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25.09.2020 Bauen im Ruhrgebiet: Logistik trumpft auf – Wohnbau in Höchstform

Erstmals beleuchtet die Projektentwicklerstudie Ruhr 2020 von bulwiengesa den Markt für Projektentwicklungen im Ruhrgebiet. Neben den Städten werden auch die vier Kreise im Detail analysiert.

Die wichtigsten Ergebnisse: Über alle Immobiliensegmente hinweg summiert sich das gesamte Projektentwicklungsvolumen auf 11,1 Mio. qm. Damit ist das Ruhrgebiet vom Bauvolumen mit den A-Städten München und Hamburg vergleichbar. Fast die Hälfte des Volumens (46 %) fällt auf die vier größten Städte: So werden in Bochum, Duisburg, Dortmund und Essen allein 65,8 % aller Büroflächen und 51,1 % aller Wohnflächen im Ruhrgebiet entwickelt.

Projektentwicklungsvolumen in der Übersicht:

• Wohnen 3,4 Mio. qm
• Büro 2,2 Mio. qm
• Einzelhandel 0,8 Mio. qm
• Hotel 0,3 Mio. qm
• Logistik/Gewerbe 3,5 Mio. qm

Das große Projektentwicklungsvolumen darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich viele bekannte nationale Akteure im Ruhrgebiet zurückhalten. Der Grund dafür liegt laut Aussage der großen nationalen Akteure einerseits im weniger liquiden Investmentmarkt und andererseits in den betriebswirtschaftlichen Parametern.

Andreas Schulten, Generalbevollmächtigter bei bulwiengesa und Initiator der Studie: „Auf der einen Seite haben wir hohe Kosten bei Grundstücken und Bauleistungen, auf der anderen Seite relativ niedrige Erträge. Das erschwert oftmals eine tragfähige Projektkalkulation in vielen Ruhrgebietslagen. Aber die moderate Ausgangsbasis bei Preisen und Mieten ist zugleich der große Vorteil des Ruhrgebiets gegenüber den A-Städten. Es ist zwar unwahrscheinlich, dass es für das Ruhrgebiet eine komplette ‚Berlin Story‘ gibt. Aber die Messlatte Berlin ist dennoch nicht weit hergeholt. Auch dort erinnert man sich noch an überwundene Arbeitslosenquoten von rund 18 Prozent.“

Die meisten Projekte im Ruhrgebiet (ca. 70 %) werden schon jetzt von sogenannten Investor-Developern entwickelt – also von Investoren, die für den eigenen Bedarf oder die Eigennutzung bauen, ihre Projekte nicht wie „klassische“ Projektentwicklern weiterverkaufen. Hier geht das Ruhrgebiet einem Trend, der in den A-Städten seit Jahren zu beobachten ist, quasi voraus. Die Städte Bochum, Duisburg, Dortmund und Essen sind klar erkennbar die wesentlichen Treiber der Projektentwicklungen in der Metropolregion. Diese entwickeln nahezu die Hälfte aller Projektflächen und werden auch in den nächsten Jahren das Ruhrgebiet weiter gestalten, was großflächige Entwicklungen wie das Mark 51°7 auf dem ehemaligen Opel-Areal in Bochum oder das Huyssen Quartier in Essen gut zeigen.

Wohnen

Bislang werden allein 34 % der Flächen im Wohnsegment realisiert. Neben Entwicklungen in zentralen Lagen gewinnen auch dezentrale Wohnentwicklungsflächen fu?r Projektentwickler an Bedeutung, und auch in Stadtrandlagen und im Umlandbereich der großen Städte entstehen neue Wohnquartiere. Die meisten Wohnflächen werden in Essen entwickelt, das sogar etwas weniger Einwohner zählt als die größte Ruhrgebietsstadt Dortmund.

