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25.09.2019 Pflegeheime: Die Renditen sind nicht das Problem!

Die Pflegeheim-Beratung TERRANUS warnt in ihrem heute erschienenen „Pflege Report“ vor den gefährlichen Auswüchsen des Personalmangels in der Pflegebranche. Immer mehr Heime müssen Bewohner abweisen, weil sie die gesetzliche Fachkraftquote nicht erfüllen. Zugleich boomen Zeitarbeits-Firmen, die gezielt Pflegekräfte aus Heimen abwerben und anschließend wieder teuer an sie vermieten.

„Das Problem in der Pflegebranche sind nicht vermeintlich zu hohe Renditen sondern die dramatische Personalnot“, sagte TERRANUS-Geschäftsführer Markus Bienentreu. Zugleich warnte er davor, das Thema auf das Schlagwort vom „Fachkräftemangel“ zu verengen. „Wir brauchen nicht nur mehr examinierte Kräfte sondern müssen alle vorhandenen Personalressourcen besser nutzen. Und wir müssen dringend teure Fehlentwicklungen wie den Boom des Personal-Leasings korrigieren.“

Jedes fünfte Pflegeheim in Deutschland meldete in den letzten drei Monaten Aufnahmestopp wegen Personalmangels. In manchen Häusern stehen ganze Etagen leer, vereinzelt mussten Pflegeheime wegen Fachkräftemangels sogar schließen – trotz hoher Nachfrage nach Pflegebetten. Hintergrund ist die gesetzlich vorgeschriebene Fachkraftquote von 50 Prozent. Erfüllt ein Heim die Quote nicht, kann dies zu einem Belegungsstopp oder sogar zur Schließung führen.

Ob diese Fachkraftquote auf Dauer zu halten sein wird, ist laut Bienentreu fraglich. Denn während der Arbeitsmarkt für examinierte Fachkräfte leergefegt ist (2018 gab es auf 100 offene Stellen nur 19 Arbeitssuchende), gibt es bei den sog. Pflegehelfern ein deutliches Überangebot: Auf 100 offenen Stellen für Pflegehelfer kommen 322 Arbeitssuchende. „Wenn Pflegeheime wegen Personalmangels schließen oder Pflegebedürftige abweisen müssen, steigt der Druck, diese Reserve zu nutzen.“

Die notorische Personalknappheit belastet auch die Arbeitsbedingungen in vielen Häusern massiv: Angesichts dünner Personaldecken sind Überstunden häufig die Regel und die Erholungszeiten für die Mitarbeiter gering. Laut einer Untersuchung der AOK ist der Krankenstand in der Pflege mit 7,5 Prozent so hoch wie in keiner anderen Branche. Der branchenübergreifende Durchschnitt liegt bei 5,5 Prozent.

Dies führt dazu, dass immer mehr Pflegekräfte ihre Festanstellung kündigen und zu Zeitarbeitsfirmen wechseln. Häufig werben Zeitarbeitsfirmen Pflegekräfte sogar gezielt gegen Zahlung einer Prämie ab, um sie dann für deutlich höhere Kosten demselben Heim als Leasing-Kräfte anzubieten. 37 Prozent der Pflegeheime in Deutschland haben bereits diese Erfahrung gemacht. „Für die Pflegekräfte ist das lukrativ: Sie werden deutlich besser bezahlt und können sich die Dienste praktisch aussuchen“, so Bienentreu. Die meisten Leasingfirmen bieten nur die einfachen Tagdienste an. Nacht-, Wochenend- oder Feiertagseinsätze übernehmen nur ca. 19 Prozent. „Für die Betreiber, die sie in ihren Dienstplan einbauen und bezahlen müssen, ist das eine Katastrophe.“

Laut einer bpa-Umfrage entstehen den Häusern durch den Einsatz einer Leasing-Kraft Mehrkosten von bis zu 89 Prozent gegenüber einem festantestellten Mitarbeiter. „Bei einer Nettoumsatzrendite für Betreiber von im Durchschnitt 3 Prozent können sich die Pflegeheime die teure Zeitarbeit als dauerhafte Lösung gar nicht leisten“, so Bienentreu. Hinzu kommen Spannungen in den Teams und weniger Solidarität unter den Kollegen. Auch die Qualität leidet häufig, es kommt zu Fehlern oder unzureichender Dokumentation durch Zeitarbeiter.

„Wir brauchen dringend ein Gesamtkonzept, um das vielschichtige Thema Personalmangel besser in den Griff zu bekommen“, sagte Bienentreu. Dies müsse vor allem mehr Flexibilität und Freiheit für die Häuser beinhalten, kreative Lösungen zu finden. Viele Häuser entwickelten schon jetzt hervorragende Konzepte zur Mitarbeiterbindung- und Gewinnung, würden aber häufig durch starre Regularien ausgebremst. „Wenn in der Öffentlichkeit über Renditen gestritten und Betreiber dadurch als gierige Geschäftemacher dargestellt werden, geht das voll am Thema vorbei.“

Welche Risiken der Personalmangel für Betreiber, Investoren und Gesellschaft birgt und welche Lösungsansätze Entlastung versprechen, analysiert TERRANUS in der aktuellen Ausgabe des Pflege Reports.







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