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30.06.2016 Wettkampf um Objekte: Zwischen Anlagedruck und Akquisestrategie

Die diesjährige Fachtagung der gif Gesellschaft für Immobilienwirtschaftliche Forschung e. V. zum Thema „Wettkampf um Objekte - zwischen Anlagedruck und Akquisitionsstrategie“ fand am 27. Juni 2016 in Kooperation mit Freshfields Bruckhaus Deringer in Frankfurt am Main statt.

Im Rahmen der sehr gut besuchten Veranstaltung erörterten führende Experten aus der Praxis der Immobilienwirtschaft, inwieweit der derzeitige Anlagedruck der Investoren die bisher gültigen Spielregeln bei der Akquisition von Immobilien im Hinblick auf die Durchführung einer Due Diligence, der Verhandlung von Kaufverträgen und der Risikobewertung verändert.

Zu Beginn begrüßte Herr Dr. Ulrich Nack als Vertreter der gif die Gäste und schilderte das große Interesse an der Thematik, sowohl unter den Mitgliedern der Kompetenzgruppe als auch der zahlreichen Teilnehmer der Fachtagung. Die Moderation übernahm Herr Prof. Dr. Steffen Sebastian, Inhaber des Lehrstuhls für Immobilienfinanzierung an der IREBS International Real Estate Business School der Universität Regensburg, der gemeinsam mit Dr. Nack die gif-Kompetenzgruppe “Indirekte Immobilienanlage“ leitet.

Nach dieser Einführung hielt Herr Dr. Niko Schultz Süchting, Partner im Bereich Immobilien M&A bei Freshfields Bruckhaus Deringer, einen Vortrag zum Thema „Regulierungsrechtliche Aspekte bei Immobilienankäufen in der angespannten Marktphase“. Herr Dr. Schultz Süchting stellte zwei wesentliche Folgen des aktuellen Runs auf Immobilien dar: die anziehenden Preise und die Verkürzung von Ankaufsprüfungen im Umfeld von Bieterprozessen. Die hohen Preise für Immobilien sind danach kein originär regulierungsrechtliches Problem, auch wenn sie derzeit viele Investoren und Anleger entmutigen. Denn die hohe Transparenz, der Nachweis der Marktkonformität von Preisen aufgrund der Preisbildung im Bieterprozess und deren Prüfung durch das Sachverständigenwesen entlasten die Verantwortlichkeit der Fondsverwalter bei der Frage, welcher Preis noch angemessen ist. Anders ist es mit dem Ankaufsprozess: Er muss den Regeln der Sorgfaltspflicht und der Business Judgment Rule entsprechen. Dies erfordert strukturierte Prozesse, die Durchführung von technischen, finanziellen, steuerlichen und rechtlichen Prüfungen sowie die Übertragung der Ergebnisse dieser Prüfungen in die Vertragsverhandlung. Ein weiteres Erfordernis ist die Erstellung angemessener Entscheidungsvorlagen für die berufenen Gremien. „Diesen Anforderungen in strukturierten, zeitlich stark begrenzten Ankaufsprozessen noch gerecht zu werden und kein Haftungsrisiko wegen unsorgfältiger Prozesssteuerung einzugehen, erfordert einen extrem professionellen Fondsmanager und eine gute Zusammenarbeit mit den begleitenden Beratern“, so Herr Dr. Schultz Süchting.

