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08.07.2016 Einzelhandelsinvestments: Zwischen Anlegerinteresse und Produktknappheit

Nach Angaben von Colliers International belief sich das Transaktionsvolumen deutscher Einzelhandelsimmobilien bis zur Jahresmitte 2016 auf knapp 3,2 Milliarden Euro. Damit erhöht sich der Rückstand auf den Vorjahresvergleichswert binnen der letzten drei Monate von 56 Prozent auf 65 Prozent. Der Anteil am Transaktionsvolumen aller Gewerbeimmobilien halbierte sich gegenüber der Jahresmitte 2015 von 38 auf derzeit 18 Prozent. Trotz des Rückgangs liegt die Assetklasse Einzelhandelsimmobilien in ihrer Beliebtheit bei Anlegern weiterhin auf Platz 2 hinter Büroimmobilien.

Eine Erklärung für das Ausmaß der Verringerung liegt in der Häufung außergewöhnlicher Megadeals in der ersten Jahreshälfte 2015. Dazu zählten der Verkauf des Corio-Shopping-Center-Portfolios sowie die Übernahme von 40 Kaufhof-Filialen, deren aufaddierte Kaufpreise von 3,4 Milliarden bereits das im aktuellen Halbjahr erzielte Transaktionsvolumen übertreffen.

Thomas Dänzel, Head of Retail Investment bei Colliers International Deutschland: „Eine andere Erklärung liefert das speziell im großvolumigen Core- bis Core-Plus-Bereich der Investmentzentren knapp gewordene Angebot. Hierauf hatte sich im vergangenen Jahr vor allem das internationale Kapital bei seiner „Einkaufstour“ konzentriert.“ Binnen 12 Monaten halbierte sich der Marktanteil ausländischer Investoren auf gut ein Drittel der Anlagesumme. Diese sank nach 6,4 Milliarden Euro im Vorjahr auf gerade noch 1,1 Milliarden Euro. Dominiert wird das aktuelle Marktgeschehen demzufolge von heimischen Investoren, die 2,1 Milliarden Euro anlegten.

Susanne Kiese, Head of Research bei Colliers International Deutschland „Erst recht nach dem Brexit bleiben deutsche Retailimmobilien speziell in den Augen ausländischer Anleger sehr begehrt, zumal die Rahmenbedingungen für Einzelhändler hierzulande äußerst solide sind.“ Der private Konsum wird vielfach begünstigt, sei es durch die robuste Entwicklung am Arbeitsmarkt, das niedrige Inflationsniveau oder geringe Sparanreize angesichts des Niedrigzinsumfelds. Der Einzelhandelsumsatz tendiert dementsprechend positiv und beflügelt wiederum den Vermietungsmarkt.

Vermögensverwalter suchen vor allem im Auftrag heimischer Großinvestoren

Als größte Käufergruppe treten derzeit Vermögensverwalter (Marktanteil von 36 Prozent) auf. Wie am Investmentmarkt allgemein zu beobachten, versuchten sie, vor allem im Auftrag großer institutioneller Investoren im Spannungsfeld von Risikominimierung und Erwirtschaftung auskömmlicher Renditen hohe Liquiditätsüberschüsse in Immobilien zu plazieren. In Deutschland standen meist Pensionskassen und Versicherungen hinter den Deals. Für diese Klientel kaufte Patrizia für rund 320 Millionen Euro ein deutschlandweites Fachmarktportfolio, der größten Transaktion dieses Halbjahres. Auf Rang 2 stehen Offene Immobilien- und Spezialfonds (24 Prozent Marktanteil).

Nach Länderzugehörigkeit stellten britische Anleger mit 500 Millionen Euro bzw. 21 Prozent die stärkste ausländische Investorengruppe. Daran wird sich auch nach dem Brexit vorerst wenig ändern, da der Großteil des Kapitals überwiegend im Auftrag außereuropäischer Anleger plaziert wurde. Diese werden auch weiterhin wegen geringerer Sprachbarrieren und langjährig gepflegter Geschäftskontakte die Zusammenarbeit mit britischen Kapitalsammelstellen nutzen.

Auf der Verkäuferseite prägen ebenfalls Vermögensverwalter das Marktgeschehen (24 Prozent, 770 Millionen Euro), gefolgt von Projektentwicklern (17 Prozent). Letztere werden angesichts der herrschenden Angebotsknappheit zunehmend zur bevorzugten Anlaufstelle bei der Suche nach knappen Premiumobjekten.

Eingeschränkte Produktverfügbarkeit in den TOP 7 prägen Marktgeschehen

Als ein weiteres Indiz für die mangelnde Produktverfügbarkeit ist der hohe Prozentsatz von Käufen außerhalb der deutschen TOP 7 Investmentmärkte zu sehen, der von 74 Prozent im Vorjahr auf aktuell 90 Prozent angestiegen ist. Exemplarisch hierfür steht das bereits erwähnte Fachmarkt-Portfolio, das zu einem überwiegenden Teil in C-Städten investiert ist, ebenso wie die beiden größten Einzeldeals des Halbjahres, das Forum Hanau mit über 200 Millionen Euro sowie das Designer Outlet Wolfsburg mit circa 150 Millionen Euro.

Auch die Verteilung von Portfolio- zu Einzelkäufen hat sich gegenüber dem Vorjahr ins Gegenteil verkehrt. Während Paketverkäufe noch vor einem Jahr über 70 Prozent der Anlagesumme auf sich vereinten, ist der Anteil in den ersten sechs Monaten des Jahres auf 48 Prozent (1,5 Milliarden Euro) gefallen. Einzelkäufe liegen mit 1,6 Milliarden Euro leicht darüber.

Letztlich bestimmen die wenigen, im dreistelligen Millionen-Euro-Bereich abgeschlossenen Großdeals die Analyse nach Immobilientypen. Hier liegen der Verkauf von einzelnen Einkaufszentren, zu denen auch das Factory Outlet Center als Sonderform gezählt wird, mit einem Volumenanteil von 28 Prozent vor Fachmarktportfolien, die zumeist Supermärkte, Baumärkte und einzelne Fachmärkte enthalten.

Druck auf die Renditen bleibt hoch

Unter dem bestehenden Anlagedruck sind die Preise für rare Premiumobjekte in besten Einzelhandelslagen weiter gestiegen, so in Frankfurt und Hamburg um 30 Basispunkte auf 3,50 bzw. 3,60 Prozent. Die Brutto-Spitzenrenditen bewegen sich derzeit zwischen 3,00 Prozent in München und 4,20 Prozent in Köln. Weitestgehend stabil auf niedrigem Niveau blieben die Spitzenrenditen für frequenzstarke, moderne Einkaufszentren in der Spanne von 3,70 Prozent und 6,00 Prozent sowie Fachmärkte bzw. Fachmarktzentren in der Spanne von 5,50 Prozent und 6,10 Prozent.

Ausblick: Kollision von Anlagedruck und Produktmangel nimmt weiter zu

In keinem anderen Investmentsegment tritt das limitierende Moment des per se begrenzten Produktangebotes stärker zutage als in der Assetklasse Einzelhandel. „Gerade hier werden die Folgen der Kollision von steigendem Anlegerinteresse, das wir bei Colliers International in unseren Kundengesprächen registrieren, und der limitierten Verfügbarkeit von Premiumimmobilien deutlich“, resümiert Dänzel. Hier gelte es, den Aktionsradius der Investoren durch entsprechende Beratung zu erweitern und auf Produkte mit solidem Rendite-Risiko-Profil außerhalb der Investmentzentren zu verweisen.




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