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29.09.2016 Bedarf an flexiblen Wohnmöglichkeiten wächst

Neben der akuten Knappheit an Mietwohnungen bewirken vor allem gesamtgesellschaftliche Trends und berufliche Anforderungen einen Anstieg der Nachfrage nach temporären Wohnformen in Berlin. Da Flexibilität im Berufs- und Privatleben immer mehr an Bedeutung gewinnt, bedarf es folglich auch darauf angepasster Wohnmöglichkeiten.

Unter anderem zu diesen Ergebnissen kommt ein von JLL in Kooperation mit der Berlinovo Immobilien Gesellschaft mbH (berlinovo) entwickelter Report zum Thema Temporäres Wohnen in Berlin. Der Report basiert auf Recherchen von JLL im 2. Quartal 2016 sowie einer Online-Umfrage unter rund 300 Marktakteuren in der Zeit von Mitte Juni bis Anfang Juli 2016. Neben Betreibern und Entwicklern nahmen Investoren, Banken, Makler und Berater an der Umfrage teil.

Während eine genau begriffliche Abgrenzung des temporären Wohnens zwischen der Vielzahl an Konzepten nicht möglich ist, kann rechtlich zwischen wohnungswirtschaftlichen und nicht wohnungswirtschaftlichen Konzepten unterschieden werden. Wichtige Unterscheidungsmerkmale der wohnungswirtschaftlichen Ausrichtung ist die Aufenthaltsdauer von über einem Monat, das Vorliegen eines Wohnungsmietvertrags nach BGB und die Möglichkeit der eigenständigen Haushaltsführung. Kurze Aufenthaltsdauern von einigen Tagen und Wochen und ein Beherbergungsvertrag sind Kennzeichen für eine nicht wohnungswirtschaftliche temporäre Wohnform.

Die Nachfrage nimmt zu

„Die Nachfrage nach temporärem Wohnen in Berlin ist vielseitig und wird durch die unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen Nachfragegruppen geprägt. Je nach Gewichtung der Bedürfnisse unterscheiden sich die bevorzugten Betreiberformen. In der Regel bevorzugen Nachfrager, die für einen längeren Zeitraum vorübergehende Wohnunterkunft suchen, wohnungswirtschaftliche Konzepte“, so Roman Heidrich, bei JLL Team Leader Residential Valuation Advisory Berlin. Die Bedürfnisse der Nachfragegruppen sind dabei abhängig vom Alter, der beruflichen Stellung, dem Einkommen sowie den individuellen Wohnpräferenzen und -ansprüchen.

Vielschichtiges Angebot

„Das Produktangebot im Segment des temporären Wohnens ist vielschichtig. Diverse Ausstattungsstandards und Serviceleistungen prägen den Markt der Spreemetropole“, betont Heidrich weiter. Zu den Marktakteuren zählen wohnungswirtschaftliche und nicht wohnungswirtschaftliche Anbieter, kleine und große Betriebe, viele professionelle internationale Betreiber und Entwickler sowie zahlreiche private lokale Anbieter. Auch nationale Institutionen, internationale Investoren, Immobilienunternehmen und Banken sind am Berliner Markt aktiv. Die Zahl der jeweils in Betrieb bzw. Besitz befindlichen Wohneinheiten variiert stark und schwankt zwischen 10 bis 6.500 Wohneinheiten. Der größte Anbieter nach Anzahl der im Bestand befindlichen Wohneinheiten ist die berlinovo Apartment. Mit 6.500 ermittelten Wohneinheiten liegt die berlinovo deutlich vor allen anderen Anbietern für temporäres Wohnen in der Hauptstadt. Der zweitgrößte Anbieter nach Anzahl der Wohneinheiten ist die Bürgermeister Reuter-Stiftung mit mehr als 1.000 in Berlin verorteten Wohneinheiten. Weitere Großanbieter sind die Apartments am Brandenburger Tor mit 233 Wohneinheiten und Vision Apartments mit 135 Wohneinheiten sowie das Apartment-Hotel Adagio mit 133 Wohneinheiten.
Die Anzahl der temporär betriebenen Wohn-Apartments, ohne Berücksichtigung der am grauen Markt befindlichen Apartments in Berlin, liegt aktuell bei ca. 11.000 Apartments. Zusätzlich beläuft sich die Zahl der am grauen Markt überwiegend privat angebotenen Apartments schätzungsweise auf noch einmal die gleiche Größenordnung.

