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09.12.2015 gif-Forum: Die Immobilie 2020 ist wertstabil

„Immobilie 2020 - Wieviel ist mein Eigentum wert?“ Die Frage, welche es im Rahmen des gif Forums am 7. Dezember 2015 zu beantworten galt, war auf den ersten Blick denkbar einfach. Schließlich müssen schon von Berufswegen jeden Tag viele der Immobilienprofis diese beantworten: Was eine vollvermietete Büroimmobilien am Standort Frankfurt in 5 Jahren wert sein wird. Doch die unterschiedlichen Ergebnisse, die innerhalb eines engen Bewertungsrahmens vorgestellt wurden, spiegeln sowohl die Heterogenität der Branche, als auch die subjektiven Einschätzungen der Sachverständigen in einem vorgegebenen Umfeld der kommenden Jahre wider. Das spannende Ergebnis wurde kontrovers diskutiert.

Der Gastgeber des Nachmittags, Jürgen Fenk, Mitglied des Vorstandes der HELABA Landesbank Hessen-Thüringen, begrüßte am 7. Dezember rund 125 Branchenvertreter in den Räumen der Helaba zur Abschlusspräsentation des gif Bewertungsexperiments. Die Zielsetzung war klar umrissen: Eine im Herbst 2015 eingewertete Immobilie in Frankfurter Bestlage in einem vorgegebenen Wirtschaftsumfeld des Jahres 2020 anonymisiert von verschiedenen Sachverständigen bewerten zu lassen. Prof. Dr. Tobias Just, Präsident der gif, griff denn auch gleich die Erwartungshaltung der Gäste mit der Feststellung auf, dass es keine Fehlbewertungen am Markt geben könne; besser seien 100 verschiedene Meinungen als Grundlage einer Investitionsentscheidung.

Der wirtschaftliche Handlungsrahmen für die Aufgabe wurde in Form eines Basisszenarios von Dr. Gertrud R. Traud, der Chefvolkswirtin der Helaba, festgelegt und im Vorfeld den 91 angesprochenen Sachverständigen vorgegeben, von denen 22 ihre Ergebnisse anonym der gif übermittelten. Die Bewertungsgutachten wurden von den beiden Studierenden Philipp Rabsahl (Hochschule Biberach) und Gordian Jakob Roll (Hochschule Anhalt) zusammen mit Dr. Helge Ludwig, Leiter der gif Kompetenzgruppe Marktwertermittlung, vorgestellt.

Bereits die pointierten Bemerkungen von Dr. Gertrud Traud versprachen einen spannenden Nachmittag, entzauberte sie doch analytisch messerscharf die jüngste EZB-Entscheidung zur weiteren Zinsentwicklung. Gleichzeitig fand sie eine positive, wenngleich verhaltene Sichtweise auf die Büroflächennachfrage in den kommenden Jahren in der Finanzmetropole. Vorbehaltlich keiner weltpolitisch bedeutsamen Entwicklung befindet sich Deutschland und der Immobilienstandort Frankfurt auch für 2016 inmitten grundsätzlich günstiger Marktbedingungen.

Die im Anschluss präsentierte Übersicht der eingereichten Bewertungsergebnisse zeichnete einen eindeutigen Trend: Über 60% der Sachverständigen ermittelten einen Ertragswert, der bis zu 10% unter dem Ausgangswert in 2015 lag. Bedeutsam war die Erkenntnis, dass sich das statistische Mittel der 22 Gutachten nur rund 1,5% unter dem Ausgangswert einfand. Dies ist angesichts der Tatsache, dass es sich bei der Musterimmobilie im Jahr 2015 um einen Neubauerstbezug handelte, eine im Zeitablauf realitätsnahe Aussage.

In der anschließenden Podiumsdiskussion, moderiert von gif Vorstandsmitglied Markus Kreuter (Jones Lang LaSalle GmbH) wurden die Ergebnisse aus Bewerter- und Investorensicht intensiv analysiert und interpretiert.

Dabei entwickelte sich sehr schnell eine dynamische bis kontroverse Diskussion über die Rolle des Gutachters in der Bewertung des Lebenszyklus‘ der Immobilie.

Insbesondere stellte sich die Frage der Angemessenheit des gutachterlichen Liegenschaftszinssatzes im Umfeld eines derzeit nachfragedominierten Investorenumfeldes. Henrik Fillibeck (Catella Real Estate AG) unterstrich, dass Liquidität derzeit kaum einen limitierenden Faktor für Immobilieninvestoren darstellt. Birger Ehrenberg (Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Immobilien-Investment Sachverständigen) führte aus, dass wegen des dynamischen Marktgeschehens Vergleichskaufpreise und Marktrenditen für die gutachterliche Analyse kaum nutzbar sind, da diese bereits nach wenigen Monaten veraltet seien.

Vor diesem Hintergrund stellte Norbert Bickelhaupt (HIB Immobilienbewertung) heraus, dass die Mietpreise aufgrund der vorhandenen Datenvielfalt marktnäher im Immobilienzyklus eingeschätzt werden können als der Liegenschaftszinssatz. „Der Liegenschaftszins, der ausschließlich vom Gutachterausschuss festgestellt wird, variiert zwar deutlich, stellt sich aber im Gutachten meist als weitgehend konstante Größe mit geringer Bandbreite dar“, so Bickelhaupt.

Dr. Helge Ludwig, der maßgeblich an der Ausgestaltung des gif-Bewertungsfalls beteiligt war, hob den Reiz der Aufgabenstellung hervor. Die Regeln des Berufsstandes schreiben dem Gutachter die ausdrückliche Stichtagsbezogenheit vor. „Die gif ermöglichte durch Vorgabe des Wirtschaftsszenarios den beteiligten Spezialisten, sich diesem Grundsatz getreu in die Zukunft zu versetzen, um sich einem Stichtagswert 31.12.2020 zu nähern.“

Markus Kreuter fasste zum Ende der Veranstaltung die Ergebnisse zusammen: „Über die positive Resonanz der gif-Initiative zum zukünftigen Immobilienwert haben wir uns sehr gefreut und sehen uns bestärkt, diese Diskussion fortzusetzen.“ Die gif plant aufbauend auf den Erkenntnissen der Veranstaltung und vor dem Hintergrund regulatorischer und risiko-adjustierter Analyseansätze eine Fortsetzung der Diskussion über den Zukunftswert einer Immobilie.



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