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30.09.2019 Studie: Wohnungssuche für Studierende weiter extrem schwierig

Auch in diesem Jahr ist zum Start des Wintersemesters die Wohnsituation für Studierende in Deutschland deutlich angespannt. In den ohnehin begehrten Hochschulstädten, in denen die Mehrheit der mehr als 2,8 Millionen Studierenden wohnt, wurde die Suche nach der passenden Unterkunft im Vergleich zu 2018 sogar eindeutig schwerer. Zu diesem Ergebnis kommt das Moses Mendelssohn Institut (MMI) in Kooperation mit dem Immobilienportal WG-Gesucht.de bei einer Analyse aller 98 Standorte mit mehr als 5000 Studierenden.

Beispielsweise erhöhten sich die Preise für WG-Zimmer in den untersuchten Uni-Städten binnen nur eines Jahres im Schnitt von 363 auf 389 Euro, also rund 7 Prozent. An gefragten Standorten ging es hier teilweise sogar um mehr als 10 Prozent nach oben, in Frankfurt von 480 auf 530 Euro, in Berlin von 420 auf 480 Euro und in Bonn von 363 auf 400 Euro. Selbst der Preis-Spitzenreiter München legte mit jetzt 650 statt 600 Euro für die durchschnittliche WG-Bleibe noch mal kräftig zu.

„Einen solch deutlichen Aufwärtstrend bei den Kosten hatten wir nicht erwartet“, sagt Dr. Stefan Brauckmann, Direktor des Moses Mendelssohn Instituts: „Jetzt schlägt in solchen Städten nicht nur voll durch, dass diese bei jungen Menschen beliebt sind. Auch die Nachfrage anderer Gruppen macht Studierenden die Wohnungssuche schwer. Neben Auszubildenden, Trainees und Berufsanfängern suchen dort auch Business-Reisende, ausländische Arbeitskräfte oder Touristen die klassische 1-2-Zimmer-Wohnung.“ Hinzu kommen viele Menschen mit einem Zweit-Domizil in der Stadt. In Auftrag gegeben wurde die Analyse vom Immobilienentwickler GBI, der bereits seit rund einem Jahrzehnt führend im Bereich des studentischen Wohnens deutschlandweit aktiv ist.

Der Langzeit-Vergleich ist möglich, weil das Moses Mendelssohn Institut im siebten Jahr in Folge für alle Standorte mit mindestens 5000 Studierenden einen Anspannungs-Index des studentischen Wohnungsmarktes ermittelt. Im Bundesschnitt stellten die Wissenschaftler 2019 zwar einen kleinen Rückgang des Gesamt-Index fest, von 37,9 auf 37,6 Punkte – bei maximal möglichen 100 Punkten. Doch das liegt vor allem daran, dass sich die Wohnsituation für junge Menschen in den weniger begehrten Studienorten relativ entspannt hat, der Index sinkt hier von 17,8 auf 16,2 Punkte.

„Für etwa die Hälfte der Studierenden, die allein in den 25 begehrtesten Hochschulstädten wohnen, wird es hingegen deutlich schwieriger, eine günstige Bleibe zu finden“, erläutert Dr. Brauckmann. Hier steigt der Anspannungs-Index trotz des bereits hohen Niveaus deutlich weiter, von 59,6 auf 61 Punkte. So entwickelt sich die Situation beim studentischen Wohnen auffallend auseinander. Dr. Brauckmann: „Je nach Hochschul-Standort erleben Wohnungssuchende zwei entgegengesetzte Welten.“ Dort wo die Wirtschaft gut läuft und viele Menschen zudem wegen der Attraktivität von Kultur- und Freizeitangebot in die Stadt ziehen, ist die Konkurrenz für die Studenten bei der Wohnungssuche extrem groß. In den nur wenig gefragten Städten finden die jungen Leute die passende Bleibe sogar zu günstigen Preisen.

