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11.05.2016 Warum wird nicht mehr gebaut? Risikobehaftetes Umfeld

Der Nachschub an neuen Büroflächen in den Big 7 (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und Stuttgart) gewinnt 2016 wieder an Fahrt. Im Gesamtjahr werden am Ende knapp 1,2 Mio. m² in der Neubaustatistik stehen, ca. 43 % mehr als 2015.

Ist dieser Anstieg der Beginn einer anhaltenden Neubauwelle? Immerhin liegt das jährliche Fertigstellungsvolumen 2016 bis 2018 rund 20% über dem Zehnjahresschnitt. Oder müsste die Frage lauten: wird zu wenig gebaut, auch spekulativ? Denn speziell die spekulative Bautätigkeit ist in den letzten Jahren deutlich zurückgegangen. Wurden 2011 und 2012 fast die Hälfte der in diesen Jahren errichteten Bürobauten spekulativ begonnen, ist der Anteil auf 30% (2015) bzw. nun wieder auf 35% (2016) zurückgegangen.

Fakt ist: Der Vermietungsmarkt boomt. Zu Beginn des zweiten Quartals hatte das Zwölfmonatsvolumen in den Big 7 insgesamt mit über 3,7 Mio. m² Flächenumsatz ein neues Rekordhoch erreicht. Und mit aktuell 6,3% kann die niedrigste Leerstandsquote seit vierzehn Jahren bilanziert werden. Die Rahmenbedingungen mit einer starken und stabilen Nachfrage und äußerst günstigen Finanzierungskonditionen sind so gut wie nie. Ohne Frage ist ein Bedarf an neuen Flächen in allen Märkten vorhanden. Speziell in den Innenstadtlagen gibt es tendenziell einen Mangel, insbesondere für größere zusammenhängende Flächen. „Aber gerade hier stehen mittlerweile Büroentwicklungen immer stärker im Wettbewerb mit geplanten Einzelhandels- und vor allem mit Wohnnutzungen um das knappe Gut Grundstücksfläche. In der Folge haben die Grundstückspreise in den vergangenen Jahren teilweise stark zugelegt und mindern so in der Gesamtkostenkalkulation die Entwicklerrendite merklich. Das eine oder andere Projekt ist damit von Beginn an unrentierlich geworden“, so Helge Scheunemann, bei JLL Head of Research Germany.

Die Alternativen für Entwickler? Sie können auf andere Lagen ausweichen. Und tatsächlich werden bis Ende 2018 in den Big 7 zusammen rund 1,9 Mio. m² in Zweitlagen erwartet, weitere ca. 360.000 m² sollen in Drittlagen entstehen. Damit ist die Büro-Pipeline in den Zweit- und Drittlagen zweieinhalb Mal so groß wie in den zentralen Innenstadtlagen. Eine andere Alternative bietet die Sanierung von älteren Bestandsflächen. Dies geschieht hauptsächlich in den Innenstädten. Die Statistik liefert auch hier eindeutige Zahlen: der Anteil von Totalsanierungen in den zentralen Top-Lagen der Big 7 liegt bei 22 % (ca. 200.000 m²), in Zweit- und Drittlagen der Städte ist sie mit 13% bzw. 11% deutlich geringer.

„Das Ausbleiben einer Neubauwelle - trotz der relativ guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen - ist ein wesentlicher Unterschied zu den vergangenen Büromarktzyklen und hat zu Leerstandsabbau und Mietpreissteigerungen geführt“, so der JLL Chefresearcher. Neben der Knappheit an geeigneten Grundstücken hätten die Entwickler mit restriktiveren Kreditvergaben durch die Banken zu kämpfen: ohne eine dem Standort und dem Projektvolumen angemessene Vorvermietungsquote (Richtwert 30-40%) bleibe es herausfordernd, attraktive Konditionen für eine Fremdfinanzierung zu erhalten. Und darüber hinaus hemmt der Wunsch der Büronutzer nach erhöhter Flexibilität bei den Mietvertragslaufzeiten die Entwicklung von rein spekulativen Neubauten. Wurden zu Beginn des Jahrtausends noch in 15-20 % der Fälle 10-Jahres Mietverträge vereinbart, hat sich dieser Anteil zu Gunsten kürzerer Mietvertragslaufzeiten auf rund 10 % reduziert.

„Last but not least sind in gewisser Weise alle Beteiligten gebrannte Kinder. Die Masse an Flächen, die nach dem Neubauboom mit der extremen Flächenknappheit während der Jahrtausendwende in den Folgejahren 2001 bis 2003 mit 6,8 Mio. m² neu auf den Markt kam, hatte aufgrund der Wirtschaftskrise kaum Abnehmer gefunden. Auch heute erscheint das Umfeld nicht frei von Risiken, eine gewisse Zurückhaltung macht insofern durchaus Sinn“, so Scheunemann.



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