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21.09.2015 Automobilproduktion rückt weiter aus Westeuropa ab

Nach Angaben des Immobilienberatungsunternehmens Colliers International haben sich Verlagerungen der Wirtschaftskraft sowie der Fertigungskapazitäten in den letzten 20 Jahren deutlich auf die Nachfrage- und Vertriebsdynamik der globalen Automobilindustrie ausgewirkt.

So wurden im Jahr 2015 30 Prozent des weltweiten Pkw-Absatzes in China erzielt. Dies entspricht einem Zuwachs um 400 Prozent in weniger als zehn Jahren. Im selben Zeitraum hat sich die Automobilproduktion in Europa von 43 auf 21 Prozent mehr als halbiert, wobei Westeuropa die Hauptlast trug. Von den Staaten Westeuropas waren Italien, Frankreich und Belgien am stärksten betroffen. In Großbritannien und in Spanien fiel der Rückgang bislang moderat aus. Nur Deutschland verzeichnet bislang keinen signifikanten Rückgang des Produktionsvolumens.

Wolfgang Speer, Chef von Colliers International Corporate Solutions: „Die Fahrzeugproduktion hat sich in die Region CEE verlagert, wobei die Slowakei, Tschechien und Rumänien die am schnellsten wachsenden Märkte sind. Unsere Analyse deutet darauf hin, dass dieses Wachstum größtenteils durch die Verlagerung der Produktion im Niedrig- und Mittelpreissegment sowie von Teilen der Lieferkette aus Westeuropa hervorgerufen wird. Gefördert wurde diese Entwicklung durch geringe Arbeitskosten, staatliche Subventionen und den Ausbau der Infrastruktur in der Region Mittel- und Osteuropa. R&D sowie auch der Prototypenbau sind nach wie vor in Deutschland anzutreffen – und werden hier auch weiter ausgebaut.“

Ausblick

Die Colliers-Untersuchung zeigt, dass 80 Prozent der in den letzten fünf Jahren durch europäische Unternehmen neu errichteten Werke außerhalb Europas eröffnet wurden. Derzeit entstehen 36 Prozent der im Bau befindlichen Fabriken europäischer Hersteller in Asien, 27 Prozent in Nordamerika.

Speer: „Der Expansionsschwerpunkt europäischer Autohersteller hat sich in den letzten fünf Jahren eindeutig von Europa in andere globale Märkte verlagert. Aufgrund der latenten Nachfrage, die sich an den Pkw-Verkaufszahlen ablesen lässt, und des Wunsches der Automobilhersteller nach einer Steigerung der lokalen Produktion sind aktuell zahlreiche neue Produktionsstätten in aller Welt im Bau. Ein Schwerpunkt liegt eindeutig in Schwellenländern wie China und Mexiko.

In Westeuropa wird der Absatzrückgang Druck auf die Automobilproduzenten ausüben, ihre Effizienz zu steigern und Kosten zu senken, indem sie ihre Lieferketten neu aufstellen. Die CEE-Märkte und deren Nachbarstaaten – etwa die Türkei – sind offenbar flexibler aufgestellt strukturelle Angebots- und Nachfrageveränderungen zu bewältigen. Diese Länder werden weiterhin Investitionen von Autoherstellern anziehen, die einen Kompromiss zwischen geographischer Nähe und geringeren Arbeitskosten suchen. So wollen sie ihre Produktionskosten senken und sowohl Europa als auch den Auslandsmarkt bedienen.

Im Ergebnis dürfte sich die Nachfrage nach Gewerbeflächen auf unterschiedlichen Ebenen der Lieferkette negativ entwickeln. Weitere Werksschließungen sind insbesondere an Standorten mit geringer Auslastungsquote möglich – und diese befinden sich hauptsächlich in Westeuropa.“

Rückgang des Pkw-Absatzes erwartet

In Europa weisen der demographische Wandel, die fortschreitende Urbanisierung, das Car-Sharing und autofreie Verkehrskonzepte in den Städten auf einen Rückgang der Automobilverkäufe hin. Bei der zukünftigen Nachfrage werden „grüne“, umweltfreundliche Modelle weiter Marktanteile gewinnen. Die Unterstützung durch europäische Spitzenpolitiker sowie das geänderte Kundenverhalten und das gestiegene Umweltbewusstsein der Verbraucher treiben die Entwicklung an, wenngleich sich diese bislang noch in einem frühen Entwicklungsstadium befindet.

Insgesamt werden diese Herausforderungen insbesondere in den traditionellen Märkten die Entwicklung der Automobilunternehmen von Produzenten zu Dienstleistern beschleunigen. Das zeigt sich bereits an dem Engagement einiger Autohersteller bei der Entwicklung von Car-Sharing-Modellen. Beispiele hierfür sind DriveNow von BMW, Car2Go von Mercedes und GoDrive von Ford.

„Die sinkenden Produktionszahlen werden durch aktuelle und künftige Investitionen in Forschung und Entwicklung in den Bereichen sauberer Technologien und treibstoffsparender Fahrzeuge mit neuer Digitaltechnik teilweise aufgefangen. Diese helfen auch dabei, die bestehende ´Produktionsflaute´ abzufedern, indem neue umweltfreundliche Modelle auf den Markt gebracht werden. So könnte auch die Nachfrage nach kurzfristig verfügbaren, spezialisierten Anlagen steigenAllerdings wird auch das nicht ausreichen, um die gesunkene Immobiliennachfrage durch die Branche zu kompensieren“, so Speer.

Die aktuelle Colliers-Studie beinhaltet zudem eine Analyse des wachsenden Autoindustrie-Clusters in der Region CEE, die zeigt, dass die Errichtung eines neuen Montagewerks pro 1.000 produzierter Fahrzeuge eine Nachfrage nach durchschnittlich 400 bis 500 Quadratmeter Gewerbeflächen durch direkte Zulieferer generieren kann.

Speer: „Für Standorte, in denen die Produktion aller Voraussicht nach steigen wird, bietet diese Kalkulation eine sehr nützliche Berechnungsgrundlage für die Nachfrage nach modernen Industrieflächen. Außerdem kann sie bei Standorten mit rückläufigen Produktionszahlen genutzt werden, um auf Grundlage der jeweiligen Werksgröße die potentiell frei werdenden Flächen zu berechnen. Angesichts des Mangels an Gewerbeflächen und Grundstücken in strategisch günstiger Lage in oder in der Nähe von städtischen Ballungszentren in Westeuropa, sollte diese potentiell freiwerdenden Flächen eher als Chance statt als Gefahr gesehen werden, da die Nachfrage nach modernen Logistikflächen weiter steigt.“





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