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03.07.2015 Höhenflug auf dem Gewerbeimmobilieninvestmentmarkt hält an

Nervosität und Volatilität. Zwei Phänomene, die die Finanzmärkte in den letzten Wochen begleiteten und dominierten. Neben dem politischen Hin und Her um Griechenland und den damit verbundenen, nach wie vor ungewissen Konsequenzen für die Wirtschaft der Eurozone, machte Anlegern insbesondere die scharfe und so nicht erwartete Korrektur am Anleihemarkt zu schaffen. Innerhalb kürzester Zeit stiegen Bundesanleihen im Juni von nahe Null auf fast 1% an. Auch hier hat die Schwankungsanfälligkeit deutlich zugenommen. Und als sei das noch nicht genug an Unsicherheiten, kommt noch die Ungewissheit über das Wann und Wie der anstehenden Leitzinserhöhung in den USA hinzu. Das alles belastet die Stimmung auf den Finanzmärkten. Auch auf dem Immobilienmarkt? Nein. Scheinbar unbeeindruckt von den globalen und finanzpolitischen Turbulenzen stehen die Ampeln für den deutschen Investmentmarkt nach wie vor auf grün.

"Die anstehende Erhöhung der Zinsen in den USA wird zwar das Ende der globalen Null-Zinspolitik einläuten, dürfte unserer Meinung nach aber nicht zu einem Abflauen der Investorennachfrage für hiesige Gewerbeimmobilien führen", so DR. FRANK PÖRSCHKE, bei JLL CEO Germany. Und weiter: "Gleichwohl haben die Anleihemärkte der letzten Wochen gezeigt, dass die Volatilität an den Finanzmärkten stärker geworden ist. Für die im Vergleich zu anderen Produkten trägen Investmentmärkte hat aber auch dies zunächst keine konkreten Auswirkungen, einzig die Finanzierungs- und Kreditkonditionen könnten selektiv in den Sog dieser Volatilitäten geraten."

Das massive Anleiheankaufsprogramm der Europäischen Zentralbank scheint aber mittlerweile seine Wirkung zu entfalten. Mit diesem Programm gehen moderat ansteigende Verbraucherpreise einher und die Zinswende scheint damit eingeläutet. Dies wird allerdings ein langer Prozess werden und in mehreren Schritten erfolgen, so dass zumindest in den nächsten zwei Jahren das Zinsniveau niedrig bleiben wird. Der Kapitalfluss in Richtung der Assetklasse Immobilie wird also nicht abnehmen. PÖRSCHKE kommentiert: "Die hohe Liquidität wird auch für den Rest des Jahres bestehen bleiben. Der im Wechselkurs zum Dollar schwache Euro treibt nach wie vor Kapital aus dem Dollarraum nach Deutschland. Hinzu kommt das ungebrochene Interesse asiatischer Investoren, so dass die Herausforderung im aktuellen deutlich nachfragedominierten Marktumfeld darin liegt, geeignete und risikoadäquate Produkte zu identifizieren."

TIMO TSCHAMMLER, bei JLL Member of the Management Board Germany ergänzt: "Neben Zinswende und Grexit war der mögliche EU-Austritt Großbritanniens ein diskutiertes Thema im abgelaufenen Quartal. Hier vermuten wir, dass die Verunsicherung im Vorfeld eines solchen Referendums groß sein dürfte und die Auswirkungen auf den Finanzplatz London sehr drastisch werden könnten. Bei einem "Brexit" könnten Paris und auch Frankfurt (als derzeit stärkste Finanzplätze auf dem europäischen Kontinent) von einer Schwächung Londons profitieren, d.h. auch die Büroflächennachfrage durch Verlagerungstendenzen von Unternehmen aus der Finanzbranche würde zunehmen." Und weiter: "Die direkten Auswirkungen auf den deutschen Investmentmarkt wären im Fall der Fälle sogar eher positiv: Wenn im Falle eines "Brexit" viele internationale Investoren London meiden und sich mehr in Richtung Kontinent orientieren, dürfte das der Immobilieninvestmentnachfrage in Deutschland Vorschub leisten."

