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06.07.2017 Gewerbeimmobilien: Globales Kapital treibt Transaktionsvolumen

Investitionen in deutsche Gewerbeimmobilien beliefen sich nach Angaben von Colliers International im ersten Halbjahr 2017 auf 25,9 Milliarden Euro. Damit beträgt der Zuwachs des Transaktionsvolumens gegenüber der Jahresmitte 2016 rund 45 Prozent und erreicht somit fast das Rekordergebnis, das für ein erstes Halbjahr aufgezeichnet wurde. Es stammt aus dem Jahr 2007 und lag bei rund 28 Milliarden Euro. Der Zehnjahresdurchschnitt wird um sensationelle 76 Prozent übertroffen.

„Der Anlegerfokus bleibt fest auf Deutschland gerichtet. Internationales Kapital hat an Marktanteilen hinzugewonnen, während deutsches Kapital ebenfalls weiter expansiv ist“, fasst Matthias Leube, CEO und Head of Capital Markets bei Colliers International Deutschland, die aktuellen Entwicklungen zusammen. In Zahlen ausgedrückt: Gegenüber dem ersten Halbjahr 2016 hat sich das Volumen ausländischer Transaktionen auf 12 Milliarden Euro fast verdoppelt. Diese Summe entspricht einem Anteil von 46 Prozent aller Transaktionsumsätze der letzten sechs Monate. Die Steigerung des im vergangenen Jahr stark dominierenden heimischen Kapitals betrug immerhin weitere 20 Prozent auf 14 Milliarden Euro. Dessen Marktanteil liegt bei 54 Prozent.

Ausgesprochen marktprägend waren in den vergangenen sechs Monaten drei Paketverkäufe in der Größenordnung von 700 Millionen Euro und darüber. Die mit 2 Milliarden Euro größte Transaktion stellt der Verkauf der Blackstone-Tochter und Logistikplattform Logicor an die China Investment Corporation dar. Wie schon im Vorquartal beim Hansteen-Logistikportfolio, dem zweitgrößten Deal des Halbjahres mit rund 1 Milliarde Euro Volumen, und dem Ikea-Homepark-Deal handelt es sich um die deutschen Anteile länderübergreifender Portfolien. Diese bieten globalen Investoren oft die einzige Möglichkeit, Tickets im Milliarden-Euro-Bereich zu plazieren. Das drittgrößte Portfolio mit knapp 700 Millionen Euro, bestehend aus 90 Einzelhandelsimmobilien, wurde im Auftrag eines deutschen institutionellen Investors, der Bayerischen Versorgungskammer, angekauft.

Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2017 10,3 Milliarden Euro bzw. 40 Prozent in Form von Portfolien gehandelt, was einer Verdoppelung des Volumens gegenüber dem Vorjahr entspricht.

Länderübergreifende Megaportfolien zeigen Ausmaß globalen Anlagedrucks

Die aktuelle Kumulierung gehandelter supranationaler Megaportfolien belegt eindrucksvoll das erreichte Ausmaß des seit Jahren steigenden Anlagedrucks und des global zirkulierenden Kapitals. Gleichzeitig reduzieren sich die Anlagemöglichkeiten, die einerseits dem Sicherheitsbedürfnis, andererseits den Rentabilitätsanforderungen der meisten Investoren entsprechen.

„Trotz der moderaten Zinsanhebung der FED im Juni begünstigen das weltweit anzutreffende Niedrigzinsumfeld und die im Markt befindliche Liquidität die Assetklasse Immobilien weiterhin“, begründet Susanne Kiese, Head of Research bei Colliers International Deutschland diese auffällige Entwicklung. „Die EZB wird einen Einstieg in den Ausstieg der ultralockeren Geldpolitik frühestens Anfang 2018 mit rückläufigen Anleihekäufen beginnen, ehe der Leitzins die Nulllinie und der Einlagenzins den Negativbereich verlassen. Erst damit wird auch der bislang vorteilhafte Risikoaufschlag für Immobilieninvestments hierzulande und in anderen Kernländern anfangen zu schwinden.“ Dabei wird Deutschland angesichts globaler geopolitischer und wirtschaftlicher Risiken als Stabilitätsanker in der Wahrnehmung der Anleger Bestand haben. Zu den Risiken zählen vor allem angekündigte protektionistische Maßnahmen der USA, weitestgehend unbekannte Auswirkungen der Brexit-Verhandlungen sowie politische Unruheherde unter anderem im Nahen Osten. Das hohe Maß an Stabilität drückt sich auch in dem seit vier Jahren anhaltenden Wirtschaftswachstum aus, das nach jüngsten Prognosen der Wirtschaftsforschungsinstitute 2018 und darüber hinaus fortbestehen wird. Die starke Beimischung deutscher Objekte in den länderübergreifenden Portfolien weist zugleich auf die Marktgröße und Produktvielfalt des deutschen Immobilienmarktes hin. Dieser ist im Gegensatz zu den meisten europäischen Kernmärkten nicht auf eine landesweit ausstrahlende Metropolregion beschränkt und bietet ein zum Teil noch unausgeschöpftes Anlagepotenzial.

Struktur der Anlegergruppen stark von Megadeals geprägt

Begünstigt durch die erwähnten Megadeals setzten sich unter den Investorengruppen klar zwei Nationalitäten durch. Jeweils deutlich über 2 Milliarden Euro gehen auf das Konto chinesischer sowie US-amerikanischer Investoren. Unter ihnen nutzen Opportunity Fonds wie Blackstone die zeitlich begrenzte Gelegenheit, nahe des Zyklushöhepunktes Marktwertzuwächse mitzunehmen. Bestes Beispiel ist der Weiterverkauf einiger Objekte des im Dezember angekauften OfficeFirst-Portfolios an alstria.

