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14.12.2018 Populismus und Provokationen: Unruhiges Fahrwasser für Geldpolitik

Geht es nach den „Falken“ unter den Notenbankern – allen voran Bundesbank-Chef Jens Weidmann – dann ist die Abkehr von der expansiven Geldpolitik längst überfällig. Die vorsichtigeren „Tauben“, zu denen auch EZB-Präsident Mario Draghi zählt, gehen den Beginn einer restriktiveren Geldpolitik allerdings deutlich zurückhaltender an. „Draghi bereitet die Märkte äußerst behutsam auf seine geldpolitischen Schritte vor. Jede Maßnahme wird lange im Voraus angedeutet und kann dadurch auch frühzeitig vom Markt eingepreist werden“, erklärt Michael Neumann, Vorstandsvorsitzender der Dr. Klein Privatkunden AG. Dieses Vorgehen hat Vor- und Nachteile: Zum einen ist ein langsamer Abbau der umlaufenden Geldmenge wichtig, um die Marktteilnehmer nicht zu verunsichern und die wirtschaftliche Erholung nicht auszubremsen. Zum anderen birgt das anhaltende Rekordtief auch Risiken. Denn: Bei einer erneuten Finanzkrise hätte die EZB aktuell kaum Möglichkeiten gegenzusteuern.

Immerhin: Der erste Schritt weg von der Krisenpolitik ist getan. Auf der heutigen EZB-Sitzung, der letzten Zusammenkunft der Notenbanker in diesem Jahr, bestätigte Mario Draghi den Ausstieg aus den Anleihekäufen zum Jahresende. Obwohl Draghi die Wachstumsprognose für das kommende Jahr nach unten korrigieren musste, bleibt er damit seinem angekündigten Kurs treu. Weiterhin unklar ist indes, ob im Jahr 2019 ein erster Zinsschritt erfolgt. „Ich rechne nicht mit einer Zinserhöhung im kommenden Jahr“, so die Einschätzung Neumanns. „Ich bin davon überzeugt, dass Draghi selbst keinen Zinsschritt mehr einleiten wird. Und dass sein Nachfolger im November 2019 direkt mit einer Anpassung des Leitzinses ins Amt startet, halte ich für unwahrscheinlich. Zumal es angesichts der zahlreichen politischen Unsicherheiten nicht so aussieht, als ob die Wirtschaft im Euroraum im Jahr 2019 ein ruhiges Fahrwasser vor sich hat.“

Leichte Abschwächung der US-Konjunktur: Trump verstärkt Druck auf die Fed
Schwächere Arbeitsmarktdaten, eine leicht rückläufige Inflation sowie die Angst vor einer weiteren Eskalation des Handelskonfliktes mit China bereiten Anlegern in den USA Sorgen. „Die Zukunftserwartungen der Marktteilnehmer spiegeln sich in den Renditen der Staatsanleihen wider“, erklärt Michael Neumann. In den USA kam es Ende November erstmals seit 2007 zu einer sogenannten inversen Zinskurve: Zweijährige Anleihen erzielten eine höhere Rendite als fünfjährige Anleihen. Ein Anzeichen dafür, dass einige Investoren eine Rezession erwarten. „In der Vergangenheit kam es nach inversen Zinskurven immer zu einer Rezession. Die aktuelle Ausgangslage, in der die Märkte massiv von den Notenbanken beeinflusst wurden, ist allerdings historisch einmalig. Ich würde daher nicht allzu viel aus vergangenen Entwicklungen ableiten“, so der Zinsexperte weiter.

Trump bezeichnet derweil die Fed als seine „größte Bedrohung“ und fürchtet eine Abkühlung der Konjunktur. Fed-Chef Jerome Powell zeigt sich unbeeindruckt von Trumps verbalen Attacken und betont die politische Unabhängigkeit der US-Notenbank. Es gilt weiterhin als nahezu sicher, dass er auf der letzten Fed-Sitzung am 18. und 19. Dezember einen erneuten Zinsschritt verkünden wird. Unsicher ist, ob die Fed für 2019 eine langsamere Gangart als bisher geplant einlegen könnte. „Bisher werden drei Zinsschritte im Jahr 2019 erwartet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich die Fed bereits im Dezember deutlich anders positioniert“, meint Michael Neumann. Allerdings: „Die Geldpolitik für 2019 ist noch nicht in Stein gemeißelt. Die Notenbanker werden die wirtschaftliche Entwicklung weiter beobachten und ihren Kurs gegebenenfalls anpassen.“

Die größte Bedrohung für die US-Wirtschaft dürfte aktuell Donald Trump selbst darstellen. Nachdem er sich mit Xi Jinping in Argentinien auf eine Art Waffenstillstand geeinigt hatte, schien sich der Zollstreit zu entspannen. Die Festnahme der Huawei-Managerin Meng Wanzhou in Kanada und die jüngste Meldung aus China zu Rekord-Handelsüberschüssen im Geschäft mit den USA dämpften diese Hoffnung allerdings nur wenige Tage später. „Das Thema Handelsstreit wird auch im Jahr 2019 ein Dauerbrenner bleiben. Ich glaube nicht daran, dass Trump Interesse an einer Deeskalation hat“, resümiert Neumann.

Rendite der Bundesanleihen und Bauzinsen erreichen tiefsten Stand des Jahres
Bereits im letzten Monat sank die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihe leicht. Im Dezember erreicht sie nun mit nur noch 0,25 Prozent (Stand: 10.12.2018) den bisher tiefsten Stand des Jahres. Gleiches gilt für die Baufinanzierungszinsen: Sie sinken zum ersten Mal in diesem Jahr unter die Ein-Prozent-Grenze. Die Turbulenzen am Finanzmarkt sorgen erneut dafür, dass sich Anleger in den sicheren Hafen der deutschen Staatsanleihen flüchten. „Aktuell gibt es viele Unsicherheiten an den Märkten und die Nachfrage nach Bundesanleihen wird vorerst nicht abreißen“, so die Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden von Dr. Klein. „Damit ist auch das Aufwärtspotenzial der Baufinanzierungszinsen begrenzt. Ich erwarte – wenn überhaupt – nur einen geringen Anstieg im ersten Quartal 2019.“

Tendenz
Kurzfristig: schwankend seitwärts
Langfristig: steigend







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