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20.07.2017 Mieterstrom: Zunehmendes Geschäftsfeld von Energiegenossenschaften

Nach ersten Pilotprojekten investieren Energiegenossenschaften inzwischen verstärkt in Mieterstromprojekte mit Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen). Der Knackpunkt ist hierbei bisher vor allem wirtschaftlicher Natur gewesen, das heißt, PV-Mieterstrom hat sich für Energiegenossenschaften oftmals nicht ausreichend gerechnet. Durch die geplante Direktförderung sowie durch die schwierigere Investitionssituation mit großen PV-Freiflächen- und Dachanlagen ändert sich das und Mieterstrom ist heute eines der zukunftsweisenden Geschäftsfelder für Energiegenossenschaften. Auch Kooperationen mit Wohnungsbaugenossenschaften werden in diesem Zusammenhang immer attraktiver.

„Energiegenossenschaften sind prädestiniert für Mieterstrom“, sagt Florian Henle, Geschäftsführer des Ökoenergieversorgers und Mieterstromdienstleisters Polarstern. Die Genossenschaften investierten in die Anlagentechnik und gleichzeitig könnten die Genossen als Mieter oftmals direkt mit dem erzeugten Strom beliefert werden. „Mieterstrom überzeugt mit seinem mehrfachen Nutzen für die Mitglieder und die Mieter und für das Ziel der Genossenschaften, eine dezentrale, bürgernahe und ökologische Energiegewinnung zu fördern.“

Von der Stromerzeugung zur Stromversorgung

Viele Energiegenossenschaften haben bereits Erfahrung mit der Stromgewinnung aus PV-Anlagen gesammelt. Allerdings sei eine Mieterstromversorgung mit Solarstrom deutlich komplexer als die reine Stromgewinnung mittels großer PV-Anlagen und die Volleinspeisung in regionale oder öffentliche Netze, weiß Florian Henle von Polarstern. Das unterstreichen die Zahlen der Bundesgeschäftsstelle Energiegenossenschaften, denen zufolge bei 86 Prozent der Energiegenossenschaften in Deutschland die Stromerzeugung Geschäftsgegenstand ist, aber nur ein Prozent betreiben auch ein Stromnetz. „Durch die Kooperation mit Mieterstrom-Dienstleistern können Energiegenossenschaft nun genau das machen, was sie schon immer tun und gleichzeitig ihr Handlungs- und Geschäftsfeld um die Stromversorgung von Mietern erweitern“, sagt Florian Henle.

Weichen von Mieterstrom für Energiegenossenschaften

Rechtlich, technisch und energiewirtschaftlich sind bei der Mieterstromversorgung spezielle Energiemarktdetails zu beachten, die für Energiegenossenschaften schnell zum Fallstrick werden können. Die drohende Gewerbesteuerinfizierung bei der Stromversorgung von Mietern ist nur ein Beispiel dafür. „Mieterstrom erfordert viel Energiemarkt-Know-how und Erfahrung in der Stromversorgung von Endkunden; Wissen, das Energiegenossenschaften bisher bei ihren Projekten mit Volleinspeisung ins öffentliche Netz nicht haben mussten“, berichtet Katharina Habersbrunner, stellvertretende Vorsitzende der Bürgerenergiegenossenschaft eG (BENG). „Wir kennen uns als Energiegenossenschaft aus mit dem Bauen, Betreiben und Finanzieren von PV-Anlagen, und darin, Mitglieder zu motivieren, mitzumachen. Auch die mittels eigener Anlagen erzeugte Energie an Gemeinden zu verkaufen, ist für viele ein bekanntes Terrain. Anders sieht es jedoch mit der Endkunden-Stromversorgung aus, wie es klassische Energieversorger tun. Das auch noch zu übernehmen wäre nicht effizient. Der administrative Aufwand hierfür, die rechtsichere Abwicklung und der kontinuierliche Erwerb des dafür erforderlichen Wissens sind zu zeitintensiv.“ Die BENG eG arbeitet daher bei ihrem ersten Mieterstromprojekt in Kirchheim bei München mit dem Ökoenergieversorger Polarstern zusammen. „Das wird nicht das letzte Mieterstromprojekt von BENG sein“, sagt Katharina Habersbrunner. „Wir sehen Mieterstrom als wichtiges Geschäftsfeld von Energiegenossenschaften mit dem Ziel, die dezentrale Stromversorgung zu fördern und hier besonders das Potenzial in den Städten zu nutzen.“ Dazu wird BENG eG künftig gezielt Gebäudebesitzer im Großraum München ansprechen.

Eine Herausforderung in der Umsetzung von Mieterstrom seien in manchen Fällen auch die längeren Diskussions- und Entscheidungsprozesse, die sich aus der Struktur von Genossenschaften ergäben, weiß Florian Henle von Polarstern. Nicht zu vergessen sei dabei der psychologische Aspekt: Sich lange hinziehende Projekte werden nicht nur unwirtschaftlicher, sie erhalten dadurch auch Gegenwind. In diesem Zusammenhang betont Florian Henle, wie entscheidend die Zusammensetzung der Genossenschaft ist: „Je heterogener die Genossenschaft ist, umso schwieriger ist die Umsetzung, weil nicht alle Mitglieder hinter dem Projekt stehen.“ Da bei Mieterstromprojekten zudem das Objekt in der Hand der Genossenschaft bleibt und die Mitglieder zum Teil selbst darin wohnen, bringe dies viele Emotionen in das Projekt.

Erstes Mieterstromprojekt der Bürgerenergiegenossenschaft eG (BENG)
In einem Neubau mit 25 Mietwohnungen in Kirchheim bei München realisiert Polarstern zusammen mit der Bürgerenergiegenossenschaft eG ein Mieterstromprojekt. Die auf dem Dach befindliche PV-Anlage hat eine Leistung von 58 Kilowatt Peak und deckt damit rund 40 Prozent des Strombedarfs der Mieter. Jeder Mieter kann sich frei für die Teilnahme an der Mieterstromversorgung entscheiden und auch, ob er selbst Mitglied bei der Genossenschaft werden und sich über BENG an der Anlage sowie an weiteren Projekten beteiligen will.






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