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29.07.2015 Kommt in Deutschland jetzt die Welle der City-Outlet-Center?

In wenigen Tagen wird mit dem Fashion Outlet Montabaur das nun zwölfte Outlet Center Deutschlands die Tore öffnen. Über 10 Jahre hat das Planungsverfahren für dieses neue, direkt an der Autobahn A3 gelegene Schnäppchendorf gedauert. Und es wird die einzige Neueröffnung in diesem Jahr bleiben. Es könnte vermutet werden, daß der Ansiedlungsdruck dieser Vertriebsform in Deutschland nachgelassen hat. Die Realität zeigt aber ein anderes Bild: an 14 weiteren Standorten laufen derzeit noch entsprechende, mehr oder weniger fortgeschrittene Planungen. Neuerdings aber – und das ist das Überraschende – finden sich zunehmend solche Projekte in historischen Innenstädten.

Mit der im August 2014 erfolgten Eröffnung eines City Outlet Centers in Bad Münstereifel wurde erstmals in Europa ein professionell organisiertes und konzipiertes Fabrikverkaufskonzept realisiert, das bestehende Ladenflächen in den Geschäftslagen einer historischen Innenstadt nutzt. Zwar wurden bereits in der Vergangenheit immer wieder Outlet Center in innenstadtnahen Lagen, nicht aber direkt in einer Innenstadt, errichtet. Hierbei handelte es sich zudem immer um Center-Konzepte, welche aus einem einheitlich geplanten und räumlich zusammenhängenden Gebäudekomplex bestanden und auch hinsichtlich der Besitzverhältnisse eine nur wenig heterogene Situation zeigten. Beispiele hierfür sind die Fabrikverkaufszentren in Wolfsburg, Roermond (Niederlande), Roubaix und Romans sur Isere (beide Frankreich). Ein Outlet-Konzept wie in Bad Münstereifel mit mehr oder weniger verstreut über eine innerstädtische Geschäftslage situierten Ladeneinheiten, wurde – zumindest von international tätigen, erfahrenen FOC-Entwicklern - bislang noch nirgends realisiert. Und das wird wohl auch zukünftig so bleiben. „Das ist eine Tatsache, obwohl in den Innenstadtlagen eine vergleichsweise unproblematische Genehmigungssituation für solche Vorhaben lockt, während die FOC-Projekte auf der ´Grünen Wiese´ ein meist langwieriges und teures Verfahren durchlaufen müssen. Bei gleichzeitig unsicherem Ausgang!“, konstatiert Dr. Joachim Will, Geschäftsführer des Wiesbadener Forschungsinstitut ecostra, das sich mit der Analyse der Entwicklungen auf den europäischen Einzelhandelsmärkten beschäftigt.

City Outlets auf dem Immobilienmarkt nur schwer handelbar

Große, international erfahrene FOC-Betreiber fassen City-Outlet-Konzepte bislang noch nicht einmal mit spitzen Fingern an. Das hängt nach Kenntnis des ecostra-Geschäftsführers vor allem mit der geringen Kapitalmarktfähigkeit eines solchen Konzepts zusammen. So zeigen sich bislang Hypothekenbanken bei der Finanzierung solcher City Outlet Center äußerst zurückhaltend. Außerdem ist es mehr als fraglich ob City Outlet Center überhaupt ein auf dem Immobilienmarkt handelbares Produkt darstellen. „Für Immobilienfonds dürfte ein Investment in ein solches Handelskonzept jedenfalls kein Thema sein“, so Will. Somit kommen hier nur lokale oder regionale Investoren in Frage, welche solche Vorhaben überwiegend mit Eigenkapital finanzieren und die Objekte langfristig halten.

Steigendes Interesse der Markenhersteller

Auch auf der Mieterseite wurde diesem Konzept bislang meist mit Zurückhaltung begegnet. So war die Vermietung der Outlet Stores in Bad Münstereifel - nach vorliegenden Informationen - mit nicht geringen Schwierigkeiten behaftet und erforderte von Seiten der dort engagierten Investoren z.T. erhebliche Konzessionen bei der Mietvertragsgestaltung. Der bisherige Erfolg des „immobilienwirtschaftlichen Experiments“ (Will) City Outlet Bad Münstereifel hat nun aber dazu geführt, daß die Vorbehalte der Markenhersteller bei der Anmietung merklich abgenommen haben. Es gibt eine erkennbare Nachfrage von weiteren Mietern nach Ladenflächen, so daß in dem Eifelstädtchen derzeit versucht wird, durch den Ankauf weiterer Geschäftseinheiten das Flächenangebot auszubauen.

