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20.11.2019 Immobilien Manager sehen überwiegend gute Chancen für Coworking

Das Phänomen Coworking ist weltweit auf dem Vormarsch, und insbesondere in den großen Metropolen sind die „hippen“ Bürovermieter gar nicht mehr wegzudenken. Doch wird sich die Branche langfristig auf dem Immobilienmarkt etablieren? Wie krisenfest ist sie? Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, hat der Bereich Investor & Asset Advisory von BNP Paribas Real Estate zusammen mit dem Research-Team diejenigen befragt, die sich mit am besten mit dem Coworking-Markt auskennen: die Asset und Investment Manager führender Immobilienunternehmen. Sie kennen die Vorzüge und Risiken von Coworking aus der Vermieter- bzw. Eigentümerperspektive und verfügen somit über interessante Einsichten aus der Praxis. Insgesamt 70 Investoren haben sich bereit erklärt, ihre Erfahrungen zu teilen. Die wichtigsten Ergebnisse:

• Die Mehrheit geht davon aus, dass die Chancen einer positiven Entwicklung grundsätzlich überwiegen und sich Coworking langfristig auf dem Immobilienmarkt etablieren wird

• Aufgrund der bislang fehlenden Krisenerfahrungen steht der Härtetest für die Coworking-Anbieter nach Ansicht der Investoren erst noch bevor

Für großes Aufsehen sorgte nicht nur das Versprechen der Branche, eine komplett neue Form der Büroarbeit mit flexiblen Flächenkonzepten und Mietdauern sowie kooperativen Formen der Zusammenarbeit zu schaffen, auch das Expansionstempo der Coworking-Anbieter versetzt die Marktbeobachter bis heute in Staunen: Wurden im Jahr 2012 weltweit noch etwa 1.000 Coworking-Standorte gezählt, sind es aktuell etwa 18.000. Und auch an Deutschland ging die Coworking-Welle nicht spurlos vorüber: In Bezug auf die Flächenanmietung durch Coworking-Anbieter befinden sich mit Berlin (ca. 90.000 m²), Frankfurt (ca. 58.000 m²) und München (ca. 57.000 m²) gleich drei deutsche Städte unter den zehn bedeutendsten europäischen Märkten für flexible Workspaces.

Trotz oder gerade wegen ihres atemberaubenden Marktwachstums wurde die Branche jedoch auch immer mit einer gehörigen Portion Skepsis begleitet: Neben Zweifeln am Geschäftsmodell und Berichten über hohe Leerstände und unrentable Flächen sorgte insbesondere der spektakulär gescheiterte Börsengang von WeWork für Nervosität bei vielen Marktteilnehmern. Es stellt sich also die Frage: Geht der Branche bald die Luft aus? Oder ist Coworking gekommen, um zu bleiben?

Chancen überwiegen

Die wichtigste Erkenntnis vorweg: Gefragt nach ihrer Einstellung zum Geschäftsmodell Coworking im Allgemeinen gaben 47 % der Teilnehmer an, dass aus ihrer Sicht die Chancen überwiegen, während für 22 % die Risiken im Vordergrund stehen. Besonders bemerkenswert: Stolze 75 % der befragten Asset und Investment Manager gehen dabei davon aus, dass Coworking-Flächen zukünftig zunehmend auch von großen Unternehmen angemietet werden, nur 22 % sind anderer Meinung. Als wesentliche Vorzüge von Coworking aus Sicht großer Unternehmen werden dabei flexible Mietkonditionen (75 %), ein kreatives Arbeitsumfeld (66 %) und ein hohes Servicelevel (36 %) genannt. Damit kommt Coworking den Vorlieben insbesondere junger Arbeitnehmer entgegen, für die konventionelle Büroflächen in Bezug auf Flächenzuschnitt und Ausstattung zunehmend an Attraktivität verlieren. „Darüber hinaus profitieren die Coworking-Anbieter im derzeitigen Marktumfeld natürlich auch von der Knappheit an modernen Büroflächen in attraktiver Lage, insbesondere an den A-Standorten,“ erläutert Wolfgang Schneider, Head of Research bei BNP Paribas Real Estate.

Verlangsamtes Wachstum erwartet

Nachdem die Branche in den vergangenen Jahren ein ungewöhnlich hohes Expansionstempo an den Tag gelegt hat, sind die Erwartungen für die nahe Zukunft etwas zurückhaltender. Nur 9 % der befragten Asset und Investment Manager erwarten ein weiterhin starkes Wachstum, die Mehrheit (60 %) prognostiziert für die nächsten 5 Jahre ein verlangsamtes Wachstum des Flächenbedarfs, während 18 % von einem gleichbleibenden Niveau ausgehen. 10 % der Teilnehmer erwarten sogar einen Rückgang der Flächenkapazität. Dabei müssen es nicht immer klassische Coworking-Flächen sein: So zeigten sich über ein Drittel der befragten Branchenkenner gegenüber dem Ansatz, Coworking-Flächen in Hotels einzurichten, durchaus aufgeschlossen. Etwas skeptischer beurteilen die befragten Asset und Investment Manager die Verzahnung von Coworking und Microliving, die nur ein gutes Fünftel für grundsätzlich sinnvoll erachtet.

Krisenfestigkeit der Branche noch nicht getestet

Wo Licht ist, ist bekanntlich auch Schatten. Im Fall einer tiefergehenden Rezession schätzen 49 % der Befragten die Krisenfestigkeit der Coworking-Branche als eher gering ein, während nur 19 % eine hohe und immerhin 28 % eine durchschnittliche Krisenresistenz unterstellen. Damit einhergehend glaubt jeweils eine knappe Mehrheit der Umfrageteilnehmer, dass ein hoher Coworking-Anteil einen eher negativen Einfluss auf den Marktwert des betreffenden Objekts, das Investoreninteresse und die Finanzierungsbereitschaft der Banken hat. Einen positiven Einfluss sieht hingegen in allen Fällen nur eine kleine Minderheit (3-6 %). „Bei Coworking handelt es sich um ein relativ junges Konzept, das bislang noch keinen vollständigen Marktzyklus durchlaufen hat“, gibt Marco Stahl, Head of Investor & Asset Advisory bei BNP Paribas Real Estate, zu bedenken. „Coworking muss seine Krisenfestigkeit erst noch unter Beweis stellen. Solange dies nicht passiert ist, spiegelt sich der Start-up-Charakter und der fehlende Track Record vieler Marktteilnehmer in einer erhöhten Risikowahrnehmung seitens der Stakeholder wider.“

Der Großteil der Befragten ist insofern der Meinung, dass es mittelfristig durchaus zu einer Marktbereinigung kommen kann. Dennoch herrscht grundsätzlich große Zuversicht, dass sich Coworking als alternatives Flächenkonzept langfristig am Markt etablieren wird und sich die Bestandshalter auf diesen neuen Wettbewerber einstellen müssen. „Im Moment versuchen viele Coworking-Anbieter, sich ihr Stück vom Kuchen zu sichern. Die Frage, wer am Ende des Tages erfolgreich sein wird, wird ganz entscheidend von der Qualität des jeweiligen Geschäftsmodells bestimmt,“ erläutert Marco Stahl.






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