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09.04.2018 Kündigt Ifo-Index Ende des Aufschwungs an? Dynamik ab 2. Jahreshälfte

Drei Verschlechterungen des Ifo-Geschäftsklimas in Folge gelten allgemein als schlechtes Vorzeichen für die Konjunktur. Nachdem der vielbeachtete Index im Februar und im März jeweils deutlich zurückging und sich von seinem Allzeithoch vom Januar ein gutes Stück nach unten entfernt hat, darf also die Frage gestellt werden: War es das mit dem deutschen Aufschwung?

Zunächst: Der empirische Befund für die vergangenen 28 Jahre seit der deutschen Vereinigung ist keineswegs eindeutig. Zwar lassen sich einige Beispiele finden, in denen auf eine mehrmalige Verschlechterung der Stimmung in den Unternehmen tatsächlich eine schwächere gesamtwirtschaftliche Entwicklung folgte, zuletzt etwa an der Jahreswende 2012/2013 und zuvor in beeindruckender Weise schon sehr früh ab dem Sommer 2007 vor Ausbruch der Rezession im zweiten Quartal 2008. Es gibt aber auch etliche Fälle, in denen der Zusammenhang nicht funktionierte. In der jüngeren Vergangenheit war dies beispielsweise im Frühsommer 2014 so, als der Ifo-Index ab Mai 2014 sogar sechs Mal in Folge sank, die gesamtwirtschaftliche Expansion sich jedoch fast ungebrochen fortsetzte.

Wirtschaftliche Lage ist besser als die Stimmung

Die aktuell verschlechterte Stimmung in der Wirtschaft resultiert vor allem aus der Angst vor einem Handelskrieg, von dem die exportorientierte deutsche Wirtschaft besonders negativ betroffen wäre. Sorgen um steigende Zinsen und ein baldiges Ende der ultraexpansiven Geldpolitik (das freilich im Euroraum noch gar nicht begonnen hat) kommen hinzu.

Diese Risiken für die Fortsetzung des Aufschwungs sind ernst zu nehmen. Dennoch gibt es einige wichtige Argumente, die gegen einen plötzlichen Einbruch der Konjunktur sprechen:

• Ob es zu einem Handelskrieg kommt, ist derzeit kaum verlässlich abzuschätzen. Aber selbst wenn es so wäre, würde es sicher noch einige Zeit dauern, bis die Handelsbeschränkungen wirksam werden und sich ihre Folgen weltweit bemerkbar machen. Hinzu kommt, dass noch immer mehr als 50% der deutschen Exporte in die Länder des Euroraums geliefert werden, und der Aufschwung im Euroraum ist bis auf weiteres (noch) intakt.

• Insgesamt ist der laufende Aufschwung in Deutschland weit weniger vom Export abhängig als in früheren Zyklen. Die extrem gute Beschäftigungslage treibt den privaten Konsum an, die Bauwirtschaft agiert inzwischen an vielen Orten an der Kapazitätsgrenze, und zu den Branchen mit den höchsten Wachstumsraten gehören inzwischen etliche Dienstleistungssektoren wie etwa der Bereich Information und Kommunikation.

• Und die Industrie steht so schlecht nicht da. Zwar hat sich die Erwartungshaltung dort zuletzt spürbar verschlechtert. Doch die Zahl der Unternehmen, die mit einer weiteren Verbesserung der Lage rechnen, ist noch immer höher als die Zahl der Unternehmen, die vom Gegenteil ausgehen. Hinzu kommt, dass selbst im Falle einer weltwirtschaftlichen Eintrübung die Industrie über einen exorbitant hohen Auftragsbestand verfügt, der noch für sieben Monate eine gute Auslastung der Produktionskapazitäten sichern würde.

Eine Rezession droht also vorerst nicht. Dennoch bergen die Ifo-Zahlen auch eine unangenehme Botschaft: Die weltwirtschaftlichen Rahmenbedingungen trüben sich allmählich ein. Neben der Gefahr eines Handelskrieges dürften die reale Abschwächung der Wachstumsdynamik in China und die Folgen der andauernden Euro-Stärke die Dynamik des Aufschwungs im Zeitablauf bremsen. Hinzu kommen zunehmende Kapazitätsengpässe, insbesondere was die Verfügbarkeit von Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt betrifft. Auch dies erschwert ein fortgesetzt dynamisches Wachstum.

Vielleicht liefert die Entwicklung des Ifo-Geschäftsklimas Mitte der 90er Jahre eine Blaupause für das, was in den kommenden Quartalen passieren könnte: Ab März 1995 sank das Geschäftsklima ein ganzes Jahr lang mit nur einer leichten Unterbrechung (im September). Das BIP dagegen stieg im zweiten und im dritten Quartal des Jahres 1995 weiter an, blieb im vierten Quartal 1995 stabil und sank erst im ersten Quartal 1996, dann allerdings deutlich. Es könnte sein, dass der Ifo-Index derzeit keine unmittelbar bevorstehende Rezession, wohl aber eine spürbare Abschwächung der gesamtwirtschaftlichen Dynamik ab der zweiten Jahreshälfte vorwegnimmt. Der Höhepunkt des laufenden Aufschwungs dürfte inzwischen erreicht sein.










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