Im Vergleich zu den Vorjahren wird aktuell ein starker Anstieg des Projektflächenvolumens im Wohnsegment verzeichnet. In den Top-4-Städten werden mehr als die Hälfte der Wohnflächen entwickelt. Bis 2024 wird sich die Fertigstellung bei Wohnungen jedoch – bei der Betrachtung der aktuellen Planungen, die aber voraussichtlich Stück für Stück ergänzt werden – halbieren. Der größte Wohn-Projektentwickler ist Vivawest, gefolgt von Wilma Wohnen, Deutsche Reihenhaus und Bonava.

Büro

Als drittgrößtes Segment im Ruhrgebiet folgt das Bürosegment mit einem Volumen von 2,2 Mio. qm und damit einem Anteil von 19,6 % am Gesamtvolumen. Die Büroflächenentwicklungen konzentrieren sich vorwiegend in den zentralen Lagen bzw. in aktuellen Entwicklungsgebieten. Essen liegt auch hier an der Spitze – jeder fünfte Quadratmeter Büro wird hier entwickelt. Viele Projekte sind in Bau oder in Planung, was in den nächsten Jahren ein hohes Fertigstellungsvolumen bedeutet. Unternehmen entwickeln auch hier vor allem für ihren eigenen Bedarf – die Investor-Development-Projekte (insgesamt 73 %) dominieren mit Ausnahme von Essen deutlich das Segment.

Andreas Schulten: „Nur eine Minderheit der Projekte wird spekulativ, in der Hoffnung auf spätere Käufer, gebaut. Das wirkt einer möglichen Sorge vor Überhitzung oder potenziellem Leerstand entgegen.“

Der größte Büro-Projektentwickler ist der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW (BLB), gefolgt von Landmarken, Soravia (mit Planungen) und Aurelis Real Estate.

Logistik

Die Logistikregion Rhein-Ruhr gehört zu den Top-Logistikregionen in Deutschland. Wenig überraschend stellt der Logistik- und Gewerbesektor mit großflächigen Projektentwicklungen beispielsweise an bekannten Logistikstandorten im Kreis Unna einen großen Anteil und liegt mit einem Projektvolumen von 3,5 Mio. qm knapp vor dem Wohnsegment (3,4 Mio. qm).

Der Projektentwicklermarkt wird schwerpunktmäßig von Investor-Developern geprägt, die für den eigenen Bestand entwickeln; deren Anteil am Logistik-Projektentwicklungsvolumen liegt bei 68,5 %.

Die Logistikstandorte im Kreisgebiet Unna prägen den Gesamtmarkt im Ruhrgebiet zu rund einem Viertel. Der Kreis Unna trägt zusammen mit den Kreisen Recklinghausen und Wesel die Hälfte des Projektentwicklungsvolumens des gesamten Ruhrgebietes im Bereich Logistik. Die Pipeline ist fu?r das nächste Jahr noch sehr gut gefüllt.

Einzelhandel

Die Projektflächenentwicklung im Einzelhandel ist, dem Trend folgend, von rückläufiger Tendenz. Seit 2017 nehmen die neu entwickelten Flächen im Einzelhandel tendenziell und perspektivisch ab. Allerdings sind auch in diesem Markt Akteure aktiv, die durch nutzungsgemischte Projekte oder großflächige Sanierungen und Umbaumaßnahmen zumindest die Flächenstatistik anheben – dies besonders in der Nahversorgung, die vom Corona-Lockdown eher profitieren konnte. So sind nach jetzigem Stand viele Projekte in Bau oder in Planung, was sich auf die hohen Flächenvolumen im Investor-Development zurückführen lässt. Im Kreis Recklinghausen werden 15 % aller Einzelhandelsflächen entwickelt. Geplant ist u. a. der Neubau des Herten-Forums.

Top-Akteure vor allem mit Logistikflächen

Die Top-Akteure u?ber alle Teilräume hinweg stemmen ein Projektvolumen von insgesamt 1,8 Mio. qm. Das sind 16 % des gesamten Projektmarkts. Ca. 57 % der Projektfläche der Top-Akteure ist Logistik- und Gewerbefläche, was sich auf die Großflächigkeit von Projekten in diesem Segment zuru?ckfu?hren lässt. Mit der Vivawest Wohnen und Wilma Immobilien sind zwei Wohnungsakteure unter den Top-10-Projektentwicklern. Mit 20 % Projektfläche belegt das Wohnsegment den zweiten Rang.

