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11.12.2015 Zukunftsfähige Pflegeimmobilien: Was Investoren beachten müssen

Alte Menschen, die sich zu turbulenten WGs zusammentun oder einen abenteuerreichen Ruhestand auf Mallorca oder in Thailand erleben, sieht man derzeit vor allem im Kino. In der Realität stellt sich die Lage etwas anders dar. Im Alter brauchen Menschen häufig stationäre Betreuung, und angesichts der demografischen Entwicklung in Deutschland kann man heute schon die Defizite von morgen beschreiben. Bis zum Jahr 2050 wird die Anzahl der Pflegebedürftigen um ca. 80 Prozent steigen. Bis dahin werden rund 570.000 Pflegebetten fehlen. Zur Deckung dieser Versorgungslücke müssten bis 2050 etwa 120 Pflegeeinrichtungen pro Jahr neu errichtet werden.

Es ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, den Pflegebedürftigen von Morgen Heimplätze in ausreichender Zahl anzubieten, und das ist nicht nur eine Frage von Etats. Wie wollen wir überhaupt im Alter leben? Welche Art von Pflegeeinrichtungen benötigen wir in Zukunft, und wie sind sie finanzierbar? Welche stationären Wohnkonzepte sind zukunftsfähig und nachhaltig? Das sind Kernfragen, die wir uns stellen müssen.

Den richtigen Betreiber finden

Eines ist gewiss: Ohne private Investoren wird der Bedarf an neuen Pflegeheimen oder zu sanierenden Bestandsbauten nicht zu decken sein. Denn die Kommunen ziehen sich hier aus Finanzknappheit immer mehr zurück, und auch die Kapazitäten der freigemeinnützigen Träger sind begrenzt. Investoren müssen sich indessen darüber im Klaren sein, dass eine Pflegeimmobilie besondere Anforderungen hinsichtlich Standort, Komplexität, Betrieb und Kooperation der Partner stellt. Als Berater im Bereich Pflegeimmobilien erleben wir immer wieder, dass diese Herausforderungen unterschätzt werden.

Ein Pflegeheim vereint mit Wohnen, Pflege und Gastronomie mehrere Funktionen. Wer als Investor einen Betreiber sucht, kann sich hier keine Fehlentscheidung erlauben. Denn der Betreiber ist Dreh- und Angelpunkt des Investments. Gerät er in eine wirtschaftliche Schieflage, kann der Immobilieneigentümer kaum etwas dagegen unternehmen. Erschwerend kommt hinzu, dass die Betreiberszene bei Pflegeimmobilien extrem zersplittert ist: Auf die rund 11.000 in Deutschland derzeit existierenden vollstationären Pflegeheime mit insgesamt knapp 850.000 Plätzen kommen geschätzte 7.000 Betreiber. Die Standortsuche ist nicht weniger heikel; ihr muss eine intensive Recherche mit Erhebung umfassender Daten vorausgehen, seien sie demografischer, infrastruktureller oder ökonomischer Natur.

Bestandsimmobilien: Nicht immer umbaufähig

Weil sich bestehende Pflegeheime häufig in günstiger, zentraler Lage befinden, ist die erste Option für viele Projektentwickler, eine Bestandsimmobilie umzubauen. Das erfordert umfangreiche Maßnahmen im Hinblick auf ihre technische Infrastruktur, die Barrierefreiheit, Gemeinschaftsflächen, Zimmergrößen und die Bettenbelegung.

In alten Pflegeheimen gibt es häufig noch mehrheitlich Zwei- und Mehrbettzimmer. Moderne Heime erfordern jedoch einen Einzelzimmeranteil von 100 Prozent und ein Raumprogramm, das sich von tradierten Modellen absetzt. Als Berater haben wir zahlreiche Heime begutachtet, darunter sowohl privat als auch kommunal geführte. Von einer Sanierung raten wir ab, wo wir zum Beispiel Gebäude mit Flurlängen von mehr als hundert Metern vorfinden. Moderne Gebäude reihen die Zimmer nicht an langen Fluren entlang, sondern bilden häufig Cluster, die sich aus mehreren personell und räumlich eigenständigen Hausgemeinschaften zusammensetzen. Dies ist nicht nur strukturell in vieler Hinsicht sinnvoller, es erleichtert auch den Brandschutz.

Pflegeheime mit Wohnkonzepten gefragt

Auch an Ambiente und Ausstattung werden mittlerweile ganz neue Anforderungen gestellt. Der Anstaltscharakter alter Pflegeheime wirkt heute abschreckend; wer einen Platz im Pflegeheim erhält, erwartet ein hotelähnliches Ambiente, in dem jedes Zimmer über ein eigenes Bad verfügt, wo Farbe und Licht Akzente setzen und die Böden nicht mit Krankenhauslinoleum ausgelegt sind, um nur einige Beispiele zu nennen.

Alleine mit Sicherung und Umbau des Bestands lässt sich der prognostizierte Bettenmangel allerdings nicht beheben. So bleibt noch die Option des Neubaus. Schwierigkeiten können hier die Grundstückspreise und der Mangel an verfügbaren Flächen im innerstädtischen Raum bereiten. Entwickler brauchen nach unserer Erfahrung häufig Unterstützung bei der Markt-und Standortanalyse sowie der Auswahl eines professionellen Betreibers. Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit einer Planung müssen ebenso geprüft werden wie die Qualitäten der Immobilie in Bezug auf Raumprogramm und Barrierefreiheit.

Kerndaten regelmäßig überprüfen

Da wir als Dienstleister die Schnittstelle zwischen Betreiber, Käufer und Entwickler besetzen, können wir sagen, wo die Vermittlung zwischen den Akteuren ansetzen muss. Je früher wir daher in den Entwicklungsprozess involviert werden desto besser. Immobilienentwickler haben häufig das Problem, dass sie zwar das Baumanagement beherrschen, aber wenig über den Betrieb eines Pflegeheims wissen. Ein Betreiber als Partner muss aus diesem Grund von Anfang an eingebunden werden, damit das Haus nach seinen Vorgaben entstehen kann.

Werden Verträge geschlossen, ist zur Prüfung in der Regel ebenfalls externes Expertenwissen gefragt. Ein Versorgungsvertrag legt fest, wie viele Betten der Betreiber einrichten darf, es gibt eine Pflegesatzvereinbarung sowie eine Vergütungsvereinbarung (zwischen Krankenkassen und Betreibern), und nicht zuletzt den Pachtvertrag mit dem Betreiber. Dieser Vertrag ist wie in der Branche üblich auf 20 Jahre angelegt und sollte schon wegen seiner langen Laufzeit maximale Absicherung bieten.

Seriöses Agieren sichert die Zukunft

Nicht nur vor, sondern auch nach dem Ankauf einer Pflegeimmobilie ist schließlich ein sorgfältiges periodisches Monitoring in regelmäßigen Abständen erforderlich. Lagequalität und Wettbewerbssituation, das Betriebskonzept und die vereinbarte Pacht müssen detailliert analysiert werden, und zwar in regelmäßigen Abständen.
Pflegeimmobilien sind mithin kein einfaches Investment, auch wenn die absehbaren demografischen Rahmenbedingungen Planungssicherheit suggerieren mögen.

Doch muss man viele komplexe Parameter beachten und gegeneinander abwägen. Gerade weil es hier um dringend benötigte Einrichtungen für das Gemeinwohl geht, ist es unerlässlich, dass Investoren und ihre Partner informiert und seriös agieren können. Denn ein Investment in Pflege ist ein Investment in die Zukunft unserer Gesellschaft.

Autor: Stefan Klingsöhr




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