TRANSAKTIONSVOLUMEN DOPPELT SO HOCH WIE DER HALBJAHRESSCHNITT 2010 -2014

Weder Grexit, möglicher Brexit noch steigende Zinsen haben aber bisher spürbar negativen Einfluss auf die Nachfrage nach Immobilien gezeitigt. Im Gegenteil: Das anhaltend hohe Interesse nach gewerblichen Immobilien schlägt sich zum Halbjahr deutlich in der Statistik nieder. Mit einem Halbjahres-Transaktionsvolumen von insgesamt 24 Mrd. Euro konnte nochmals ein Plus von 42 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum erzielt werden. Der Fünfjahresschnitt von 12 Mrd. Euro (bezogen auf das Halbjahresergebnis) hat sich verdoppelt. Allein das zweite Quartal trug mit 14,5 Mrd. Euro rund 60 % zum Sechs-Monatsergebnis bei. In der historischen Betrachtung fiel nur das zweite Quartal in 2007 höher aus, das mit einem Allzeithoch von knapp 55 Mrd. Euro endete.

Gepusht wurde das Ergebnis der letzten drei Monate u.a. durch den Verkauf von 43 Kaufhof-Warenhäusern für 2,4 Mrd. Euro. Diese Transaktion ist die drittgrößte seit 2006. Fünf weitere Transaktionen zwischen April und Ende Juni mit einem Volumen von jeweils über 300 Mio. Euro summieren sich auf weitere 2,6 Mrd. Euro und belegen eindrucksvoll die These: "Big is beautiful". Sehr viel Kapital bleibt weiter auf der Suche nach attraktiven Anlagemöglichkeiten, und gerade institutionelle Investoren suchen im Zuge ihres Ausbaus der eigenen Immobilienbestände nach großvolumigen Anlageoptionen.

"In der deutschlandweiten Gesamtbetrachtung über alle Größenvolumina hinweg ist bereits jetzt eingetreten, was wir im ersten Quartal prognostiziert hatten: Zahlreiche im Markt gehandelte Portfolios wurden jetzt abgeschlossen", so HELGE SCHEUNEMANN, bei JLL Head of Research Germany. Dementsprechend sei der Anteil von Portfolios im ersten Halbjahr auf 37 % (8,9 Mrd. Euro) gestiegen, das Plus gegenüber dem Vorjahr bewege sich bei 44 % und damit leicht über dem der Einzeltransaktionen (+41% auf aktuell 15,1 Mrd. Euro). Bei Portfoliotransaktionen sind derzeit zwei Trends zu beobachten: bei Immobilien-Paketen mit etwas schlechterer Objekt- oder Standortqualität sind keine Preisübertreibungen zu beobachten. Auf der anderen Seite ist allerdings ein Preisaufschlag umso wahrscheinlicher, je besser die Portfolios hinsichtlich ihrer Qualitätsaspekte sind. "Diese Trends werden auch in der zweiten Jahreshälfte anhalten. Insofern rechnen wir auch für das zweite Halbjahr mit einem dynamischen Investmentmarkt, der das Transaktionsvolumen für das Gesamtjahr 2015 auf ein Niveau jenseits der 45 Mrd. Euro hieven wird", so TIMO TSCHAMMLER.

WACHABLÖSUNG BEI DEN ASSETKLASSEN: EINZELHANDEL KNAPP VOR BÜRO

Der höchste Anteil am gesamtdeutschen Transaktionsvolumen entfällt nicht mehr wie in den vergangenen Quartalen auf Büroimmobilien. Unter anderem dank der zwei Milliarden-Deals im ersten Halbjahr (Kaufhof und der Verkauf von vier Shopping Centern von Corio an Klepierre im ersten Quartal) hat sich der Anteil der Einzelhandelsimmobilien auf 39 % (9,4 Mrd. Euro) signifikant erhöht und damit Büroimmobilien knapp geschlagen (38 %). Auch Lager-/Logistikimmobilien sind nach wie vor im Fokus der Investoren und erreichten ein Transaktionsvolumen von knapp 1,7 Mrd. Euro, entsprechend einem Anteil von 7 %.


Berlin behauptet sich als Nummer 1 unter den Hochburgen

Die Musik spielt nach wie vor in den Immobilienhochburgen. So könnte man die geographische Analyse des Transaktionsvolumens zusammenfassen. Fast 13 Mrd. Euro wurden in den Big 7 zusammen investiert. Das entspricht einem Anteil von knapp 54 %. Und trotz allen Interessenbekundungen in Bezug auf B-Städte bzw. auf Standorte außerhalb der Big 7: deren Anteil ist im Vergleich zum Vorjahr von 52 % auf 46 % sogar gesunken.
"Unter den Top 20 Einzeltransaktionen des ersten Halbjahres befinden sich lediglich vier in Städten außerhalb der Big 7. Letztendlich ist dieses Ergebnis auch Resultat der nur eingeschränkten Investitionsmöglichkeiten im großvolumigen Bereich jenseits der 100 Mio. Euro in kleineren Märkten", so SCHEUNEMANN. Für den weiteren Jahresverlauf dürfte sich der Anteil der Big 7 Hochburgen auf dem jetzigen Niveau stabilisieren.
Unter den Big 7 hat sich Berlin als Investmenthochburg Nummer eins behauptet. Mehr als 3 Mrd. Euro wurden in der Hauptstadt investiert, ein Plus von 158% gegenüber dem Vorjahr. München kommt auf knapp 2,9 Mrd. Euro, Frankfurt auf knapp 2,8 Mrd. Euro.

