branchen dominiert werden. Sie müssen in den nächsten zehn Jahren weiter mit Rückgängen der Konsumausgaben rechnen. Insbesondere großflächige Zentren mit Bau- und Elektromärkten und Möbelhäusern stehen vor großen Herausforderungen, denn gerade die genannten langfristigen Produktgruppen verzeichnen die stärksten Online-Anteile beziehungsweise Zuwachsraten im Online-Handel.

Stillstand bedeutet Rückschritt

Einem sich verändernden Konsumverhalten müssen diese Zentren flexibel begegnen und den Anforderungen vieler bisheriger Großmieter nach kleineren Flächen nachkommen. Zudem stehen sie oft im Wettbewerb mit moderneren und architektonisch ansprechenderen Shopping-Centern, die über einen breiteren und damit attraktiveren Branchen- und Mietermix verfügen. Revitalisierungen oder Umstrukturierungen sollten hier zu einer Reduktion der Großflächen mit einhergehender Attraktivitätssteigerung genutzt werden.

Sich mittel- und langfristig auf die Online-Resistenz des täglichen Einkaufs zu verlassen, wäre naiv: Technologischer Fortschritt, sich wandelndes Einkaufsverhalten und disruptive Entwicklungen in der Logistik sollten in Zukunft auch bei Gütern des täglichen Bedarfs zu einer Zunahme des Online-Anteils führen. Gleichzeitig wünscht sich die wachsende Anzahl älterer Konsumenten bequeme Einkaufsmöglichkeiten mit Lieferoption.

Fachmarktzentren und ihr Management sollten sich daher dieser Herausforderung stellen und den Handel unterstützen bei der Verzahnung von stationärem und Online-Geschäft (beispielsweise durch Click & Collect-Konzepte), durch Lieferserviceangebote und weitere Serviceangebote. Von Bedeutung ist auch der Ausbau der Gastronomieeinheiten, die bei entsprechend attraktiver Gestaltung auf eine steigende Zahl von Singlehaushalten sowie berufstätigen Eltern eine hohe Anziehungskraft ausüben. Dieser Bedarfsausweitung sollte das Center-Management mit der geeigneten architektonischen Umsetzung bei Neubau oder Modernisierung begegnen.
Um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben, setzen deshalb auch Fachmarktzentren neben effizienter Bedarfsdeckung, auf einen ausgewogenen Branchen- und Mietermix, Erlebniskonzepte und eine Ausweitung des Service-Angebots. Dann kann die Herausforderung durch die digitale Disruption als Chance zur bedarfsgerechten Ausweitung des stationären Angebots genutzt werden.



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