Internationale Studierende wählen häufig Hochschulen mit Exzellenz-Status
Im Gesamt-Scoring ergibt sich nun für Hamburg der höchste Anspannungsfaktor, obwohl München diese Position die letzten Jahre innehatte und dort die Mieten auch diesmal gestiegen sind. „Unser Scoring ermittelt nicht nur, wie angespannt die Wohnsituation aktuell ist, sondern vor allem auch, wie sich diese künftig entwickelt“, erläutert Dr. Brauckmann. Und da wird der an Hamburg im Juli verliehene Exzellenz-Status für die Universität nach und nach Wirkung zeigen. Vor allem internationale Studierende würden sich bei der Wahl der Hochschule an solchen Auszeichnungen orientieren. „Und da in Hamburg schon jetzt kaum ein Zimmer zu bekommen ist, wird sich die zusätzliche Nachfrage, die jetzt langsam einsetzt, voll niederschlagen“, so Dr. Brauckmann. Auch die Anziehungskraft der Universität Bonn steigt künftig auf die gleiche Weise. „Was gut ist für die Attraktivität der Hochschule, verschärft in gleichem Maße das Unterbringungs-Problem.“ Das MMI konnte für die vergangenen Jahre einen erheblichen Effekt des Exzellenz-Status auf den Wohnungsmarkt beobachten. Deshalb wird auch ein gegenläufiger Einfluss durch den Verlust des Exzellenz-Status in Köln erwartet. Dort bedauert man den Verlust der Auszeichnung zwar. Doch der Trend einer immer schwereren Wohnungssuche der Studierenden könnte in Köln etwas abgebremst werden. „Leicht wird das Finden einer passenden Bleibe dort aber auch in den kommenden Semestern nicht sein“, so Dr. Brauckmann: „Dafür sorgen andere der 23 untersuchten Faktoren.“

Dass München jetzt von Hamburg beim Scoring überholt wurde, ändert nichts daran, dass es in der bayerischen Landeshauptstadt sehr schwierig und mit 650 Euro auch am teuersten ist, einen Platz in der Wohngemeinschaft zu ergattern. Ein Ausweichen auf das Umland hilft ebenfalls kaum. Der Landkreis München weist mit 600 Euro für das WG-Zimmer bundesweit die zweithöchsten Preise auf. Eine Ursache: Garching (TU), Ismaning (Angewandtes Management) oder Oberschließheim (Tiermedizin) haben sich selbst zu größeren Uni-Standorten entwickelt, durch Auslagerungen der Münchener Hochschulen. Schwierig, eine Bleibe zu finden ist es auch in vielen Mittelstädten. Dort steigen die Preise und Anspannungsfaktoren deutlich, etwa in Freiburg, Bonn, Erlangen, Wiesbaden, Ingolstadt, Gießen, Potsdam, Würzburg, Rosenheim, Bamberg, Bayreuth und Göttingen.

Beim neuen BAföG reicht die Wohnkosten-Pauschale nur in 36 Städten
Laut der Analyse des Moses Mendelssohn-Instituts auf Grundlage der Daten von WG-Gesucht.de stehen dem Preis-Spitzenreiter München mit 650 Euro WG-Miete die günstigsten Standorte Freiberg und Mittweida (Mittelsachsen) mit 210 Euro gegenüber. Insgesamt gibt es laut MMI-Studie 36 Standorte mit Wohnkosten von unter 325 Euro, dem neuen, gerade zum Semester-Start erhöhten Wohnzuschlag beim BAföG. Aber 62 Städte liegen über diesem Wert. Davon sind letztlich rund 1,8 Millionen beziehungsweise 75% der Studierenden betroffen. Und an 22 Standorten mit 970.000 Studierenden liegen die WG-Kosten sogar bei mindestens 400 Euro. Für viele Studierende dürfte die Situation noch schwieriger sein. Denn viele Studenten zahlen auch im kommenden Semester für ihre Unterkünfte noch mehr als die über das WG-Gesucht.de-Portal ermittelten Preise für Wohngemeinschaften. „WG-Zimmer sind nach geförderten Wohnheimen am preiswertesten. Wer aber in eine eigene Wohnung zieht, muss in allen Städten in der Regel erheblich mehr zahlen“, erläutert Annegret Mülbaier von WG-Gesucht.de.

„Somit spiegelt diese neue Wohnpauschale bei der BAföG-Berechnung die Situation gerade in nachgefragten Hochschulstädten in unzureichender Weise wider“, so Dr. Brauckmann. Auch Wohnheime der lokalen Studierendenwerke schaffen nur wenig Abhilfe. Für nicht einmal jeden zehnten Studierenden (9,6 Prozent, unverändert zum Vorjahr) steht eine subventionierte Unterkunft zur Verfügung. Deutlich unterdurchschnittliche Werte gibt es sogar in Städten, in denen die Anspannung des studentischen Wohnungsmarktes mit am größten ist, zum Beispiel in Berlin mit 5,9 Prozent oder Frankfurt mit 6,9 Prozent. Brauckmann: „In diesen Städten leiden die Studierenden somit bei der Wohnungssuche doppelt.“

Für die Studentenstädte-Analyse hat das Moses Mendelssohn Institut wie in den Vorjahren jeweils 23 Faktoren genau untersucht. Neben der Preis-Analyse gehören dazu beispielsweise die Entwicklung der Studierenden- und Erstsemester-Zahlen, die Altersstruktur der Bewohner, die Quote geförderter Wohnheime, das sonstige Immobilienangebot sowie die Attraktivität von Universität und Stadt für in- bzw. ausländische Studierende.







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