ANTEIL DES AUSLÄNDISCHEN KAPITALS WÄCHST WEITER

Ausländische Investoren sind weiterhin stark auf dem deutschen Investmentmarkt vertreten. Bei den fünf größten Transaktionen des ersten Halbjahres waren Käufer aus den USA, Großbritannien, Kanada oder Frankreich beteiligt. Die größte Transaktion eines deutschen Investors war der Erwerb des Frankfurter Eurotowers durch die IVG für eine deutsche Pensionskasse für rund 480 Mio. Euro. In der Gesamtbetrachtung entfielen rund 59 % des Transaktionsvolumens im ersten Halbjahres auf ausländisches Kapital (rund 14 Mrd. Euro). Damit hat sich der Anteil im Vergleich zum Vorjahr noch einmal signifikant erhöht. Auffällig ist aber, dass nach wie vor das Gros des ausländischen Kapitals aus etablierten Quellen stammt. Aktivitäten von Chinesen oder anderen asiatischen Investoren sind nach wie vor noch eher die Ausnahme denn die Regel.

ERSTMALS EINE BIG 7 STADT MIT EINER NETTOANFANGSRENDITE UNTER 4% SIGNIFIKANTER RENDITERÜCKGANG BEI LOGISTIKIMMOBILIEN

Im Zuge der anhaltend hohen Nachfrage bleibt der Druck auf die Renditen bestehen oder anders formuliert: die Preise steigen weiter. Zwar weichen Investoren vermehrt auf Objekte auch mit Leerstand oder auf Objekte in anderen Lagen (meist innerhalb der Big 7) aus, ein Ende des Renditedrucks bei Core-Immobilien würde derzeit aber nur dadurch abgefedert, dass sich das Produktangebot deutlich ausweitet. Dies ist aber aktuell nicht erkennbar.
Im Bürosegment haben sich die Spitzenrenditen im Verlauf der letzten drei Monate nochmals leicht reduziert. In der Aggregation aller Big 7 sank der Durchschnittswert um weitere 7 Basispunkte auf 4,30 %. Der Rückgang betraf dabei nicht alle Märkte gleichermaßen: Den stärksten Rückgang gab es in Berlin um 20 Basispunkte auf 4,30 % und in München um 15 Basispunkte auf aktuell 3,85 %. Damit sank die Netto-Anfangsrendite erstmals in einer der Big 7 auf unter 4 %.

Auch bei den anderen Assetklassen ergab sich aufgrund der großen Nachfrage teilweise ein Rückgang der Anfangsrenditen. Auffällig dabei die große Renditekompression bei Logistikimmobilien. Hier sank über die Logistikregionen der sieben Hochburgen die Spitzenrendite im Quartalsvergleich um 54 Basispunkte auf 5,52 % im Schnitt. Dieser Sprung wird durch mehrere abgeschlossene Transaktionen belegt und ist Ergebnis der Suche der Investoren nach einer attraktiven Rendite. Denn im Vergleich zu Geschäftshäusern oder Büroimmobilien liegen die Renditen dieser Assetklasse immer noch um ca. 120-160 Basispunkte höher.

"Ein Ende der Preisrallye ist derzeit noch nicht abzusehen. Je weiter die Renditen aber fallen, desto mehr gilt es für die Investoren, die Zinsentwicklung im Blickfeld zu haben. Für den weiteren Jahresverlauf ist hier kein klares Bild auszumachen, die Finanzmärkte schwanken zwischen Zinsauftriebsfaktoren und einem erneuten Run in sicherheitsbasierte Anlagen. Bei allen (berechtigten) Befürchtungen vor einer Zinserhöhung darf nicht vergessen werden, dass dies ein sehr langsamer Prozess sein wird und dass steigende Zinsen ja gerade auch Ausdruck einer wirtschaftlichen Erholung sind. Und wenn sich diese Erholung manifestiert, sollte sich dieses in Form von steigenden Mieten dämpfend auf den befürchteten Renditeanstieg auswirken", kommentiert HELGE SCHEUNEMANN.



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