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21.06.2016 Anpassungen der TA Lärm bei BauGB-Novelle gehen nicht weit genug

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) hat einen ersten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vorgelegt. Grundlage des Gesetzes ist eine Novellierung des Baugesetzbuches (BauGB) und die Einführung der neuen Gebietskategorie „Urbane Gebiete (MU)“ in der Baunutzungsverordnung (BauNVO). Zudem kündigt das BMUB in dem Referentenentwurf eine parallele Änderung der Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm) an, um mehr Flexibilität in den stark verdichteten städtischen Gebieten zu ermöglichen. „Der neue Gebietstyp ist zwingend notwendig, um die bezahlbare Stadtentwicklung der angespannten Großstädte zu gewährleisten. Das Wachstum im Inneren biete neue Potenziale, um mehr Lebensraum für sämtliche Bewohner zu schaffen“, erklärt Dr. Andreas Mattner, Präsident des ZIA. „Der vorliegende Referentenentwurf stellt eine gute Grundlage für die zukünftige verdichtete Entwicklung unserer Städte dar. Doch die geplanten Änderungen der TA Lärm müssen weitläufiger und zeitgemäßer sein. In der aktuellen Form konterkarieren sie die Ziele des neuen Baugebietstypen. Die TA Lärm ist eine zu starke Einschränkung der baulichen Flexibilität in den zentralen Lagen.“

TA Lärm und Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) nicht mehr zeitgemäß

„Die Immissionsrichtwerte für Immissionsorte außerhalb von Gebäuden und der strikte Trennungsgrundsatz nach Paragraph 50 des BImSchG sind nicht mehr zeitgemäß. Die hohen Baustandards insbesondere im Bereich des passiven Schallschutzes ermöglichen bereits seit vielen Jahren die flexible Nutzungsmischung ohne unangemessene Lärmbelästigung für Bewohner und Nutzer“, erklärt Mattner. Der ZIA fordert deshalb, die Immissionsrichtwerte der TA Lärm weiter als bislang vorgesehen auszudehnen und dabei auch bauliche Entwicklungen wie das „Hamburger Fenster“ zu berücksichtigen. „Bei der Festlegung der zulässigen Grenzwerte muss berücksichtigt werden, dass die Bewohner eines urbanen Gebiets bereit sind, eine höhere Geräuschkulisse und somit ein geringeres Schutzniveau ohne Gesundheitsgefährdung zu akzeptieren. Genau das macht gerade den Charme einer innerstädtischen Lage aus. Eine zu strikte Lärmauflage verhindert die Nutzungsmischung im neuen Gebiet“, sagt Mattner.

Gesetzgeber muss passive Schallschutzmaßnahmen berücksichtigen

Zudem äußert sich das BMUB nicht zu passiven Schallschutzmaßnahmen. Nach wie vor liegt der Messpunkt 0,5 Meter vor dem geöffneten Fenster. „Diese Messform ist veraltet und ignoriert die baulichen Möglichkeiten, die wir aufgrund des technologischen Fortschritts mittlerweile haben. Durch passive Schallschutzmaßnahmen wie das „Hamburger Fenster“ kann der Lärm auch bei geöffnetem Fenster reduziert werden. Dafür muss der Schall aber innerhalb der Wohnung gemessen werden und nicht wie gehabt vor dem Fenster“, meint Mattner. Zudem wird der Verkehrslärm nach wie vor privilegiert gegenüber Gewerbelärm behandelt. Lieferverkehr, der klar einem ansässigen Betrieb zugeordnet werden kann, zählt als Gewerbelärm und muss deswegen geringer sein als Verkehrslärm. „Dieser Umstand ist schon kurios. Wenn der Lieferverkehr das Gebiet nur passiert, aber nicht beliefert, darf er also lauter sein“, sagt Mattner.

Der ZIA setzt sich daher für ein grundsätzliches Umdenken im Immissionsschutz ein und fordert eine Gleichbehandlung von Gewerbe- und Verkehrslärm sowie die Möglichkeit, den technologischen Fortschritt, wie passiven Schallschutz, bei der immissionsrechtlichen Bewertung zu berücksichtigen.

Beschleunigtes Verfahren darf nicht durch Vorprüfung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen verlangsamt werden

Das beschleunigte Verfahren wird nur dann von praktischer Bedeutung bleiben, wenn es nicht zu einer Ausdehnung der Vorprüfung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen bei einer Aufstellung von Bebauungsplänen der Innenentwicklung kommt. „Das beschleunigte Verfahren würde bei einer solchen Erweiterung nicht mehr beschleunigt, sondern verlangsamt werden. Sinnvoller wäre es daher, direkt ein normales B-Plan Verfahren zu durchlaufen“, sagt Mattner. Darüber hinaus besteht kein Grund für die Ausdehnung des Anwendungsbereiches der Vorprüfung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen, da bereits bei derzeitiger Rechtslage auch in einem beschleunigten Verfahren eine Prüfung der Umweltbelange notwendig ist. Sie sind im Rahmen der Abwägung zwingend durch die Fachplaner zu berücksichtigen, so dass ein sehr hohes Schutzniveau besteht und Umweltbelange angemessen Berücksichtigung finden. Aus diesem Grund lehnt der ZIA die Ausdehnung der Vorprüfung der voraussichtlichen Umweltauswirkungen im beschleunigten Verfahren ab.



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