Lage der Apartments

Im Rahmen der Recherchen konnte JLL rund 60 professionelle Anbieter für temporäre Wohnformen identifizieren, die Zahl der Standorte im Stadtgebiet Berlin beläuft sich demgegenüber auf über 160. Zahlreiche größere Anbieter besitzen an mehr als nur einem Standort Apartment-Häuser.

Die meisten Anbieter sind in den Bezirken Mitte (26 Anbieter und 68 Standorte), Charlottenburg-Wilmersdorf (15 Anbieter und 25 Standorte) und Pankow (5 Anbieter und 18 Standorte) vorzufinden. Die Standorte verdichten sich innerhalb der Bezirke an bestimmten Straßen wie dem Kurfürstendamm in Charlottenburg oder rund um die Torstraße in Mitte. Die Apartment-Häuser liegen stets verkehrsgünstig in fußläufiger Nähe des ÖPNVs. Auch die Nähe zu alltäglichen Versorgungsmöglichkeiten zählt zu den wichtigen Standort-Kriterien. Für junge Berufseinsteiger, Praktikanten, Azubis und Studenten sind die Nähe zu wissenschaftlichen Hochschuleinrichtungen beziehungsweise eine zentrale Stadtteillage von größerer Bedeutung als für Monteure oder etablierte Berufstätige, für die die Nähe zu Versorgungsmöglichkeiten oder der Arbeitsstelle von größerer Wichtigkeit sind.

Ausgestaltung der Mieten

Die Mehrheit der befragten Akteure (78%) bevorzugt ein Mietmodell mit Bruttomiete inklusive sämtlicher Betriebs-, Neben- und Servicekosten wie Strom, Heizung, Telefon und Internet. Fast die Hälfte (44%) aller Befragten gibt einen durchschnittlichen Monats-Bruttomietpreis von 15 Euro/m² bis 20 Euro/m² an. Rund ein Viertel der Befragten setzt den Monats-Bruttomietpreis bei 20 Euro/m² bis 25 Euro/m² und ein rund ein Drittel bei mehr als 25 Euro/m² an. „Das Meinungsbild der Befragten geht hier stark auseinander. Es lässt vermuten, dass je nach Modellkonzept andere Brutto-Mietmodelle angeboten werden“, so Roman Heidrich.
Die Mietpreise variieren je nach Aufenthaltsdauer, Lage, Verfügbarkeit, Anzahl der Gäste, gebotenen Zusatzleistungen und je nach Image und Professionalität des Angebots. Die Apartment-Preise liegen zwischen 35 Euro/Nacht im Minimum bis 450 Euro/Nacht im Maximum. Der Preis ist dabei im starken Maße von der Aufenthaltsdauer abhängig. Je länger der Aufenthalt, desto geringer der Mietpreis pro Nacht.

Die Apartment-Preise fallen auch je nach Bezirk und Stadtteil differenziert aus. Sie bewegen sich bei einem Aufenthalt von 7-14 Tagen zwischen rund 100 Euro/Nacht in Charlottenburg-Wilmersdorf und 120 Euro/Nacht im Bezirk Mitte und rund 140 Euro//Nacht in Prenzlauer Berg. Bei einer Aufenthaltsdauer bis zu 28 Tagen liegen die Werte rund 10-20 Euro/Nacht unter dem Preis für die kürzeste Aufenthaltskategorie.

Nach Angaben der Befragten sind Wasser sowie Heizung zu 100% und Strom zu 91% und Telefon zu 43% im Mietpreis enthalten. Der Nebenkostenansatz liegt durchschnittlich bei 4 Euro/m² bis 5 Euro/m² (rund 36%).

Auslastung der Apartments

Die durchschnittliche Auslastungsquote beläuft sich auf 90% bis 95%. Dies deckt sich mit den Angaben zu den Leerstandszeiten. Die Wohneinheiten stehen überwiegend (21%) maximal ein bis zwei Wochen leer. 14% der Befragten gaben Leerstandszeiten von zwei bis vier Wochen an. Steht eine Wohneinheit leer, so belaufen sich die Kosten laut Angaben der Befragten im Mittel auf rund 175 Euro/Monat.

Eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer kann nicht festgestellt werden. Rund 18% der Befragten gab an, eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer von weniger als vier Wochen zu haben. 32% hatten eine durchschnittliche Aufenthaltsdauer von 6-12 Monaten. Bei einem Viertel (24%) der Befragten wohnen die Mieter durchschnittlich länger als 12 Monate im Apartment. Die Befragten präferieren dabei ein Zahlungsmodell mit einem Festpreis pro Woche oder Monat. Rund 23% sprachen sich für einen Staffelungspreis nach Anzahl der Übernachtungen aus. Die Preise für Langzeitaufenthalte gelten in der Regel ab durchschnittlich 20 Nächten.

Planung und Bautätigkeit im Segment temporären Wohnens

Die Bautätigkeit im Marktsegment des temporären Wohnens in Berlin steigt in den letzten Jahren deutlich an, nachdem viele professionelle Anbieter die Hauptstadt aufgrund des niedrigen Mietpreisniveaus jahrelang gemieden hatten. Zurzeit sind rund 15 Projekte mit rund 2.000 Apartments geplant bzw. in Bau. Sowohl internationale Hotelketten als auch Service-Apartments-Betreiber aus Deutschland haben Projekte in der Hauptstadt in der Entwicklung. Der Berliner Projektentwickler GBI AG ist mit derzeit drei Projekten der aktivste Entwickler am Markt. Aktuell sind rund 330 neue Apartments in der Entwicklung – 183 in Prenzlauer Berg und 151 in Karlshorst. Weitere 35 Service-Apartments werden bis Ende 2016 im Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf in der Nähe des Kurfürstendamms in der Fasanenstraße durch die GBI AG in Eigenregie unter der Produktlinie SMARTments Business errichtet. Nach Planung des russischen Investors MonArch soll am Alexanderplatz bis 2019 ein 150 Meter hoher Wohnturm mit 39 Stockwerken gebaut werden. In diesem sollen rund 150 Serviced-Apartments entstehen.

„Die Bauaktivität im Bereich des temporären Wohnens ist hoch. Dennoch sind verfügbare Grundstücke zur Entwicklung neuer Wohneinheiten in Berlin derzeit eher knapp“, kommentiert Roman Heidrich. Rund 60% der von JLL Befragten beklagen eine geringe bis sehr geringe Verfügbarkeit von Grundstücken in Berlin. Die Zusammenarbeit mit den Baubehörden im Genehmigungsverfahren für den Neubau von Wohnanlagen für temporäres Wohnen wird sehr unterschiedlich eingestuft. 38% sprechen von einer schwierigen Zusammenarbeit mit den Baubehörden. Ein Drittel hingegen bewertet die Zusammenarbeit als eher gut.

Prognose: Überdurchschnittlich ansteigender Bedarf

„Als wichtiger Bestandteil des Wohnungsmarktes werden sich temporäre Wohnformen – besonders mit wohnungswirtschaftlicher Ausrichtung – eine wachsende Nische im Wohnungsmarkt erobern“, so Heidrich. Und weiter: „Die Vorteile des urbanen Wohnens lassen die Wohnkosten in Städten wie Berlin stark ansteigen.“ Temporäre Wohnformen erlauben über kompakte Grundrisse bei gleichen Kosten wie viele WG-Zimmer mehr Privatsphäre und Unabhängigkeit. Ergänzt um gemeinschaftlich nutzbare Flächen (Co-Spaces) können Wohnkonzepte zugleich die Vorteile einer Wohngemeinschaft mit den Vorteilen einer privaten Wohnung kombinieren.

„Da Berlin unter den europäischen Immobilienhochburgen derzeit mit einer boomenden Start-up-Szene und einer hohen internationalen Zuwanderung als ein Vorläufer zukünftiger Arbeitsmodelle und Wirtschaftsweisen zu sehen ist und gleichzeitig in besonderem Maße von Gesamtgesellschaftstrends erfasst wird, wird der Bedarf an temporären Wohnformen voraussichtlich in den nächsten Jahren überdurchschnittlich ansteigen“, betont Heidrich abschließend.




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