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31.05.2017 ULI Germany: Co-Working - Wir sind erst am Anfang

Er verkörpert das, wovor sich klassische Personalleiter heute noch fürchten: Er ist jung, hat seinen eigenen Kopf, steht in Jeans auf der Bühne und erzählt eine Geschichte, die man kaum glauben kann. Fabian Dittrich ist Unternehmer, Abenteurer, Speaker und digitaler Nomade. Zwischen 2014 und 2015 reiste er quer durch Südamerika und gründete in dieser Zeit ein Start-Up, das er aus seinem Land Rover heraus führte. Die Reise wurde in der Internetserie Startup Diaries festgehalten. Auf dem diesjährigen ULI Urban Leader Summit stellte der Jungunternehmer seinen aufregenden Weg ins digitale Nomadentum rund 300 Immobilienprofis vor.

Essenz seiner Reise: Als digitaler Nomade kann man nicht nur einfach irgendwo auf der Welt arbeiten. Man kann vieles sogar besser umsetzen als in einer herkömmlichen Büroumgebung. Obwohl sein Fahrzeug Schlafzimmer und Büro in einem war, gelang es ihm, seinen Arbeitsalltag mit entsprechenden Tools so effizient zu gestalten, dass er statt der üblichen acht Stunden seinen Workload in drei Stunden erledigen konnte. Wenn es unterwegs einmal kein Internet gab, behalf er sich mit SIM-Karten. Inzwischen ist Dittrich mit seinem Auto durch 50 Länder gereist und hat für annähernd 300 Kunden gearbeitet. "Freunde von mir in Mexiko stehen jeden Morgen und jeden Abend zwei Stunden im Stau. Wahnsinn. Wenn wir jungen Leute die Arbeitsbedingungen nicht verbessern, macht es niemand", erklärte er. Es werde nicht mehr lange dauern, bis das Internet weltweit nutz- und verfügbar sei. Ortloses Arbeiten werde daher für immer mehr Menschen zur Normalität.

Auch nach Überzeugung von Dr. Stefan Rief, Leiter Competence Center Workspace Innovation beim Fraunhofer Institut, steht der eigentliche Siegeszug des Co-Workings im Grunde erst bevor. "Die ersten Co-Working-Spaces waren Bürogemeinschaften von outgesourcten IT-Fachleuten, die nicht zuhause arbeiten wollten, sondern eine vertrauensvolle Gemeinschaft, einen bestimmten Spirit suchten, und für die auch soziale Aspekte wichtig waren. Der nächste Schub geht von den Unternehmen selbst aus", erklärte Rief. Zwar stünden sich heute Co-Working- und Corporate-Welt oftmals noch verständnislos gegenüber. Doch das Interesse der Unternehmen, kreative Potenziale in ihren Belegschaften zu fördern, nehme spürbar zu. Und damit auch die Bereitschaft, Co-Working-Modelle in ihren verschiedenen Spielarten zu erproben. "Die Möglichkeiten reichen von der temporären Anmietung von Projektflächen für eigene Teams bis hin zu Co-Working mit Dienstleistern und Entwicklungspartnern", so Rief. Auch als Alternative zum klassischen Homeoffice seien Co-Working-Modelle interessant, da der Motivations- und Kreativitäts-Output erwiesenermaßen höher sei.

Chancen und Risiken müssten von den Unternehmen, aber auch von den Mitarbeitern, fein abgewogen werden. So belegen Studien laut Rief, dass die räumliche Nähe zu Teamleitern die Karriereaussichten grundsätzlich erhöht. "Co-Working ist keine Aufstiegsbremse, doch man sollte eben nicht immer weg sein", so der Rat des Fraunhofer-Mannes.

Jens Böhnlein, Group Head of Office Solutions & Design bei der CA Immobilien Anlagen AG, machte auf die Folgen des Co-Workings für die klassische Büroimmobilie aufmerksam: "Es geht hierbei eben nicht um das Unterbringen möglichst vieler Menschen auf einer Fläche, sondern um das Schaffen eines Lebensgefühls, nicht um Quadratmeter, sondern um Platz für ein Netzwerk und eine Community." In einem projektierten Neubau habe man die beste Fläche mit dem einzigen Balkon schon jetzt für einen Co-Working-Space reserviert. Böhnlein glaubt, dass sich bald auch klassische Unternehmen für solche Flächen interessieren und dafür auch längere Mietverträge abschließen werden. Dieser Weg hat freilich einen Haken, wie die Diskussion weiter zeigte: Von Corporates gegründete Spaces sind nicht mehr subversiv und rotten gewissermaßen die Seele des Co-Workings aus. Vermieter und Bestandshalter eines großen Portfolios wie die CA Immo sehen darin kein Problem: "Wir sind überzeugt, dass Unternehmen für ihre wichtigsten Einheiten weiterhin klassische Büroflächen anmieten werden, jedoch ergänzt durch Betreibermodelle wie Co-Working", so Böhnlein. Uneins waren sich die Diskussionsteilnehmer, ob Co-Working ein rein metropolgetriebenes Thema ist. "Wir sollten darüber nachdenken, ob sich nicht auch Chancen für den ländlichen Raum ergeben", sagte Executive Director des ULI Germany, Claudia C. Gotz.







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