Der größten Projektentwickler im Ruhrgebiet über alle Segmente hinweg ist GARBE, gefolgt von Goodman, Vivawest und EDEKA.

Statements ausgewählter Akteure und Partner der Projektentwicklerstudie Ruhr 2020

Stefan Dahlmanns, COO Nordrhein-Westfalen, Instone Real Estate: "Das Ruhrgebiet ist eine der spannendsten Metropolregionen Deutschlands, die vor allem durch den allgegenwärtigen Strukturwandel und substantiellen Kontrasten geprägt ist. Ehemals hoch industriell genutzte Flächen sind heute Hot Spot für innovative junge Start- Ups genauso wie für etablierte Unternehmen mit einem breiten Arbeitsplatzangebot. Damit einher geht die Notwendigkeit, gute Voraussetzungen für die Entwicklung attraktiver, urbaner Wohn- und Lebensräume zu schaffen."

Jens Kreiterlin, Vorstand, Landmarken: "Wir haben das Potenzial der Metropole Ruhr früh erkannt und engagieren uns hier als Aachener Unternehmen bereits seit 2016. Das gewaltige Potenzial liegt nicht nur in den rund fünf Millionen Menschen dieses Ballungsraums, sondern auch in seinem dichten Netz an technischer und sozialer Infrastruktur und vor allem der breiten Hochschul- und Forschungslandschaft. Als Projektentwickler setzen wir seit einigen Jahren verstärkt auch auf Revitalisierungen. Die Reaktivierung versiegelter Flächen und die Umnutzung von Bestandsbauten ist die nachhaltigste Form der Projektentwicklung. Der Strukturwandel im Ruhrgebiet bietet viel Potenzial für urbanes Flächenrecycling."

Michael Buchholz, Leiter Region West, Aurelis: "Die aktuellen Marktberichte zeigen, dass das Ruhrgebiet deutschlandweit zu den beliebtesten Standorten für Büroimmobilien zählt – nur in Berlin war das Wachstum größer. Die Metropolregion Ruhr bietet – wenn auch nicht in allen Städten – vergleichsweise geringe Kaufpreise, steigende Mieten und durchschnittlich sehr geringe Leerstände von weniger als drei Prozent. Das bezeichnen wir als eher geringe Angebotsreserve. Niedrigzinsen und überteuerte, ausverkaufte A-Standorte machen das Ruhrgebiet zu einem sehr attraktiven Betätigungsfeld. Das gilt für Aurelis nicht nur für Projektentwicklungen sondern auch für Zukäufe von Unternehmensimmobilien.“

Timm Sassen, CEO, Greyfield Group: "Meine These: Mehr Redevelopment für das Ruhrgebiet. Denn Deutschland ist fertig bebaut – gibt es trotzdem noch Herausforderungen für die Immobilienentwickler? Ja! Mit Mut, Kreativität und hoher Fachkompetenz geht das Greyfield-Team unkonventionelle Wege, um aus Bestandsflächen nachhaltige Lebensräume für die Zukunft zu schaffen. Das Ziel: Vom Ruhrgebebiet aus, den Weg für eine neue Auffassung der Immobilienentwicklung zu ebnen – weg vom ressourcenverschwendenen Bauen, hin zu einer klimafreundlichen, identitätserhaltenden und sozialverträglichen Neunutzung bestehender Bausubstanz und Fläche.“

Carsten Boell, Geschäftsführer, Interboden: „Im Ruhrgebiet wollen wir die zahlreichen Erfahrungen an anderen Standorten in NRW nun weiter bündeln und gemischte, lebenswerte Quartiere für die Zukunft der Region errichten. Es ist zu spüren, dass sich hier in diesen Jahren neue Chancen auftun."





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