Zum Einstieg in seinen Vortrag über die Technische Due Diligence erinnerte Herr Andreas Stauber, Inhaber des Ingenieurbüros Stauber Associates project-services GmbH, an die Zeiten, in denen Verkäufer zur Erzielung maximaler Verkaufspreise ihre Objekte mit einer Vendor Due Diligence auf den Markt gebracht haben. Dieser Aufwand ist angesichts der momentanen Nachfrage nicht mehr erforderlich, die Verantwortung für die technische Bewertung konnte vollständig auf die Käuferseite verlagert werden. Darüber hinaus werden die für die Bewertung zugestandenen Zeiträume so knapp bemessen, dass eine objektspezifische Bewertung der Substanz kaum noch möglich ist. Stattdessen kommt zunehmend eine abstrakte Bewertung zum Ansatz, bei der zu erwartende Instandsetzungskosten anhand des Alters der Gebäude und Bauteile errechnet werden. Angesichts ihres Handlungsspielraums sind Investoren zunehmend bereit, auch technische Risiken zu tragen. Mit der Technischen Due Dilligence (TDD) suchen sie nicht mehr Unterstützung bei den Kaufpreisverhandlungen, sondern die Angabe von Kosten, die sie über den Kaufpreis hinaus tragen müssen. Abschließend stellte Herr Stauber fest, dass die TDD weiterhin ein fester Baustein der Ankaufprüfung bleibt, da sie geeignet ist, deal breaker zu identifizieren und erfahrene Gutachter auch mit abstrakten Bewertungen zu brauchbaren Ergebnissen kommen. Zusammenfassend fügte Herr Stauber an: „Investoren sind zunehmend bereit auch technische Risiken zu tragen, trotzdem bleibt die Technische Due Diligence ein unverzichtbarer Baustein der Ankaufprüfung, allein zur Identifikation von deal breakern.“

Im Anschluss gab Herr Dr. Holger Sepp, Mitglied der Geschäftsführung der CACEIS Bank Deutschland, zunächst einen Überblick über die Unternehmensgruppe CACEIS. Als eine der führenden Verwahrstellen und Custodians in Europa verfügt CACEIS über große Erfahrungen bei allen gängigen Assetklassen und Fondsvehikeln. Im Bereich der Immobilienfonds hat die Bank länderübergreifend eine besondere Expertise. So schilderte Herr Dr. Sepp die Rolle der Verwahrstelle im Akquisitionsprozess von Immobilien oder Liegenschaften offener Investmentfonds bzw. geschlossener Sachwertfonds. Dabei agiert die Verwahrstelle auf Basis gesetzlicher Vorgaben im Interesse der Investoren. Als führende Verwahrstelle für Immobilien und andere Sachwerte in Deutschland ist CACEIS mit den Bedürfnissen der Fondsmanager sehr gut vertraut und stellt dazu eine langjährige Expertise und Erfahrung sowie eine hohe Flexibilität zur Verfügung. Dies gewährleistet im Akquisitionsprozess eine hohe Qualität, insbesondere hinsichtlich komplexer Strukturen bei mitunter sehr kurzen Bearbeitungszeiten.

Über die Situation der institutionellen Immobilien-Investoren im Niedrigzinsumfeld berichtete daraufhin Herr Dr. Carl-Heinrich Kehr, Principal bei Mercer Deutschland. Hier wird die Lösung in einer sukzessiven Inkaufnahme von mehr Risiken bei gleichzeitig steigender Aufmerksamkeit bezüglich der Auswahl einzelner Investments gesucht. Anbieter wie Fondsmanager leben recht komfortabel, weil der Anlagedruck der Investoren insbesondere in der Altersvorsorge die Hürden für eine Investitionsentscheidung immer niedriger legt. Um die dennoch weiterhin nötige Selektivität aufrecht erhalten oder sogar intensivieren zu können, hält Herr Dr. Kehr einen Ansatz für notwendig, bei dem agil auf Marktentwicklungen und Opportunitäten reagiert werden kann und dennoch auf die gebotene Sorgfalt in der Due Diligence nicht verzichtet werden muss. Dies kann gelingen, wenn mit den richtigen Partnern eine Struktur geschaffen und dann laufend vorgehalten wird, in der alle nötigen Analysen schnell und zuverlässig durchgeführt werden können. Abschließend bemerkte Herr Dr. Kehr: „Wenn die Zeit niedriger Zinsen und niedriger Inflation noch weitere zwei Jahre anhält, kauft die EZB Core-Immobilien und die Pensionsfonds halten ihr Vermögen als Liquidität – physisch.“