Bad Münstereifel hat die Wende geschafft

Die Innenstadt von Bad Münstereifel war als Geschäftslage im Niedergang. Die Eröffnung des City Outlets hat hier die Wende gebracht. Die Fußgängerzone entlang des mitten durch die Altstadt verlaufenden Flüsschen Erft ist wieder gut frequentiert. Auch die den Outlet Stores benachbarten Einzelhändler und Gastronomen berichten von merklichen Umsatzzuwächsen und von einem Aufleben der Geschäftstätigkeit.

Ein Erfolgskonzept auch für andere darbende Innenstädte?

Einen solchen ´Turn-around´ wünschen sich auch andere Kommunen. Der bisherige Erfolg des Outlet-Konzepts in dem Eifelstädtchen hat auch das Interesse einer Vielzahl von Städten und Gemeinden an diesem Konzept geweckt, die ebenfalls über touristisch attraktive Innenstädte verfügen und hier mit einer z.T. massiven Leerstandsproblematik konfrontiert sind. Neben der allgemeinen Standort- und Wettbewerbsentwicklung im Einzelhandel ist aufgrund der historisch vorgegebenen, kleinteiligen und oft verwinkelten Ladenzuschnitte eine Nachbelegung dieser Ladenleerstände mit Einzelhandelsnutzungen meist nicht mehr möglich. So sind die Ladenflächen – wenn überhaupt - nur an Nutzungen zu vermieten, welche das bestehende ´trading down´ noch beschleunigen (z.B. Erotik-Shops, Spielhallen) und eine aus stadtplanerischer Sicht erforderliche Trendumkehr weiter erschweren. Will: „Nach vorliegenden Berichten geben sich in Bad Münstereifel derzeit Bürgermeister und Stadtplaner anderer Städte die Klinke in die Hand. Ganze Busladungen von Gemeinderäten sind zu Informationsfahrten in die Eifel aufgebrochen.“

City-Outlet-Center: eine Nische in der Nische

So ist verschiedentlich bereits ein Wettrennen verschiedener Gemeinden innerhalb derselben Region um die Realisierung eines City Outlet Centers zu erkennen. So aktuell im bayerischen Mittelfranken zwischen den Städten Dinkelsbühl, Feuchtwangen und Öttingen. In den hessischen Gemeinden Usingen und Oberursel wird über ein solches Innenstadtprojekt nachgedacht, ebenso im bayerischen Zwiesel. Selbst eine österreichische Delegation aus der Tiroler Gemeinde Reutte war schon in der Eifel. Der ecostra-Geschäftsführer bremst aber die Euphorie. Will: „Auch ein solches City-Outlet-Konzept erfordert bestimmte Standortfaktoren, entsprechende Potenziale im Einzugsgebiet und braucht eine gewisse ´kritische Masse´ an Outlet Stores. Es ist unwahrscheinlich, daß innerhalb ein und derselben Region mehr als ein solches Konzept wirtschaftlich tragfähig betrieben werden kann. Dabei hat derjenige, der zuerst kommt, immer Vorteile.“ Und der Handelsforscher ergänzt: „Aufgrund der immobilienwirtschaftlichen Gegebenheiten sowie den Kapitalmarktbedingungen dürfte das City Outlet-Konzept insgesamt nur sehr begrenzt multiplizierbar und somit nur an einzelnen, ausgewählten Standorten umsetzbar sein. Bereits die herkömmlichen Factory Outlet Center stellen innerhalb des Einzelhandelsmarktes hinsichtlich Anzahl und Marktbedeutung bereits eine vergleichsweise kleine Nische dar. City Outlet Center sind hier nochmals eine Nische in der Nische.“

Auch nach Eröffnung des Fashion Outlet Montabaur: Deutschland hat noch Potenzial

Nach den ecostra-Recherchen gibt sind in den Ländern Europas derzeit 159 in Betrieb befindliche Outlet Center mit einer gesamten Verkaufsfläche (VK) von knapp 2,6 Mio. m². Zu den Ländern mit der höchsten Outlet-Dichte zählen die Schweiz (ca. 10,1 m² VK pro 1.000 Einwohner), das Vereinigte Königreich (ca. 8,6 m²) und Österreich (ca. 8,4 m²). Als größter und kaufkraftstärkster Markt zeigt Deutschland mit aktuell 11 Outlet Centern und einer gesamten Outlet-Fläche von knapp 172.000 m², was ca. 2,1 m² VK pro 1.000 Einwohner entspricht, noch deutliche Ausbaupotenziale. Mit der Eröffnung des Fashion Outlet Montabaur wird sich an dieser Situation kaum etwas ändern. Allerdings gehen die ecostra-Forscher davon aus, daß innerhalb der nächsten 10 Jahre auch der Outlet-Markt in Deutschland gesättigt sein wird.


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