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02.02.2017 AENGEVELT über Spitzenmieten und Passantenfrequenzen in Top-Lagen

Einzelhandels-Spitzenmieten repräsentieren die Attraktivität und das Flächen-Umsatz-Potenzial zentraler Top-/1a-/City-Lagen. Wie Spitzenmieten mit Passantenfrequenzen zusammenhängen, beleuchtet AENGEVELT-RESEARCH angesichts aktueller Diskussionen über die Messung von Passantenfrequenzen.

In den deutschen TOP-7 (600.000 bis 3,5 Mio. Einwohner) liegen die Einzelhandels-Spitzenmieten 2015/2016 im Mittel bei monatlich EUR 300/m² (EUR 250-380), in den analysierten Städten mit 3-600.000 Einwohnern bei EUR 140/m² (EUR 60-200), bei 1-300.000 Einwohnern bei EUR 100/m² (EUR 50-150), bei unter 100.000 Einwohnern bei EUR 50/m² (EUR 20-90).

Verschiedene Dienstleister ermitteln regelmäßig Passantenfrequenzen in Top-Lagen deutscher Städte. Dabei ergeben sich nicht nur zwischen den Städten sehr große Unterschiede, sondern abhängig vom genauen Zählort, Datum und Zählzeitraum auch innerhalb derselben Stadt oder gar Lage. Die Kompetenzgruppe „Einzelhandel“ der gif (Ges. f. Immobilienwirtschaftliche Forschung e.V.) arbeitet daher an einer Richtlinie zur Konzeption von Frequenzzählungen mit hoher Vergleichbarkeit.

München ist unangefochtener Spitzenreiter sowohl bei Spitzenmiete wie auch bei Passanten-Frequenz für Top-Handelslagen: EUR 380/m² werden für kleine Flächen in der Kaufingerstraße monatlich erwartet. Mit rd. 17.700 Passanten pro Stunde zählte JLL 2016 dort auch einen neuen Deutschland-Rekord, der umgerechnet 2,2 „Spitzenmiet-Cents/m² pro Passant/h“ entspricht. In der Königsallee in Düsseldorf beträgt trotz der deutlich geringeren Frequenz von etwa 5.000 Passanten/h die Spitzenmiete EUR 290/m², umgerechnet 5,8 „Spitzenmiet-Cents/m² pro Passant/h“ - fast drei Mal so viel wie in München.

Wie also hängen Passantenfrequenz und erzielbare Spitzenmiete für die Top-Lage/n unterschiedlicher Städte zusammen? Die Umsatzwirksamkeit, d.h. „aktivierbare Kaufkraft“ der Passanten entscheidet. AENGEVELT-RESEARCH analysierte Frequenzpublikationen für rund 50 ausgewählte Städte unterschiedlicher Größenordnung und tw. auch mehrere Jahre, und erhielt einen guten qualitativen Zusammenhang zwischen der Höhe der Spitzenmiete und dem Umsatzpotenzial anhand der Parameter

• Passanten-Frequenz (Personen/h als (Kontakt-) Potenzial der Lage)
• Einzelhandels-Kaufkraft-Index (für Einkauf verfügbarer Geldbetrag relativ zum Bundeswert von dzt. etwa EUR 6.800 p.a. p.c.)
• Zentralitäts-Index der Stadt (Umsatz-Veränderung durch Kaufkraft-Zu-/Abfluss von/nach außerhalb incl. Touristen)
• Einwohnerzahl der Stadt bzw. Region (als Gesamtumsatz-Basis)

Je größer das EZH-Kaufkraft-Potenzial der Stadt und seines handelsrelevanten Einzugsgebietes ist, und/oder je mehr sich der Umsatz auf die jeweilige Top-/1a-City-Lage konzentriert, desto höhere Spitzenmieten sind dort für einen Einzelhändler leistbar. Luxuslagen (die „Kö“ in Düsseldorf) erzielen höhere Umsätze, bzw. tragen höhere Spitzenmieten bei gleicher Frequenz als andernorts. Der Maximalwert spiegelt die tragfähige Pacht des erzielbaren Flächen-Umsatzes einer Lage. In TOP-1a-Lagen wird dieser meist von internationalen Luxusanbietern gezahlt: Bei einer Flächenproduktivität von EUR 6.500/m²/a und einer Pacht-Tragfähigkeit von 15% des Jahresumsatzes kann die Miete EUR 975/m²/a bzw. rd. EUR 81/m² monatlich betragen, bei 15.000 Euro Jahresumsatz und 25% Tragfähigkeit sind EUR 312/m² monatlich aus dem Umsatz leistbar. In Top-Lagen bzw. Flagship Stores findet sich auch ein „Marketing-Budget-Anteil“ in der Mietfinanzierung, welcher die Marke stärken und überregionale Bekanntheit sowie Online-Umsätze steigern helfen soll. Die branchen- und sortimentstypischen Umsatz- und Margenparameter sowie Flächenbedarfe (Möbel vs. Lebensmittel vs. Juwelen) bestimmen also, ob und mit wieviel Fläche sich ein Unternehmen in einer 1a-Lage ansiedeln, bzw. welche (Spitzen-) Miete ein Vermieter maximal anpeilen kann.