Im Folgenden schilderte Herr Michael J. Morgan, Head of Investment Frankfurt bei Cushman & Wakefield LLP, zu Beginn seines Vortrags, dass sich der deutsche Investmentmarkt derzeit in einer außergewöhnlichen Wettbewerbssituation befindet. Der Konkurrenzkampf des globalen Kapitals um Anlagemöglichkeiten in Deutschland, einer der begehrtesten Volkswirtschaften der Welt, führt nicht nur zu einer Zuspitzung der Kaufpreise, sondern verändert auch die Art und Weise, wie Verkaufsprozesse heutzutage strukturiert werden. Neben dem zunehmenden Druck, Verkäufe schnell abzuwickeln, müssen sich gewerbliche Immobilienkäufer in Verkaufsprozessen vielmehr flexibler und kooperativer zeigen, als das noch vor wenigen Jahren der Fall war. Während sich Käufer und Verkäufer vor 24 Monaten größtenteils noch ausgewogen in Kaufverträgen wiederfanden, ist das Verhandlungspendel heute eindeutig auf die Seite der Verkäufer ausgeschlagen. Angefangen von der Übernahme von Risiken aus dem kaufmännischen, technischen oder steuerrechtlichen Bereich bis hin zu harten Kaufpreisanzahlungen oder dem Verbleib des Asset Managements auf Verkäuferseite werden die vom Käufer zu übernehmenden „Risiken und Nebenwirkungen“ sichtlich umfangreicher. Ob all dies zu einem Aussetzen des Verstands seitens der Käufer führt, bezweifelt Herr Morgan jedoch bislang. Die zumeist kaufpreisrelevanten Abschläge gehen oftmals mit reduzierten Return-Erwartungen einher und erfolgen dazu noch in einem Nullzins-Umfeld. Allerdings werden sich Käufer mittelfristig auf ein „New Normal“ einstellen müssen, da eine zeitnahe Veränderung der angespannten Situation gegenwärtig nicht absehbar ist.

„Déjà-vu 2007? Neben steigenden Kaufpreisen beobachten wir zunehmend die Risikoübernahme durch Käufer in Transaktionsprozessen“, so Herr Morgan.

Herr Dr. Christoph Schumacher, Geschäftsführer der Union Investment Institutional Property GmbH, stellte zum Abschluss die sich aus dem aktuellen Marktumfeld ergebenden Anforderungen an das institutionelle Fondsmanagement dar. Während die Anlegererwartungen durch transparentes Erwartungsmanagement und enge Einbindung in den Transaktionsprozess erfüllt werden können, stellt das aktuelle Immobilienmarktumfeld besondere Herausforderungen an das Fondsmanagement. Dem regelrechten Wettkampf um Core-Objekte kann man zum Teil durch neue Märkte, Nischen-Produkte und weiteren Produkt-Klassen entgegentreten. Auch sollte das Fondsmanagement auf die veränderten Anforderungen im Wettkampf flexibel reagieren können. Hier nannte Herr Dr. Schumacher unter anderem den in einigen Märkten auf wenige Wochen verkürzten Due Diligence Zeitraum. Allerdings sollten die „Dos and Don`ts“ im Wettkampf um Objekte kritisch hinterfragt werden und im Sinne einer angemessenen Rendite Risiko Allokation stets überprüft werden.

Nach diesen Vorträgen gab es natürlich einigen Gesprächsbedarf. Auch dank der spektakulären Räumlichkeiten im 26. Stock von Freshfields Bruckhaus Deringer inmitten der Frankfurter Skyline, blieben noch viele Teilnehmer, um den anschließenden Networking-Umtrunk für angeregte Diskussionen zu nutzen.



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