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15.12.2016 Immobilienfinanzierungsindex mit niedrigstem Stand seit vier Jahren

Der Deutsche Immobilienfinanzierungsindex (DIFI) sinkt im vierten Quartal 2016 um 2,3 auf 4,4 Punkte. Dies ist der dritte Rückgang in Folge, gleichbedeutend dem niedrigsten Stand seit vier Jahren. Der Abwärtstrend seit Anfang 2015 mit einem moderaten Zwischenhoch zum Jahreswechsel 2015/2016 hält an. „Das Finanzierungsklima für gewerbliche Immobilien bewegt sich damit insgesamt zwar immer noch im positiven Bereich, die Pessimisten stehen aber mittlerweile kurz davor, bei der Beurteilung des Finanzierungsklimas die Optimisten erstmals seit Ende 2012 wieder zu dominieren“, so Markus Kreuter, bei JLL Team Leader Debt Advisory Germany.

Der Rückgang des DIFI beruht auf pessimistischeren Erwartungen bezüglich des Finanzierungsumfelds in den kommenden sechs Monaten: Der Saldo aus optimistischen und pessimistischen Einschätzungen sinkt gemittelt über alle Nutzungsarten um 5,7 auf minus 7,7 Punkte. „Trotz dieses Rückgangs gehen drei Viertel und damit die große Mehrheit der Umfrageteilnehmer von unveränderten Finanzierungsbedingungen im kommenden Halbjahr aus“, so Dr. Oliver Lerbs, stellvertretender Bereichsleiter für Internationale Finanzmärkte und Finanzmanagement am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Bei der Frage der Entwicklung der Finanzierungslage in den vergangenen sechs Monaten legte der Saldo aus positiven und negativen Antworten hingegen leicht zu: um 1,1 auf 16,4 Punkte.

„Die Regulierung beschäftigt die Immobilienfinanzierer weiterhin. Zwar soll bei der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie unter Federführung der Bundesministerien für Finanzen und Justiz nachgebessert werden und der angedachte Aufbau eines Einzelkreditregisters nicht vollzogen werden. Allerdings sorgen Pläne des Bundesfinanzministeriums für Unsicherheit: sofern die BaFin Anzeichen für eine Überhitzung des Marktes sehe, solle sie die Möglichkeit erhalten, zukünftig die Vergabe von gewerblichen Wohnimmobilienkrediten einzuschränken“, so Kreuter.

Finanzierungserwartungen bei Büro und Einzelhandel gesunken
Der Rückgang der Finanzierungserwartungen im DIFI ist vorwiegend auf spürbare Verluste bei den Nutzungsarten Büro und Einzelhandel zurückzuführen. Die entsprechenden Salden sinken um 13,2 bzw. 10,0 Punkte und liegen nun bei minus 13,1 bzw. minus 15,6 Punkten. Bei der Einschätzung der Finanzierungslage der vergangenen sechs Monate verliert das Bürosegment nur marginal, der Saldo für den Einzelhandel liegt 4,9 Punkte unter dem dritten Quartal 2016. „Diese Entwicklung basiert auf der schwindenden Dynamik bei Einzelhandelsimmobilien. In den ersten drei Quartalen 2016 wurde in diesem Segment 40 % weniger Investmentumsatz erzielt als im Vorjahreszeitraum“, so Helge Scheunemann, bei JLL Head of Research Germany. Zugewinne für Logistik und Wohnen von 3,6 bzw. 6,0 Punkten führen insgesamt zu einer leichten Verbesserung des aggregierten Saldos für die Finanzierungslage.

Einschätzung der Refinanzierungsmärkte: Größte Verluste bei Immobilienaktien
Ein sehr heterogenes Bild ergibt sich bei der Bewertung der Refinanzierungsmärkte. Während Pfandbriefe in der Situations- und Erwartungseinschätzung leicht verlieren, legen unbesicherte Schuldverschreibungen jeweils in ähnlicher Größenordnung zu. „Trotz dieser Entwicklung bei Schuldverschreibungen erwarten die Experten weiterhin steigende Spreads gegenüber öffentlichen deutschen Anleihen“, so Kreuter. Für Hypothekenpfandbriefe gehen sie im Zuge des EZB-Ankaufprogramms per Saldo dagegen von weiter sinkenden Spreads aus. Offenbar hatten die Marktteilnehmer zum Umfragezeitpunkt bereits überwiegend mit einer Verlängerung des Programms gerechnet, die dann im Dezember durch die EZB bis Ende 2017 verkündet wurde. Für Einlagen wird die Zukunft positiver, die aktuelle Lage dagegen negativer eingeschätzt als im vorigen Quartal.

