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26.07.2019 Aktuelle EZB-Sitzung: Wird die Geldpolitik noch lockerer?

Drohendes Brexit-Chaos, Zollstreitigkeiten, überschuldete Nationalstaaten und wachsende geopolitische Risiken trüben weiterhin die Stimmung an den Märkten: „Solange die Vielzahl der aktuell ungelösten wirtschaftlichen und politischen Probleme wie ein Damoklesschwert über der Weltwirtschaft schwebt, sehe ich für die Konjunktur nur eingeschränktes Aufwärtspotenzial“, erklärt daher auch Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG. Auf der aktuellen EZB-Sitzung reagierten die Währungshüter zwar mit einer Anpassung des Zinsausblicks auf die anhaltende Wirtschaftsschwäche, beschlossen allerdings noch keine konkreten Maßnahmen. Draghi äußerte lediglich seine Besorgnis und stellte eine weitere Lockerung der Geldpolitik in Aussicht. Damit verschafft sich die EZB erstmal Zeit, um die wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen zu beobachten.

Falls sich das konjunkturelle Umfeld in den kommenden Wochen nicht bessert, könnte aber bereits in der September-Sitzung eine Wiederaufnahme der Anleihekäufe oder sogar eine Senkung des Leitzinses auf unter 0 Prozent beschlossen werden. Auch denkbar ist eine weitere Verschärfung des Einlagezinses – umgangssprachlich auch als „Strafzins“ bekannt. Aktuell müssen Banken 0,4 Prozent Zinsen für Gelder zahlen, die sie über Nacht bei der Notenbank parken. „Sollte der Einlagezins weiter gesenkt werden, könnte gleichzeitig ein Freibetrag beschlossen werden. Die Strafgebühren sind bereits jetzt eine enorme Belastung für die Banken und ein Freibetrag würde sicherstellen, dass sich die Ertragssituation der Institute nicht weiter verschlechtert“, so Michael Neumann.

May-Nachfolge: Brexit-Hardliner Johnson wird britischer Premierminister

Fast zwei Drittel der britischen Konservativen wählten am Dienstag Boris Johnson zum neuen Parteichef. Damit setzte sich der umstrittene Brexit-Hardliner gegen Außenminister Jeremy Hunt durch. Johnson ist mit dem Versprechen angetreten, Großbritannien am 31. Oktober aus der EU zu führen – egal ob mit oder ohne Austrittsvertrag. „Boris Johnson will das bisher mit der EU verhandelte Paket nicht akzeptieren. Wie er in nur drei Monaten einen anderen Kompromiss erzielen will, hat er bisher aber nicht erklärt. Insofern schätze ich die Gefahr eines No-Deal-Brexits mit Johnson als Premierminister sehr hoch ein.“ Dieses Szenario verheißt für die Wirtschaft auf beiden Seiten des Ärmelkanals nichts Gutes. Ein No-Deal-Brexit würde der ohnehin schon eingetrübten Konjunktur einen weiteren schmerzhaften Dämpfer verpassen.

Fed-Sitzung: Powell deutet trotz positiver Wirtschaftsdaten baldige Zinssenkung an
Trotz der zuletzt guten Konjunkturdaten signalisiert der Chef der amerikanischen Notenbank, Jerome Powell, weiterhin eine baldige Leitzinssenkung. Grund dafür seien die anhaltende Unsicherheit durch Handelskonflikte und Sorgen um die Weltwirtschaft. „Für die EZB dürfte eine weitere Leitzinssenkung auf unter 0 Prozent die letzte Option sein, von der Fed erwarte ich dagegen eine baldige Leitzinssenkung – wahrscheinlich schon in der kommenden Woche, spätestens in der Herbst-Sitzung“, meint Michael Neumann. Die Fed hat den Leitzins in den letzten Jahren mehrfach erhöht und bereits mit dem Verkauf der erworbenen Anleihen begonnen. „Die amerikanische Notenbank verfügt über deutlich mehr Spielraum als die EZB, den sie meines Erachtens kurzfristig nutzen wird, um die konjunkturelle Entwicklung zu unterstützen“, erklärt Neumann weiter.

Deutsche Wirtschaft schwächelt, Bauzinsen erreichen neues Rekordtief

Großkonzerne wie Siemens, ThyssenKrupp und die Deutsche Bank haben jüngst die Entlassung tausender Mitarbeiter angekündigt, die Autoindustrie verzeichnet Absatzrückgänge und mehrere Unternehmen haben in den vergangenen Wochen Gewinnwarnungen herausgegeben. Neben den Handelskonflikten, der allgemeinen Konjunkturschwäche und den technologischen Herausforderungen der Autoindustrie, wirft auch der bevorstehende Brexit seine Schatten auf die deutsche Wirtschaft. „Die Arbeitsmarktdaten sind aktuell noch sehr positiv. Insgesamt ist kein Anstieg der Arbeitslosigkeit erkennbar und die steigenden Bruttoeinkommen stützen vorerst die Binnenkonjunktur. Ich rechne daher aktuell nicht mit einem Abschwung, sondern nur mit einer Stagnation in den nächsten Monaten“, so die Einschätzung Neumanns.

Die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe erreichte im Juli einen erneuten historischen Tiefststand von -0,4 Prozent. Der Bestzins 10-jähriger Hypothekendarlehen zog nach und bewegt sich ebenfalls auf ein Allzeit-Tief von 0,61 Prozent. „Einen Aufwärtstrend bei den Bauzinsen wird es erst dann geben, wenn Lösungen für die politischen und wirtschaftlichen Probleme absehbar sind, die Wirtschaft deutlich Fahrt aufnimmt und die Inflation sich der Zielmarke der EZB von 2 Prozent annähert. Dieses Szenario ist kurz- und mittelfristig unwahrscheinlich“, meint der Zinsexperte Neumann.

Tendenz

Kurzfristig: eingeschränktes Aufwärtspotenzial
Mittelfristig: schwankend seitwärts






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