Ansonsten hat auf der Verkäuferseite die Dominanz von Vermögensverwaltern (26 Prozent) und Projektentwicklern (19 Prozent) weiter Bestand. Sie bleiben bis auf weiteres Hauptprofiteure des Produktmangels im Core- und Core-Plus-Segment. Unter den Käufern stehen Offene Immobilienfonds bzw. Spezialfonds (33 Prozent) weiter an der Spitze, die trotz temporärer Annahmestopps starke Mittelzuflüsse vor allem von privaten Kleinanlegern verzeichnen.

Portfolien prägen Mittelallokation nach Standort und Assetklassen

Vor allem die zahlreichen Portfoliodeals haben bezüglich der registrierten Standorte und Segmente zu einigen Auffälligkeiten in der Verteilung der Anlagevolumina geführt. Standortbezogen hat der Bedeutungszuwachs von Investments außerhalb der TOP 7-Standorte seit Jahresbeginn weiter an Dynamik gewonnen. Abweichend vom langjährigen Durchschnittswert, der unter 50 Prozent liegt, wurden dort 58 Prozent plaziert.

Unter den TOP 7-Standorten liegt Berlin unangefochten ganz oben in der Gunst der Anleger und bleibt Schauplatz großer Einzelinvestments. Als erstes deutsches Investmentzentrum in einem ersten Halbjahr überhaupt schaffte die Bundeshauptstadt den Sprung über die drei-Milliarden-Euro-Marke. Derzeit am Markt gehandelte Deals versprechen zum Jahresende ein erneut überdurchschnittliches Abschneiden. Dauerkonkurrent München brachte es auf 2,2 Milliarden Euro, ein Plus von 21 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Frankfurt erreichte mit 2,1 Milliarden Euro ein ähnliches Niveau (plus 25 Prozent) und verweist Hamburg auf den vierten Platz mit 1,3 Milliarden Euro. Den höchsten Zuwachs zum Vorjahr erzielte Köln mit 132 Prozent. Die 880 Millionen Euro wurden wesentlich von zwei Großdeals im ersten Quartal 2017 getragen (Kaufhof-Zentrale, Gerling-/Friesenquartier). Es folgen Düsseldorf mit 750 Millionen Euro und Stuttgart mit 611 Millionen Euro. Insgesamt blicken alle sieben Investmenthochburgen auf Resultate deutlich über dem Zehnjahresdurchschnitt zurück.

Betrachtet nach Segmenten wird vor allem die herausragende Bedeutung der Assetklasse Logistik deutlich. Mit einem Marktanteil von 21 Prozent (5,4 Milliarden Euro) spielen Logistikimmobilien erstmalig in der Größenordnung der zweitwichtigsten Assetklasse Einzelhandel (5,7 Milliarden Euro bzw. 22 Prozent) mit. Ganz oben auf dem Treppchen sind weiterhin Büroimmobilien zu finden (10,3 Milliarden Euro bzw. 40 Prozent).

Noch gehen die meisten Investoren bei sinkender Spitzenrendite mit

Wie sich an den gesunkenen Spitzenrenditen im Bürobereich einzelner TOP 7-Märkte zeigt, sind die Anleger die steigenden Kaufpreise bislang noch mitgegangen. Auch in Frankfurt liegt der Wert mittlerweile unter 4 Prozent. Die 30fache Jahresmiete für ein Spitzenobjekt wurde bereits am Markt abgerufen. Berlin konnte aufgrund der hohen Mietsteigerungen ebenfalls höhere Preise durchsetzen und erreicht neben München mit 3,25 Prozent ein neues Renditetief. In anderen Immobiliensegmenten wie im Logistiksektor setzt sich die Renditekompression sogar noch mit höherer Dynamik fort. Auch dort ist die 5-Prozent-Marke mittlerweile gefallen. „Allerdings beobachten wir zunehmend, dass die Akzeptanz aufwendiger Bieterprozesse zu schwinden beginnt und Käufer daran interessiert sind, eine reelle Chance zu bekommen, Immobilien zu erwerben“, beurteilt Leube die aktuelle Preisentwicklung. „Unsere wichtigste Aufgabe ist es, bei Verkäufen die Investitionsmöglichkeit im Hinblick auf Lage, Objektqualität, Mietbonität und -Steigerungspotenzial zu erklären, um die Objekte am Markt zu den aufgerufenen Preisen zu plazieren.“

Ausblick: Transaktionsvolumen 2017 von über 50 Milliarden Euro

Der deutsche Investmentmarkt befindet sich derzeit in einer weiterhin starken Zyklusphase. Leube prognostiziert abschließend: „Selbst wenn wir keinen fulminanten Jahresendspurt wie im vierten Quartal 2016 erleben sollten, gehen wir von einem ähnlich hohen Jahresabschluss mit einem Transaktionsvolumen von über 50 Milliarden Euro aus.“ Dafür sprechen die Umsätze der ersten Jahreshälfte, die, auf breiter Basis fußend, auch ohne die erwähnten Megadeals über dem langjährigen Mittel liegen. Zudem stehen noch einige Großdeals wie das Sony Center aus, deren Abschlüsse noch für dieses Jahr erwartet werden.“






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