Cartier et al. benötigen ausreichende Anzahlen spendabler Umsatzbringer. Daher sind Branchenzusammensetzung und Spitzenmieten der TOP 1a-Lagen ganz stark von der Stadttypologie, Wirtschaftskraft, regionalen und touristischen Bedeutung abhängig. Ist das Potenzial der Stadt und ihres Einzugsgebietes interessant genug, um Spitzenunternehmen des Handels für eine Top-Lage zu begeistern? Deutsche Städte differenzieren sich u.a. durch die Relation von Kernstadt zu (z.B. 50km-) Einzugsgebiet beim Gesamtpotenzial der Einzelhandelskaufkraft (in Klammern: Einzelhandels-umsatz) auf: München liegt z.B. bei 11 zu 22 (12 zu 22) Mrd. Euro, Berlin mit 2,5-facher Stadtbevölkerung und 30 Mio. Touristen pro Jahr „nur“ bei 23 zu 30 (23 zu 28) Mrd. Euro, während die Labels in Düsseldorf mit 4 zu 57 (5 zu 52) Mrd. Euro ganz wesentlich vom dichten Metropolraum profitieren. Die Spitzenmiete bildet damit auch Regional-, Sortiments- und Anbieter-Strukturen ab. In Metropolen mit mittleren Flächenproduktivitäten der City von EUR 6.500/m² bilden sich differenzierte Lagen mit Luxus-, Premium- und konsumigen Angeboten. In kleineren Städten mit Flächenproduktivitäten um EUR 3.000/m² (tragfähige Monatsmiete EUR 40/m², Spitze EUR 80-100/m²) sind bestimmte Anbieter nicht vertreten. Im Vergleich mit internationalen Top-Locations wie Upper 5th Avenue (EUR 2.400/m²) oder Champs Élysées (EUR 1.100/m²) relativiert sich die Bedeutung bzw. Mieten-Tragfähigkeit deutscher Luxuslagen.

Immobilienpreise und erzielbare Wirtschaftsleitung einer Lage hängen eng zusammen: Hohe Wirtschaftsleistung (Umsatz*Marge) erlaubt hohe Mieten bzw. Transaktionspreise. Soll ein Kaufpreis von EUR 10.000/m² (KaDeWe Berlin) mit 5,0 % verzinst werden, so entspricht dies jährlich EUR 500/m² bzw. monatlich rd. EUR 40/m². Kleine Läden von ca. 100m², für die ja die Spitzenmieten ausgewiesen werden, kosten dabei das Zehnfache, abgeleitet von Umsatzpotenzialen, tragen überproportionale Anteile der Gesamt-Immobilienkosten und führen zu den hohen Preisen für innerstädtische Geschäftshäuser. In einer Stadt mit Kaufpreisen um z.B. EUR 3.000/m² bewegen sich Mieten analog bei etwa EUR 12,50/m² bzw. in der Spitze bei EUR 100-120/m². Bauliche Strukturen der Cities spielen insofern ein Rolle, als touristisch attraktive, aber kleinräumig bebaute Altstädte nicht so passanten- und flächeneffizient sind und daher deutlich geringere Umsatz-Mieten zulassen.

Fazit:

Wie zu erwarten, hängen Immobilienpreise und erzielbare Wirtschaftsleitung eng zusammen. Hohe Wirtschaftsleistung erlaubt hohe Transaktionspreise et vice versa. Mit steigender Konkurrenz müssen internationale Labels hohe Mieten akzeptieren, um vor Ort sichtbar zu bleiben, können diese Miete aber dank der Kombination von Flächenproduktivität und Marketing-Budget tragen. Große Mietpreis-Unterschiede zwischen Städten sowie innerhalb polyzentrischer Metropolen zeigen, dass jede Situation differenziert betrachtet werden muss, um Mietforderungen sinnvoll abzuschätzen und erfolgswirksam zu begründen.




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