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12.02.2025 Belastungen für den Wohnungsbau reduzieren

Prof. Dr. Tobias Just
Nach dem jahrelangen Aufschwung der Bau- und Immobilienwirtschaft riss der jähe Zins- und Baukostenanstieg beide Branchen in eine schwere Anpassungsrezession, die bis zum aktuellen Rand nicht überwunden ist: Die Baugenehmigungen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern lagen im November 2024 um rund ein Viertel unter dem Vorjahresniveau und etwa auf der Hälfte der Genehmigungszahlen vor dem Zinsanstieg. Die Zahlen für Ein- und Zweifamilienhäuser haben sich zwar seit einigen Monaten stabilisiert, jedoch auf noch nied rigerem Niveau: Bei Ein- und Zweifamilienhäusern beläuft sich der Rückgang gegenüber den Vorkrisen-Genehmigungszahlen auf nahezu zwei Drittel. Dass die Fertigstellungszahlen noch nicht in ähnlichem Maße eingebrochen sind, liegt an den üblichen Wirkungsverzögerungen im Bau und dem guten Auftragsbestand zuvor.

Das von der Bundesregierung ausgegebene Ziel von 400.000 neuen Wohneinheiten pro Jahr wurde in keinem Jahr erreicht, und es wird auch in den nächsten Jahren verfehlt werden. Dabei gab es weitgehend Konsens, dass diese Fertigstellungszahlen durchaus den Bedarf in Deutschland spiegeln. Die logische Konsequenz ist, dass die Wohnungsmieten gerade in den Ballungsräumen und deren Umlandgemeinden weiter steigen und dass dies mittlerweile sogar den zinsinduzierten Preisrückgang gestoppt und in vielen Regionen umgekehrt hat. Knappheit diktiert Preisanpassungen nach oben, und dies zwingt mehr Haushalte, die wenig erschwinglichen Ballungsräume in Richtung weiteres Umland zu verlassen. Es ist eine der wenig überraschenden und doch ungewollten Nebenerscheinungen der unzureichenden Bautätigkeit,

dass die Städte zwar nicht formal, aber de facto weiter nach außen wachsen. Die anhaltende wirtschaftliche Schwäche mit (moderat) wachsenden Arbeitsmarktrisiken wird für betroffene Haushalte die Herausforderungen vergrößern.

Es ist daher notwendig, die Probleme auf den Wohnungsmärkten mit einem Bündel an Maß nahmen schnell und energisch anzugehen. Grundsätzlich gibt es in Deutschland zwar genügend Wohnfläche, auch liegen die mittleren Mietbelastungsquoten heute gar nicht deutlich über den langjährigen Mittelwerten. Doch weder helfen abgelegene Wohnungen bei den Herausforderungen in den Ballungsgebieten, noch sind Mittelwerte geeignete Orientierungsgrößen für Erschwinglichkeitsfragen. Und weil ein deutliches Anheben der Bestandsmieten, z. B. durch eine Deregulierung des Mietrechts, keine Mehrheiten in der Bevölkerung oder im Bundestag finden dürfte, ist der Weg über das Mietrecht kein schneller und daher wahrscheinlich nur auf dem Papier ein angemessener Weg, durch vermehrtes Umziehen aus „zu großen Wohnungen“ Platz zu schaffen.

Daher sollte das Hauptaugenmerk der Wohnungspolitik in den nächsten Jahren auf zusätzlichem Angebot liegen, und dies umfasst drei Maßnahmenbündel: Erstens ist es sinnvoll, mehr Nachverdichtung durch Bauen in die Höhe zuzulassen. Historische Stadtbilder zeigen uns, dass es durchaus attraktiv sein kann, unterschiedliche Traufhöhen in direkter Umgebung zu genehmigen. Schnelleres Umwidmen von gewerblichen Flächen zu Wohnflächen kann ebenfalls eine Rolle spielen. Weil dies kaufmännisch nicht immer einfach ist, wäre auch hier das Zulassen zusätzlicher aufgestockter Etagen ein Weg, erschwinglichere Flächen durch mehr Höhe zu finanzieren. Doch alle Nachverdichtungen stoßen schnell auf innerstädtische Widerstände; daher ist es auch richtig, nicht nur die vertikale, sondern auch die horizontale Stadtvergrößerung zu prüfen. Natürlich ist auch dies nur ein Kompromiss, doch angesichts des starken Bevölkerungsanstiegs in den deutschen Städten (inkl. Umlandgemeinden) wäre es falsch, dies nicht zu prüfen.

Zweitens sind die Baukosten in Deutschland in den letzten Jahren nicht nur schneller als in der Vergangenheit gestiegen, sondern auch schneller als in den meisten europäischen Ländern. Es ist daher notwendig, mehr dafür zu tun, dass der Kostendruck abnimmt, denn ansonsten wird das Angebot zwangsweise im höheren Qualitätssegment angeboten. Die Entlastung käme dann erst spät über Sickereffekte bei jenen an, die am dringlichsten Wohnraum benötigen. Verfahren müssen vereinfacht und beschleunigt werden. Bauordnungen können vereinheitlicht werden, modulares und vorgefertigtes Bauen liegt als Aufgabe eher bei den privaten Unternehmen, aber auch Unternehmen der öffentlichen Hand können hier aktiv werden.

Drittens ist bessere Transparenz hilfreich, um Prozesse zu beschleunigen, Preis- und Mietstatistiken in Deutschland sind im internationalen Vergleich noch immer unzureichend. Entscheidungen ohne belastbare Informationen sind risikobehaftet, also teuer. Zusätzlich bedarf es einer stabilen, verlässlichen Förderpolitik mit einem Schwerpunkt auf Wohngeld. In den Programmen aller Parteien finden sich Aussagen zum Wohneigentum. Das ist insbesondere dann förderlich, wenn hier die Baunebenkosten adressiert werden. Das führt nicht zwingend zu niedrigeren Immobilienpreisen, aber senkt die Eigenkapitalanforderungen an junge Familien, und das kann Prozesse erleichtern und Haushalte früher in Wohneigentum führen.

Abschließend: Ist die Mietpreisbremse sinnvoll? Sie ist wahrscheinlich weniger schädlich als befürchtet, da sie als Mietregulierung der zweiten Generation Anreize für Investoren lässt, die eine harte Deckelung nicht bieten würde. Eine Verlängerung der Bremse kann somit ein für Bürger richtiges Signal sein, und es kann für Investoren tragfähig sein, wenn es nicht in einer Verschärfung mündet. Doch es muss sichergestellt werden, dass die Mietpreisbremse tatsächlich irgendwann ausläuft, da ansonsten notwendiges Vertrauen erodiert.

Bei all diesen Maßnahmen muss es um Geschwindigkeit gehen, denn Erschwinglichkeit ist ein akutes Problem für Haushalte mit geringem Einkommen. Neben diesem dringlichsten Thema wäre es gut, wenn die Bundesregierung (sowie kommunal Verantwortliche) eine langfristige Diskussion anstoßen würden, wie unsere Lebensräume in der mittleren Frist aussehen könnten. Es fehlt aktuell an urbaner Vision, und dies in einer Zeit, in der vieles im Umbruch ist. Hier geht es weder um eine schnelle und schon gar nicht einheitliche Antwort, sondern es geht darum, dass man neben den dringlichen Kurzfristantworten nicht das strategisch Große aus dem Blick verliert.

(by: Prof. Dr. Tobias Just, FRICS, Universität Regensburg und IRE|BS Immobilienakademie)






















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