Die größten Verluste bei den Refinanzierungsinstrumenten verzeichnen Immobilienaktien. Der Saldo der Lageeinschätzung sinkt um 4,8 auf 8,1 Punkte, bei der Erwartungseinschätzung rutscht er gar um 21,3 auf minus 14,7 Punkte ab. Pessimistischer waren die Aussichten zuletzt zum Jahresanfang im Kontext der damaligen Aktienmarktturbulenzen.

Sonderfragen: Marktwert vs. Beleihungswert und erwartete Zinssätze
Teilnehmende Banken wurden im aktuellen DIFI zu den Grundlagen der Kreditvergabepolitik befragt, konkret zur dominierenden Bewertungsmethode der für die Kreditbesicherung herangezogenen Immobilien in ihrem Institut.
70 % der Banken geben an, ihr finales Kreditvotum vorwiegend auf dem Beleihungswert nach deutscher Beleihungswertermittlungsverordnung zu basieren. Bei 26 % dominiert der deutsche Ertragswert gemäß Immobilienwertermittlungsverordnung und bei lediglich 4 % ein internationales Bewertungsverfahren (z. B. gemäß Red Book der Royal Institution of Chartered Surveyors). „Bemerkenswert ist, dass sich fast alle Banken, die der Definition des Beleihungswertes folgen (müssen), aufgrund dieser Tatsache im Wettbewerb mit anderen Instituten benachteiligt sehen. Die Verwendung internationaler Verfahren wird – sofern bestehend – spiegelbildlich als vorteilhaft wahrgenommen“, so Kreuter. In der aktuellen regulatorischen Diskussion um eine Erhöhung der Risikogewichte für gewerbliche Immobilienfinanzierungen rücke der Wert der Immobilie weiter in den Vordergrund.

Wie bereits in den Abschlussquartalen der vergangenen Jahre wurden die Experten nach ihren Zinserwartungen für Ende 2017 und Ende 2018 gefragt. Die zukünftig erwarteten Bandbreiten liegen mithin deutlich über den heutigen Zinsniveaus. Der 3-Monats-Euribor (zum Umfragezeitpunkt bei rund -0,30 %) wird Ende 2017 mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen -0,3 % und -0,2 % liegen, Ende 2018 zwischen -0,1 % und 0,3 %. Die Rate für einen EUR-Zinsswap versus 6-Monats-Euribor mit zehnjähriger Laufzeit (zum Umfragezeitpunkt bei rund 0,40 %) wird Ende 2017 zwischen 0,5 % und 0,8 % gesehen, Ende 2018 zwischen 0,8 % und 1,2 %.

„Damit erwarten die Umfrageteilnehmer nicht nur ein Ende fallender Zinsen, sondern auch eine Abkehr von der zuletzt beobachtbaren Seitwärtsbewegung. Diese Umkehr lässt sich einerseits durch nach oben angepasste Inflationserwartungen im Euroraum begründen“, so Dr. Oliver Lerbs. Zum anderen dürfte insbesondere für die Prognosen 2018 auch der internationale Zinszusammenhang maßgeblich sein. So betonte die Präsidentin des Federal Reserve Boards der Vereinigten Staaten, Janet Yellen, nach der US-Präsidentenwahl, dass die FED an einer Strategie der Zinserhöhungen festhalten werde, eine Haltung, die auch dem künftigen US-Präsidenten Trump zugesprochen wird. Sie steht in Einklang mit dem im Wahlkampf angekündigten schuldenfinanzierten Konjunkturprogramm in den USA, das zu steigenden Langfristzinsen in den USA führen dürfte.






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